Die letzte Zeugin
einverstanden sein würdest.«
»Ich war aber nicht einverstanden. Ich war …«
»Du sagtest, es sei peinlich und unangenehm gewesen.«
»Ja, das war es. Nicht, dass ich nicht …«
»Du warst erregt. Das ist ganz normal.«
»Wie ein Reflex. Aber eigentlich hat es mich total sauer gemacht. Ich hatte Dienst, du liebe Güte, und sie hat mich aus der Wache locken lassen.«
Abigail dachte einen Moment lang über dieses faszinierende Beispiel menschlicher Dynamik und fehlgeleiteter Kommunikation nach. »Sie versteht anscheinend nicht, wie ernst du deine Pflichten als Polizist nimmst.«
»Ich bin schließlich kein geiler Teenager, sondern der Chef der Polizei hier.«
Sein Zorn und seine Schuldgefühle, die so deutlich zu spüren waren, waren interessant. »Du bist immer noch wütend auf sie und auf deinen natürlichen Reflex.«
»Ja, ich glaube schon. Ich musste ihr sagen, dass ich sie nicht will – teils aus Gründen, die ich hier schon erläutert habe, teils aber auch, weil sie für uns beide nicht auch nur den leisesten Respekt gezeigt hat. Und es spielte auch eine Rolle, dass ich den armen Grover dafür büßen lassen musste, dass er bei uns angerufen hatte. Ich habe ihm einen Höllenschrecken eingejagt, damit er so etwas nicht noch einmal veranstaltet.«
»Das sind aber viele Gründe.«
»Und es gibt noch mehr. Als ich diese schöne nackte Frau betrachtet habe, die ich als Sechzehnjähriger einmal wie wahnsinnig geliebt habe, wollte ich sie nicht mehr, aus all den Gründen, die ich gerade genannt habe. Und weil ich dich will.«
Sie wandte sich ab und rührte erneut in der Suppe. Eine passende Geste, dachte sie, weil er auch etwas in ihr aufwühlte.
»Ich habe gesagt, ich würde nicht mit dir schlafen. Glaubst du, ich hätte das getan, um dein Interesse zu wecken?«
»Nein, ich glaube, du sagst ehrlich, was du denkst, abgesehen von dem, was sich hinter deinen verschlossenen Türen verbirgt. Aber ich denke, du hättest das Thema gar nicht erst erwähnt, wenn du nicht auch einen gewissen Grad an Begehren verspüren würdest.«
Sie drehte sich zu ihm um, blieb aber stehen. »Es war wahrscheinlich unklug von dir hierherzukommen, wenn du immer noch ein bisschen wütend und erregt von diesem Zwischenfall bist.«
»Gott, ich mag die Art, wie du redest. Und du hast recht, das Klügste war es nicht.«
»Wenn ich es mir anders überlegen würde, weil …«
Sie brach ab, als er die Hand hob. »Tust du mir einen Gefallen? Überleg es dir jetzt noch nicht anders, sonst müsste ich es mir jetzt entgehen lassen. Ich bin nicht wegen Sex hierhergekommen. Lass uns einfach heute Abend nicht mehr darüber reden. Ich bin bereit, mich mit der Suppe und Gesprächen abspeisen zu lassen.«
Sie wollte ihn nicht mögen. Sie wollte sich nicht zu einem Mann hingezogen fühlen – einem Polizeibeamten –, der sich an ihrem Schutz mit Reden vorbeimogelte, in ihrer Küche saß und ihr Interesse mit persönlichen Geschichten weckte.
Sie sollte ihm logischerweise eigentlich sagen, er solle gehen. Aber sie wollte nicht, und unwillkürlich fragte sie sich, was wohl passieren würde, wenn sie einmal etwas Dummes tat.
»Ich wollte beim Abendessen einen Film ansehen.«
»Ich mag Filme.«
»Ich wollte Magnolien aus Stahl anschauen.«
Er stieß einen tiefen Seufzer aus. »Das habe ich wahrscheinlich verdient.«
Der ganze Raum wurde heller, als sie lächelte.
»Eigentlich wollte ich Stirb langsam 4.0 gucken.«
»Ich hätte dir mehr Blumen mitbringen sollen.«
Er stellte fest, dass sie eine verdammt gute Köchin war und dass Himbeeressig ihm gut schmeckte. Und er entdeckte, dass sie einen Film mit stiller Intensität anschaute – ohne jegliches Geplauder.
Das war ihm recht. Auch der Hund schien sich schon an seine Anwesenheit gewöhnt zu haben. Er hatte sich zu Abigails Füßen zusammengerollt und schlief. Allerdings hegte Brooks nicht den geringsten Zweifel, dass er sofort aufspringen würde, wenn er eine falsche Bewegung machte, und ihn, wenn nötig mit den Zähnen, in Schach halten würde.
Er entspannte sich. Gutes Essen, ein guter Film, ein knisterndes Kaminfeuer und eine ruhige Frau. Als der Nachspann ablief, stand sie auf, um die Teller in die Küche zu bringen.
Wie erwartet, erhob sich auch der Hund sofort. Er warf Brooks einen Blick zu, der sagte: »Ich habe dich im Auge, Kumpel.«
»Ich mache das schon.«
»Nein, ich mache es lieber auf meine Weise.«
»Dann helfe ich dir wenigstens.« Bevor sie ablehnen konnte,
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