Die letzte Zeugin
durch den Schock. Ich habe die Situation nicht voll erfasst. Aber jetzt ist mir alles klar. Wenn die Volkovs einfach nur sehr böse sind, ein lockerer Zusammenschluss von Gangstern und Kriminellen, ist die Situation schon schwierig genug. Wenn sie jedoch zum organisierten Verbrechen, zur roten Mafia, gehören, ist es noch viel schwieriger. Ich will es wissen.«
Die beiden Deputys wechselten einen Blick.
»Wenn ich erst einmal wieder Zugang zu einem Computer habe«, fügte Elizabeth hinzu, »kann ich recherchieren und mir die Frage selber beantworten.«
»Mit Sicherheit«, murmelte John. »Wir glauben – nein, zum Teufel, wir wissen –, dass die Volkovs zum organisierten Verbrechen gehören. Wir wissen, dass sie in Waffenschmuggel und Menschenhandel verwickelt sind, in Computerbetrug – ihre Spezialität –, in Schutzgelder, Diebstahl, Drogen. Sie sind eine weit verzweigte Organisation mit beträchtlichen legitimen – oder zumindest hinreichend legitimen – Mitteln wie Nachtclubs, Restaurants, Striplokale und Grundbesitz. Die Polizei schnappt immer mal wieder jemanden, aber die Hierarchie wurde bis jetzt nicht angerührt. Wir wissen, dass Korotkii Sergei Volkovs Vollstrecker ist, aber es ist uns bisher nicht gelungen, ihn festzunageln.«
»Er hatte Freude daran, Alex zu töten. Er hat große Verachtung für ihn empfunden. Bei Julie war es anders … dass er Julie töten musste, hat ihn geärgert. Nicht mehr, nicht weniger. Es tut mir leid, aber ich kann nicht alles aufessen.«
»Ist schon okay.«
Einen Moment lang blickte sie auf ihre Hände, dann sah sie John wieder in die Augen. »Ich werde nicht mehr nach Harvard gehen können, nicht mehr nach Hause. Wenn ich aussage, muss ich ins Zeugenschutzprogramm. Ist das so?«
»Du greifst ein bisschen weit voraus«, sagte Terry.
»Ich denke immer voraus. Nur letzte Nacht nicht, und dafür habe ich einen schrecklichen Preis bezahlt. Könnte ich unter einem anderen Namen auf eine andere Universität gehen?«
»Das könnten wir einrichten«, sagte John. »Wir kümmern uns gut um unsere Zeugen, Liz. Das kannst du auch im Computer nachschauen.«
»Ja, das mache ich. Sie wissen nicht, wer ich bin. Ich meine, ich habe Ilya nur meinen Vornamen gesagt. Er weiß nur von Liz – und eigentlich war ich immer Elizabeth. Und ich … bevor wir zum Club gefahren sind, habe ich mir die Haare geschnitten und gefärbt. Ich sehe eigentlich nicht so aus.«
»Mir gefällt dein Haar«, sagte Terry. »Der Look steht dir gut.«
»Ich sehe eigentlich ganz anders aus. Gestern Abend habe ich mit Make-up, dem Kleid und den Haaren gar nicht so ausgesehen wie sonst. Vielleicht kann ich ja eine Zeugenaussage machen, ohne dass sie herausfinden, wer ich bin. Ich weiß, die Chance ist gering, aber ich möchte gerne daran glauben, jedenfalls für den Moment.«
Terrys Handy klingelte, und sie zog es aus dem Etui an ihrem Gürtel. »Norton. Ja. Verstanden.«
Sie steckte das Handy wieder weg. »Sie bringen jetzt deine Mom her.«
»In Ordnung.« Elizabeth stand auf und brachte ihren Teller an das Spülbecken. »Ich mache den Abwasch.«
»Ich helfe dir«, sagte John.
»Nein, wenn es Ihnen nichts ausmacht, wäre ich gerne einen Moment allein, bevor meine Mutter kommt.«
»Ja, sicher.« Er legte ihr die Hand auf die Schulter. »Es wird schon alles in Ordnung kommen, Liz.«
Sie nickte nur und begann abzuwaschen, damit niemand sehen konnte, wie ihre Hände zitterten.
Als die Beamten in Zivil ihre Mutter an die Tür brachten, hatte sie das Gefühl, sich beherrschen zu können. Sie saß in dem spärlich möblierten Wohnzimmer und stand auf, als Susan den Raum betrat. Auf den ersten Blick erkannte sie, dass die Entschuldigung, die sie einstudiert hatte, nicht annähernd ausreichen würde.
»Du liebe Güte, Elizabeth, was hast du mit deinen Haaren gemacht?«
»Ich …« Aus dem Gleichgewicht gebracht, hob Elizabeth eine Hand an den Kopf. »Es tut mir leid.«
»Davon gehe ich aus.«
»Dr. Fitch, ich bin Deputy Marshal Barrow, und das ist Deputy Marshal Norton. Dies ist eine sehr schwierige Situation. Wenn wir uns setzen könnten, können wir Ihnen genau erklären, welche Vorsichtsmaßnahmen wir treffen, um Ihre Tochter zu schützen.«
»Das wird nicht nötig sein. Ich bin bereits informiert worden. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen möchten, ich möchte mit meiner Tochter alleine sprechen.«
»Es tut mir leid, Dr. Fitch, aber zum Schutz Ihrer Tochter muss zumindest einer von uns ständig bei
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