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Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)

Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Connor
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Schussverletzung?«, fragte er, während er den Faden einfädelte.
    »Fünfmal.«
    Sein Blick war neugieriger, als es ihr behagte. »Wie oft seit dem Wandel?«
    »Dreimal.«
    »Also ist schon zweimal vorher auf dich geschossen worden?«
    Sie schüttelte den Kopf und bereute es, als der Raum sich drehte. »Das musst du nicht über mich wissen.«
    Cristián – Dios , warum beharrte ihr Verstand nur darauf, ihn so zu nennen? – nahm die Zurückweisung ohne jeden Widerspruch hin, schwieg und vernähte die Wunde mit kundigen Händen. Er hatte sicher schon solche Verletzungen verarztet. Er mochte zwar in der Welt vor dem Wandel kein echter Arzt gewesen sein, aber jetzt war er fast so gut wie einer. Mit einem leisen Seufzen wurde sie sich bewusst, dass sie ihn hierbehalten musste. Ob sie das Gefühl hatte, dass er Ärger machen würde, spielte keine Rolle. Er würde gut für die Stadt sein, und das ließ sie eine Entscheidung fällen.
    Nachdem er damit fertig war, ihre Wunde zu verbinden, fragte er: »Möchtest du etwas gegen die Schmerzen?«
    »Nein. Sparen wir es lieber für Leute auf, die unter heftigeren Schmerzen leiden.«
    »Oder die nicht so stark sind wie du?«
    Woher wusste er das? Der Schmerz war eine Bewährungsprobe. Wenn sie die Zähne zusammenbiss und ihn ohne Hilfe ertrug, stellte sie so ihre Kraft unter Beweis. Sie ignorierte das Gefühl, dass er sie durchschaute und all die wunden Punkte in Augenschein nehmen konnte, an die selbst sie nicht zu rühren wagte.
    »Ich hatte vor, dich zur Rede zu stellen«, sagte sie dann.
    »Aber jetzt willst du es nicht mehr tun?«
    »Nein. Ich glaube nicht, dass es etwas nützen würde, und ich bin nicht böse, dass du diese Frauen gerettet hast. Also frage ich mich wohl nur, woher du wusstest, wo du sie finden würdest.«
    Und ob es irgendetwas mit dem feuchten Traum zu tun hatte.
    Dios , es fiel ihr so schwer, ihn jetzt anzusehen, ohne sich auszumalen, wie er unter ihr lag. Eine Schweißperle rollte ihr die Schläfe hinab. Sie hatte so viel schlechten Sex gehabt, dass sie gern darauf verzichtet hätte, je wieder von einem Mann berührt zu werden. Und doch wollte sie es. Wollte ihn. Nicht Falco oder sonst irgendjemanden. Cristián .
    Ein Ausdruck huschte über sein Gesicht – nicht das übliche neutrale Selbstvertrauen, das, wie sie annahm, nur eine Fassade war. Rosa war selbst eine Meisterin darin, ihr wahres Ich zu verbergen, und zollte dementsprechend jedem anderen Seelenzauberer Respekt, aber sie würde auch keinen Rückzieher machen. Sein unerklärliches Verhalten musste irgendwie einen Sinn ergeben, sonst konnte sie keine neuen Pläne schmieden oder auch nur ruhig schlafen.
    »Ich habe sie gesehen«, murmelte er mit einem seltsamen Unterton in der Stimme, als ob er selbst der Meinung wäre, dass es verrückt klang. »Nein, das stimmt nicht ganz. Es war eher ein … Traum?«
    Dieses Wort allein ließ Flammen hinter ihrem Brustbein auflodern. »So wie gestern, als Peltz’ Männer zu Fuß hergekommen sind?«
    »Genau so, ja.« Chris hielt inne und musterte sie mit unergründlicher Miene. »Aber keiner der beiden Träume war klar. Sie waren bruchstückhaft. Je näher wir dem entscheidenden Augenblick kamen, desto deutlicher überlagerten sich die beiden Bilder – Traum und Realität.«
    Seit dem Wandel war alles chaotisch und seltsam. Rosa zog durchaus die Möglichkeit in Betracht, dass er im Zuge der magischen Flutwelle, die über die Welt hinweggebrandet war, eine gewisse Begabung entwickelt hatte. Andere in Valle hatten schließlich auch wundersame Fähigkeiten, wie Tilly und Bee, die ihre Tiere rufen konnten.
    »Träumst du, Rosa?«
    Mierda . Er würde das Thema anschneiden. Sie durfte nicht zaghaft wirken. » Sí . Gestern Nacht.«
    Er beugte sich vor, nur ein wenig. Rosa erhaschte den Geruch von Schweiß, trockenem Staub, Benzin und Beifuß. Sein wunderschöner, wie gemeißelter Mund war sehr, sehr nahe, und sie sah zu, wie er die Worte formte: »So etwas … So etwas habe ich noch nie erlebt.«
    Ihr stockte der Atem. »Ich auch nicht.«

18
    Chris würde Rosa küssen, es führte einfach kein Weg daran vorbei. Wagenladungen voll halb verhungerter Frauen, Schusswunden – das alles spielte keine Rolle.
    Er beugte sich näher heran und umfasste mit den Fingern die Armlehnen des Stuhls. Er brauchte eine Mitverschwörerin, und so schob er gezielt ihre Beine auseinander. Rosa saß zwischen ihm und dem Stuhl in der Falle, aber sie wehrte ihn nicht ab, blinzelte

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