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Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)

Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Connor
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    Sie seufzte schwach. »Geh in die taberna und warte dort auf mich. Ich komme gleich.«
    »Warum?«
    »Du bist verletzt. Jemand muss dich verarzten.«
    »Warum du?« Irgendetwas in seinem Ton verriet, dass er einen besonderen Grund hören wollte, einen Anflug von Zärtlichkeit.
    Sie würde den Teufel tun, solche Absichten einzugestehen. Sie hatte ihre heutige Stellung nicht errungen, indem sie ihre Schwächen offengelegt hatte. So sagte sie nur: »Wer sonst würde sich die Mühe machen?«
    »Da hast du verdammt recht. Ich könnte hereinkommen, wenn das leichter wäre.« Es klang nicht wie eine Floskel. Zu behutsam, als hätte ihre Besorgnis eine Saite in ihm zum Klingen gebracht.
    Aber es war nichts Persönliches. Sie brauchten ihn um Tillys und Jamesons willen. Abgesehen davon war es Rosa gleichgültig, ob sein Rücken heilte.
    »Nicht in meinem Haus. Nicht nach Einbruch der Dunkelheit. Es würde Gerede geben.«
    Aber als sie seine hochgewachsene, schöne Gestalt davongehen sah, wusste sie, dass ihre erste Einschätzung zutreffend gewesen war. Er würde ihr Ärger bescheren, genau, wie er ihnen Medikamente und einen Funken Hoffnung beschert hatte.

12
    Chris konnte sich nicht erinnern, wann er zuletzt so zufrieden gewesen war. Müde. Eigentlich sogar verdammt erschöpft. Aber zufrieden. Der kalte Schauer des Entsetzens, der ihm über den Rücken gelaufen war, war verschwunden, sobald er den ersten Blick auf Peltz’ Staubpiraten erhascht hatte. Sie waren Eindringlinge. Er hatte keinen Anspruch auf Valle, keinen Platz hier bei diesen Leuten, und dennoch waren sie in sein Revier eingedrungen.
    So hatte es sich zumindest angefühlt. Jetzt spazierte er zur Taverne und genoss den angenehmen leichten Muskelkater. Er war stärker denn je und auch besser eingestimmt auf die feinen Unterschiede in seiner Umgebung. Vielleicht lag es daran, dass er so lange Zeit allein verbracht hatte. Nur er und die Wildnis. Wie sonst sollte er sich erklären, dass er in der Lage gewesen war, leise Schritte über ein Wüstental hinweg wahrzunehmen, oder Motorengeräusche, die für Rosa außer Hörweite gewesen waren?
    Aber entweder konnte er seinen Sinnen vertrauen oder dem seltsamen Déjà-vu-Erlebnis aus seinem Traum. Er wusste nicht, was von beidem weniger verstörend war. Ein Gedanke durchzuckte sein Gehirn wie ein Blitz: Jennas Sinne waren nach ihrer ersten Verwandlung bemerkenswert geschärft gewesen.
    Er verfing sich mit der Spitze eines Stiefels am Absatz des anderen und blieb dann mitten auf der dunklen, staubigen Straße stehen. Konnte es sein, dass der Wandel sich auch auf ihn auswirkte? Er hatte sich noch nie so gefühlt: als ob ein Wolf bereit wäre, aus ihm hervorzubrechen, nicht einmal im Jähzorn der ersten paar Minuten, nachdem Ange in Stücke gerissen worden war. Sein Verstand war immer präsent. Sein Körper blieb menschlich.
    Mit einem leisen Auflachen setzte er seinen Weg fort. Obwohl er mit den Möglichkeiten vertraut war, konnte er sich immer noch nicht vorstellen, wie es war, sich von einem Menschen in ein Tier zu verwandeln. Der Mechanismus, die innere Verdrahtung – nichts davon war messbar, und er hatte gedacht, er sei schon längst darüber hinaus, irgendetwas genau ausloten zu wollen. Anderenfalls hätte er sich der Tatsache stellen müssen, was mittlerweile aus ihm geworden war: ein Mann, der mordete und danach zufrieden davonging.
    »He, Doc!«, rief Brick.
    Er saß mit seiner attraktiven jungen Schwester Singer auf der Veranda vor der taberna . Sie teilten sich eine Zigarre – jeder zog einmal daran und reichte sie dann wieder an den anderen weiter. Wahrscheinlich war es ein seltener Schatz, den sie sich jetzt zur Feier des Tages gönnten, nachdem sie ihr Zuhause erfolgreich verteidigt hatten. »Gute Arbeit heute, mano .«
    » Tú también .«
    »Willst du auch einen Zug?«, fragte Singer und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln, das Chris eher als Herausforderung denn als Flirt empfand. Also begannen jetzt die Initiationsrituale. Er hätte vielleicht mitgespielt, wenn er davon ausgegangen wäre, dass er über die Geburt von Tillys Kind hinaus bleiben würde.
    Er wischte sich die Stirn mit der Hand ab. Gott, er fühlte sich wie ein Schlachter nach einer Zwölf-Stunden-Schicht. »Nein, danke. Ich muss schlafen. Bald.«
    »Hey, güero , das ist aber ein übler Schnitt.« Singer stieß sich von einem der Verandapfosten ab und ging auf ihn zu. Sie trafen sich auf den Stufen der cantina . Singer war eine

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