Die letzte Zeugin
eine gute Polizistenfrau würde.
Trotzdem war sie auch froh, dass Bert, dem sie den Befehl gegeben hatte, sich zu entspannen, in der Ecke der Küche lag. Und als weitere Vorsichtsmaßnahme schaltete sie den Bildschirmschoner auf ihrem Computermonitor ein.
Sie war sich nicht ganz sicher, wie sie zwei Männer empfangen sollte, die mitten in der Nacht zu Besuch kamen, aber als sie den Kaffee in den Wohnraum brachte, ließ Brooks sie gerade zur Haustür herein.
Lindy, dessen langer grauer Zopf über ein verblichenes Grateful-Dead-T-Shirt hing, ging voran.
»Ma’am.« Er neigte den Kopf. »Ich entschuldige mich sehr dafür, dass wir Sie mitten in der Nacht stören.« Er boxte Tybal in den Magen.
»Ja, Ma’am«, echote Tybal. »Es tut uns leid, dass wir Sie geweckt haben.«
»Ich bin sicher, Sie haben gute Gründe.«
»Das sollten sie wohl auch«, knurrte Brooks. »Du lieber Himmel, Ty, du stinkst nach Whiskey.«
»Tut mir leid.« Seine Ohrläppchen liefen rosa an, als er den Kopf senkte. »Es gibt mildernde Umstände. Ich habe zwei Monate keinen Tropfen angerührt, und jetzt muss ich wieder von vorne anfangen.«
»Jeder hat mal einen Ausrutscher, Ty«, sagte Lindy zu ihm. »Dein erster Tag beginnt heute.«
»Ich war bei den Anonymen Alkoholikern.« Ty trat von einem Fuß auf den anderen. Er wirkte auf Abigail wie ein zerrupfter, beschämter Bär. »Lindy ist mein Betreuer. Ich habe ihn angerufen. Ich weiß, ich hätte ihn anrufen sollen, bevor ich getrunken habe, aber ich habe ihn angerufen.«
»Okay. Okay, setzt euch, ihr beide«, wies Brooks sie an. »Und dann erzählt mir, was zum Teufel ihr hier morgens um zwei Uhr zu suchen habt.«
»Es geht darum, Brooks, dass ich dich umbringen soll.« Ty rang seine großen Hände. »Aber das kann ich nicht.«
»Na, da bin ich aber froh. Setz dich endlich hin.«
»Ich wusste nicht, was ich tun sollte.« Ty setzte sich auf die Couch und ließ den Kopf hängen. »Und als ich anfing, an mehr als an Whiskey zu denken, wusste ich es immer noch nicht. Also habe ich Lindy angerufen, und er hat mich ausgenüchtert und alles mit mir durchgesprochen. Und er hat gesagt, wir müssten zu dir fahren und es dir erzählen. Vielleicht erzählt Lindy es dir besser, ich weiß nicht, wie ich anfangen soll.«
»Trink einen Kaffee, Ty, und ich rede für dich. Wie es aussieht, ist Lincoln Blake von seiner Frau verlassen worden.«
»Wann?« Brooks griff stirnrunzelnd nach seiner Kaffeetasse. »Ich habe beide heute früh noch gesehen.«
»Vor der Kirche, ja. Davon habe ich gehört. Mittlerweile weiß wohl die ganze Stadt Bescheid. Das war wohl auch der Auslöser. Nach dem, was ich gehört habe, ist sie nach Hause gekommen, hat ein paar Koffer gepackt und ist gefahren. Ms Harris’ Enkelin Carly hat gesehen, wie sie die Koffer ins Auto geladen hat, und sie gefragt, ob sie in Urlaub führe. Und Ms Blake sagt ganz ruhig, sie verlässt ihren Mann und kommt nicht mehr zurück. Und dann ist sie einfach ins Auto gestiegen und weggefahren. Er hat sich anscheinend für den Rest des Tages in seinem Arbeitszimmer vergraben.«
»Dabei ist bestimmt nichts Gutes herausgekommen«, vermutete Brooks. »Blakes Stolz hat ja schon am Morgen eine empfindliche Delle bekommen.«
»Das hat er aber auch verdient, oder? Auf jeden Fall macht ja Birdie Spitzer bei den Blakes den Haushalt. Sie hat mit Klatsch und Tratsch normalerweise nichts am Hut, deshalb wird sie wahrscheinlich auch die Stelle so lange behalten haben, denke ich. Aber sie hat es mir selbst erzählt, wahrscheinlich weil die Neuigkeit dann doch zu interessant war. Offenbar ist es ein bisschen lauter zugegangen, aber das ist wohl nichts Ungewöhnliches, weil in dem Haus ständig herumgebrüllt wird, na ja, hauptsächlich von ihm. Dann ist seine Frau gegangen, und er hat sich eingeschlossen. Etwas später hat Birdie an seiner Tür geklopft, um ihn zu fragen, ob er etwas zu essen wollte, und er schrie durch die geschlossene Tür, sie solle aus seinem Haus verschwinden und nicht mehr wiederkommen.«
»Blake hat Birdie gefeuert?« Überrascht zog Brooks die Augenbrauen hoch. »Sie hat zwanzig Jahre lang bei ihm gearbeitet.«
»Im August werden es vierundzwanzig Jahre, sagt sie. Das ist wahrscheinlich ein weiterer Grund, warum sie im Diner davon erzählt hat. Sie weiß nicht, ob sie noch Arbeit hat oder ob sie überhaupt zu ihm zurück will, auch wenn er es vielleicht von ihr erwartet.«
»Jetzt ist er alleine«, sagte Abigail leise. »Es tut mir
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