Die letzte Zeugin
O’Hara«, fügte sie hinzu und reichte ihm ihre farbbekleckste Hand.
»Roland Babbett. Wäre es in Ordnung, wenn ich ein paar Aufnahmen von Ihrem Haus machte? Es ist wundervoll.«
»Machen Sie nur. Woher kommen Sie, Roland?«
»Aus Little Rock.«
»Mein Sohn hat dort ein paar Jahre lang gelebt. Er war Detective bei der Polizei. Brooks Gleason.«
»Ich kenne den Namen nicht, aber ich versuche auch, mich von Ärger fernzuhalten.«
Sie grinste. »Das ist gut, denn er ist jetzt hier Polizeichef.«
»Mir kommt der Ort sehr freundlich vor. Ich hoffe, er hat nicht allzu viel zu tun.«
»Nun ja, es gibt immer dies und das. Wo sind Sie abgestiegen?«
»Ich lasse es mir so richtig gutgehen, weil ich auf dem zweiten Teil des Trips ziemlich viel zelten werde. Ich bin im Inn of the Ozarks .«
»Das ist eine gute Wahl. Das Hotel ist einer der funkelndsten Diamanten in Bickfords Schatztruhe. Vor ein paar Tagen gab es dort ein bisschen Ärger. Der Unruhestifter der Stadt hat mit zwei Kumpanen die Suite im Ozarks auseinandergenommen.«
»Ach deshalb! Ich bin auf der gleichen Etage, und man hat mir gesagt, es könne ein bisschen laut werden, weil Reparaturarbeiten nötig seien.«
»Ja, ziemlich große Reparaturarbeiten. Sie sollten vielleicht besser in ein anderes Stockwerk umziehen.«
»Oh, mir macht das nichts aus. Wenn ich einmal schlafe, dann kann mich nichts aufwecken.« Beiläufig und freundlich ließ er die Kamera sinken. »Aber es tut mir natürlich leid, dass es Ärger gegeben hat. Es ist wirklich ein schönes Hotel. Die Architektur, die Einrichtung. Es kommt mir so vor wie das Heim einer Familie – mit allen Vorteilen. Warum ist die Suite demoliert worden?«
»Manche Leute machen einfach gerne Dinge kaputt.«
»Das ist wirklich eine Schande. Aber wahrscheinlich gibt es selbst in netten Kleinstädten immer auch Menschen, die Ärger machen. Ich werde auf jeden Fall versuchen, ihm aus dem Weg zu gehen, solange ich hier bin.«
»Er ist im Gefängnis, und da wird er wohl auch eine Weile bleiben. Die meisten Leute, die hier leben, sind freundlich. Wir brauchen die Touristen und Künstler wie Sie. Sie haben eine gute Kamera.«
»Mein Baby.« Er tippte auf den Apparat. Er fotografierte tatsächlich gerne. »Ab und zu arbeite ich noch mit Filmen, aber hauptsächlich mit der Digitalkamera.«
»Wenn Sie etwas verkaufen möchten, gehen Sie zur Shop Street Gallery. Sie kaufen häufig lokale Fotografie.«
»Danke für den Tipp. Wenn ich was verkaufen könnte, wären Hot Dogs und Bohnen für die nächsten Wochen gesichert.«
Er plauderte noch ein paar Minuten mit ihr, dann ging er zurück zur Stadtmitte. Wenn man Sunny O’Hara Glauben schenken konnte, würde sein Kunde nicht allzu erfreut über den Bericht sein, dachte Roland.
Er ging zum Diner. Kellnerinnen in Diners waren für gewöhnlich gute Informationsquellen. Er wählte eine Nische, von der aus er einen guten Blick auf Kommen und Gehen hatte, und legte seine Kamera vorsichtig auf den Tisch.
Beinahe wäre er versucht gewesen, ein Foto der Kellnerin zu machen – er liebte Porträtaufnahmen, und sie hatte ein gutes, interessantes Gesicht.
»Kaffee, bitte.«
»Wie wäre es mit einem Stück Kuchen dazu? Der Kirschkuchen ist heute besonders gut.«
»Kirschkuchen?« Er dachte an seinen Bauchansatz. Heute Abend würde er fünfzig Sit-ups extra machen. »Ich glaube nicht, dass ich dazu nein sagen kann.«
»Soll ich ihn warm machen? Mit Vanilleeis?«
Okay, fünfundsiebzig Sit-ups extra. »Ja, Ma’am. Mir fällt kein guter Grund ein, das abzulehnen. Wenn es so gut ist, wie es klingt, werde ich jeden Tag hierherkommen, solange ich in der Stadt bin.«
»Ist es. Sind Sie zu Besuch?«, fragte sie in fast genau dem gleichen Tonfall wie Sunny.
Er erzählte ihr die gleiche Geschichte und zeigte ihr sogar ein paar Fotos, die er von den Wandmalereien am Haus gemacht hatte.
»Man weiß nie, was sie als Nächstes malen wird. Die Bilder sind wirklich gut.«
»Danke.«
»Ich bringe Ihnen Ihre Bestellung.«
Er trank einen Schluck Kaffee, während er wartete, und las wie jeder gute Tourist in seinem Reiseführer. Sie brachte ihm ein großzügiges Stück Kuchen, auf dessen Kruste eine Kugel Eiscreme sanft zerfloss. »Klingt gut, sieht gut aus.« Roland nahm einen Bissen. »Schmeckt sogar noch besser. Danke, Kim.«
»Guten Appetit.« Sie blickte zum Eingang, und er folgte ihrem Blick, als Brooks hereinkam. »Hallo, Chief.« Als sie ihn in die Nische direkt vor ihm
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