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Die letzte Zeugin

Die letzte Zeugin

Titel: Die letzte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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wünschte, sie wüsste, was sie wirklich wollte. Sie hasste diese Unentschlossenheit, diese nagende Angst. Sie war nicht produktiv.
    Als ihr Alarm piepste, drehte sie sich hastig zum Monitor um, in der Erwartung, dass jetzt die Volkovs vor ihrer Tür standen, nur weil sie Brooks alles erzählt hatte.
    Unlogisch. Eigentlich sogar lächerlich, aber das Herz schlug ihr trotzdem bis zum Hals, als sie den Mann mit der Baseballkappe auf ihrem Monitor sah.
    Er hatte eine gute Kamera, stellte sie fest. Wanderstiefel, die er wohl schon häufiger getragen hatte. Einen Rucksack. Wahrscheinlich ein Wanderer oder ein Tourist, der trotz der Schilder auf ihr Grundstück gelaufen war. Als er ein Fernglas herauszog und es auf ihr Haus richtete, wuchs ihre Sorge.
    Wer war das? Was machte er da?
    Er kam immer näher.
    Er blieb wieder stehen, blickte sich mit seinem Feldstecher um, wobei er sich langsam drehte, so dass es Abigail so vorkam, als ob er direkt auf eine der Kameras schauen würde. Aber er ließ das Fernglas sinken und ging weiter.
    Er setzte seine Kappe ab und kratzte sich am Kopf. Dann nahm er eine Wasserflasche heraus und trank einen tiefen Schluck. Aus der Tasche holte er einen Kompass heraus, machte einen Schritt und stolperte, wobei er den Kompass fallen ließ. Sein Mund bewegte sich, als er sich bückte, um ihn aufzuheben.
    Er schüttelte den Kompass, blickte zum Himmel, dann setzte er sich auf den Boden und ließ den Kopf auf die Knie sinken. So blieb er einen Augenblick lang sitzen, bevor er wieder aufstand. Er wischte sich übers Gesicht, dann ging er weiter auf ihr Haus zu.
    Abigail checkte ihre Waffe und ging mit dem Hund nach draußen.
    Sie hörte ihn kommen. Er näherte sich nicht heimlich, dachte sie, und zwischen schweren Atemzügen murmelte er mit sich selber. Sie stand neben dem Gewächshaus, als er in Sicht kam, und sie hörte, wie er laut und deutlich sagte: »Gott sei Dank!« Er steuerte geradewegs auf ihre Hintertür zu.
    Er klopfte, wischte sich den Schweiß vom Gesicht und wartete. Dann klopfte er wieder, fester dieses Mal. »Hallo! Ist jemand da? Bitte, hoffentlich ist einer da.«
    Er ging auf die Veranda und versuchte, durchs Fenster zu schauen.
    In diesem Moment trat sie vor, den Hund an ihrer Seite. »Was wollen Sie?«
    Er zuckte zusammen wie ein Kaninchen und wirbelte herum. »Du lieber Himmel, haben Sie mich erschreckt …« Er riss die Augen auf, als er die Pistole sah, und hob sofort die Hände. »Himmel, erschießen Sie mich nicht! Ich habe mich verirrt. Ich habe mich verirrt. Ich weiß den Weg zu meinem Auto nicht mehr.«
    »Was haben Sie im Wald, auf meinem Grundstück gemacht? Es ist eingezäunt.«
    »Es tut mir leid. Es tut mir leid. Ich habe Fotos gemacht. Ich bin Fotograf. Ich wollte nur noch ein paar Aufnahmen machen, ein Gefühl für die Landschaft kriegen, und dann bin ich viel weiter nach Norden geraten, als ich vorhatte. Es tut mir leid, ich hätte die ›Durchgang verboten‹-Schilder nicht ignorieren sollen. Sie können die Polizei rufen. Bitte, erschießen Sie mich nicht. Mein … mein Name ist Roland Babbett. Ich bin im Inn of the Ozarks abgestiegen. Das können Sie überprüfen.«
    »Bitte nehmen Sie Ihren Rucksack ab, stellen Sie ihn hierhin und treten Sie einen Schritt zurück.«
    »Okay, klar.«
    Er trug keine Pistole – sie hatte gesehen, wie er sich einmal um sich selbst gedreht hatte, und eine Waffe wäre ihr bestimmt aufgefallen. Aber vielleicht war ja eine im Rucksack.
    »Sie können den Rucksack behalten«, sagte er, als er ihn absetzte. »Mein Portemonnaie ist darin. Sie können das Geld herausnehmen.«
    »Ich will Ihr Geld nicht.«
    »Hören Sie, hören Sie, ich habe mich verirrt. Mein Kompass ist heruntergefallen und kaputtgegangen. Ich habe die Hütte durchs Fernglas gesehen, als ich mich umgeschaut habe. Ich bin nur hierhergekommen, um Hilfe zu suchen. Sie können ruhig die Polizei rufen.«
    »Wo haben Sie Ihr Auto abgestellt?«
    »Wenn ich das wüsste, hätte ich mich nicht verirrt. Nein, nein, ich will nicht wie ein Besserwisser erscheinen«, fügte er hastig hinzu. »Ich bin von Bickford aus etwa zwei Kilometer in südlicher Richtung gefahren, und dann habe ich gehalten. Das Licht war wirklich gut, und ich wollte ein paar Aufnahmen machen«, sagte er mit einem misstrauischen Blick auf ihre Pistole.
    »Sie sollten Privateigentum respektieren.«
    »Ja, Sie haben recht. Es tut mir wirklich leid.«
    Sie zeigte in die richtige Richtung. »Wenn Sie da entlang

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