Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)

Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)

Titel: Die letzten Gerechten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
Vom Netzwerk:
gesagt, wenn die Lakonier durch unsere Verteidigung brechen, rollen sie sämtliche Stellungen von hier bis Tripoli auf. Dann lass sie doch durch! Chartres würde innerhalb einer Woche fallen, und dann stünde ihnen dreitausend Meilen weit niemand mehr im Weg. Warum sollen wir sie denn aufhalten?«
    »Weil sie auch uns aufrollen werden. Du weißt doch, was die Lakonier mit kleinen Jungen machen? Oder jedenfalls mit denen, die sie gefangen nehmen? Auf dem Veldt habe ich tausende Antagonisten getötet. Glaubst du wirklich, dass sie noch nie etwas von Boscos Engel des Todes gehört haben? Früher führten die Antagonisten immer zwölf Beschreibungen der unreinsten Erlösermönche mit sich, die auf der Stelle getötet werden mussten, wenn sie gefangen wurden. Nun sind es dreizehn.«
    »Und ich wette, dass es dich gefreut hat, als du das erfahren hast: Thomas Cale, der Große Ich-Bin-Es.«
    »Was soll denn das nun wieder heißen?«
    »Das weißt du ganz genau.«
    »Ich habe dich nie gebeten, mir zu folgen. Was hast du eigentlich hier zu suchen?« Das war eine Frage, die er mit aller Verbitterung hervorstieß, zu der er fähig war. Und sie wirkte.
    »Die Frage stelle ich mir auch immer.«
    »Schade nur, dass du sie dir nicht schon in Memphis gestellt hast. Oder sonst irgendwo, nur nicht hier. Um Himmels willen– als hätte ich nicht schon genug Probleme am Hals.«
    »Komisch, ich habe gar nicht bemerkt, dass du dich darüber beschwert hättest, als ich dafür sorgte, dass du am Leben bliebst, als du damals auf den Stufen vor dem Palast des alten Materazzi Waldemar den Grausamen gespielt hast. Oder als du am Silbury Hill wie ein idiotischer Berserker herumgetobt bist, sogar den ganzen Hügel hinunter, und alles nur wegen dieser verräterischen Schlampe Arbell mit ihrem verdammten Schwanenhals. Da hab ich dir nämlich gleich ein Dutzend Mal das Leben gerettet, während dir nichts Besseres einfiel, als wie ein Fisch auf dem Trockenen herumzuzappeln.«
    Nach diesem giftigen Schlagabtausch trat eine kurze Pause ein. Schließlich sagte Cale: »Ich denke, du solltest genauer überlegen, was du sagst. Denn dann müsstest du zugeben, dass du mir das Leben am Silbury Hill höchstens ein halbes Dutzend Mal gerettet hast. Aber gut zu wissen, dass du mitgezählt hast.«
    »Ich glaube, wenn du auch nur ein bisschen überlegen würdest, müsstest du zugeben, dass ich einen weit besseren Überblick über die Situation hatte als du.«
    »Ich bin aber kein idiotischer Berserker!«
    »Doch, bist du«, antwortete Henri. »Und jetzt sollten wir endlich mal ernsthaft überlegen, wie wir von hier verschwinden können, und zwar schnell.«
    »Jetzt bist du der Idiot. Wir können nicht verschwinden, weil wir nirgendwohin gehen können. Für den Fall, dass du plötzlich taub geworden bist: Wir sind von mörderischen Schurken umgeben, auf allen Seiten. Übrigens ist mir schon in Memphis klar geworden, dass auch dort niemand ein gutes Wort für die Antagonisten übrig hatte. Nur weil sie keine Erlösermönche sind, heißt das noch lange nicht, dass das Leben bei ihnen wie der Himmel auf Erden sein würde.«
    »Schlimmer als die Erlöser können sie gar nicht sein.«
    »O doch, das können sie. Und selbst wenn sie es nicht wären– aus ihrer Sicht sind wir beide Erlösermönche, und ich ganz besonders. Was denkst du denn, gegen wen ich auf dem Veldt gekämpft habe– die sieben Zwerge?«
    Es klopfte an der Tür, die der Wärter sofort öffnete. Bosco trat ein. Er wirkte weit weniger gut gelaunt als bei ihrer letzten Begegnung.
    »Der Papst hat deine Ernennung bestätigt, allerdings nur für eine gewisse Zeit. Du musst diese Dokumente unterschreiben.« Er legte zwei Pergamente auf den Tisch.
    »Was steht darin?«
    »Es sind Vollstreckungsbefehle.«
    »Was für Vollstreckungsbefehle?«
    »Dieser hier ist für die Hinrichtung der Maid vom Amselfeld.«
    »Sie ist doch bloß ein harmloses Mädchen!«
    »Das ist sie ganz bestimmt nicht. Unterschreib.«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Das habe ich Euch doch schon gesagt– sie ist nur ein Mädchen.«
    »Du weißt, dass sie in acht Städten Aufrufe an Kirchentüren genagelt hat– darin wird kritisiert, dass der Papst Ketzer verbrennen ließ, welche die barmherzigen Lehren des Gehenkten Erlösers infrage stellten. Wie kann man so etwas tun und trotzdem erwarten, dass man am Leben bleibt?«
    »Funkeln die Sterne noch am Himmel?«
    »Mach dich nicht lächerlich. Du weißt genau, dass sie nicht am Leben bleiben

Weitere Kostenlose Bücher