Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)
zwischen den Beinen einer anderen abarbeitet und auf ihr Gesicht hinabsieht. Denk nicht an den Schweiß auf seiner Haut, die Laute, die er ausstößt …
Sie knirschte mit den Zähnen; es machte sie verrückt, dass sie zu viel über die Details seiner Begierden wusste. Es war falsch und erschreckend, aber zugleich unwiderstehlich. Der Drang festzustellen, ob der geteilte Traum irgendeine Grundlage in der Realität hatte, spukte immer an den Rändern ihres Verstandes herum.
Stattdessen blickte sie auf ihr Territorium hinaus, was sie wie immer mit Stolz und Ruhe erfüllte. Der Himmel verdunkelte sich, ein wunderschöner Sonnenuntergang in lebendigen Farben, schiere Schönheit aus roten und violetten Farbtupfern hinter den dunklen Bergrücken in der Ferne. Das war alles, was zählte, nicht die treulosen Männer und ihre Fähigkeit, einen so zu verletzen.
Endlich wurde ihr bewusst, wie Ex’ abschließendes Wort gelautet hatte. »Wie meinst du das – größtenteils ? Hast du etwas gesehen?«
»Nichts Ungewöhnliches. Der neue Bravo spaziert ziemlich oft aus dem Tal hinaus. Nicht jeden Abend, aber wenn, dann immer erst, wenn alle Lichter gelöscht sind.«
Furcht und das Gefühl, verraten worden zu sein, durchzuckten sie und verschlugen ihr den Atem. Was, wenn er sich mit jemandem traf? Zum ersten Mal, seit sie den Laden verlassen hatte, hoffte sie, dass es um Sex ging. Wenn sie Chris dabei ertappte, Informationen an ihre Feinde weiterzugeben, würde sie ihn hinrichten müssen.
Und das will ich nicht.
Dios, no. Nicht Cristián.
Aber während sich heiße Übelkeit in ihren Eingeweiden zusammenballte, erinnerte sie sich daran, wie Brick damals auf ihn gestoßen war. Chris hatte ihren Überfall auf dem Highway beobachtet. Seitdem hatten sich die Aktivitäten ihrer Rivalen ebenfalls verändert. Der Angriff auf Valle de Bravo. Zusätzliche Transporte, die sie aus der sicheren Stadt herauslockten. Die getürkte Lieferung. Die Mädchen, die Chris irgendwie gefunden hatte.
Was, wenn er alles getan hatte, um ihr Vertrauen zu gewinnen, nur um es jetzt, da er Bravo geworden war, gegen die ganze Stadt einzusetzen?
»Wie lange geht das schon so?«
»Ungefähr seit einer Woche.« Ex spielte mit einem geschlossenen Klappmesser herum wie ein Raucher, der es vermisst, eine Zigarette in der Hand zu halten. »Ich dachte, du wüsstest das.«
Sie unterdrückte einen leisen, giftigen Fluch. »Welchen Weg nimmt er?«
Ex beschrieb knapp eine Route, die nach Westen führte. Rosa erinnerte sich, dass es dort einen versteckten Pfad gab. Ihr wurde etwas leichter ums Herz. Vielleicht ging es nur um Sex mit einer Partnerin, die nicht wollte, dass irgendjemand herausfand, was sie tat.
Wie Singer.
Das Mädchen hatte ihm das Motorrad anvertraut, das sie inniger liebte als die meisten anderen Menschen. Sie hatte auch mit ihm geflirtet, auf ihre süße, beiläufige Art. Wenn es wirklich Singer war, dann war Chris nur ein dreckiger alter Perversling, kein Verräter. Aber Brick würde die Hoden des ersten Mannes, der seine kleine Schwester anzurühren wagte, zu einer Halskette verarbeiten. Rosa musste mehr herausfinden.
Sie winkte Ex zu, kletterte wieder nach unten und verließ die Stadt, folgte dem ausgetretenen Ziegensteig hinter die hohen Felsen. Nachts war es im Tal sehr dunkel. Sie fühlte sich von den Schatten verschlungen. Sich davonzuschleichen war, als würde sie ihre Haut abstreifen. Sie war zwar in einer Angelegenheit unterwegs, die Auswirkungen auf ihre Leute haben würde, aber ein paar Augenblicke lang außer Sichtweite zu sein war seltsam befreiend.
Rosa tastete sich mit vorsichtigen, aber rhythmischen Schritten zwischen den Felsen hindurch. Der uralte Pfad eignete sich nur, wenn man trittsicher war. Er führte nirgendwohin, nur zu einer von Höhlen durchzogenen Klippe, in denen früher Indianerstämme gelebt hatten. Den ganzen Weg über rang sie mit verstörenden Möglichkeiten, aber sie konnte nicht sicher sein, wenn sie sich nicht persönlich vergewisserte. Ihr Führungsanspruch konnte so bald keinen zweiten Fehler verkraften, schon gar nicht, nachdem sie Chris’ Initiation benutzt hatte, um Loyalitäten zu festigen. Unerwartet und unangenehmerweise hing ihre Position nun von ihm ab.
Davon, ob er der Mann war, den sie in ihm zu finden hoffte.
Rosa schlich sich leise zu den Höhlen hinauf, die nur flache Einschnitte in der Bergflanke waren. Obwohl sie keine menschlichen Geräusche hörte, wusste sie, dass er dort war. Sie
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