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Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)

Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)

Titel: Die letzten Gerechten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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und alles andere, was mit Leben und Tod zu tun hatte.
    Erlösergeneral Bosco wäre es lieber gewesen, sich nur mit so einfachen Dingen befassen zu müssen. Leider erhielt er heute Besuch. Zuerst hatte er noch eine Menge Anweisungen erteilen und Nachrichten empfangen müssen, doch endlich wurde der schmächtige Bruder, der so sehr auf einem Gespräch unter vier Augen bestanden hatte, zu ihm vorgelassen. Jetzt erst wandte Bosco ihm seine Aufmerksamkeit zu, wenn auch nur, um dieses Ärgernis so schnell wie möglich loszuwerden.
    »Wer seid Ihr?«, fragte Bosco kalt.
    Der Mann seufzte, offensichtlich enttäuscht über die kühle Behandlung. Er war es gewohnt, dass man ihm ernsthaft zuhörte.
    »Ich bin Bruder Yes, vom Amt des Heiligen Geistes.«
    »Nie davon gehört.«
    »Früher hießen wir Amt des Zölibats.«
    »Ah– davon habe ich schon gehört.«
    »Ihr könnt daran sehen, dass es nicht um eine unwichtige Angelegenheit geht.«
    »Was wollt Ihr?«
    »Ich will Euch helfen, Bruder.«
    »Im Moment führe ich Krieg. Helfen könnt Ihr mir am besten dadurch, dass Ihr schnell wieder verschwindet.«
    »Die Kirche hat die Pflicht der Liebe, und dazu gehört auch, dass sie ihren Bischöfen hilft.«
    »Ich bin aber kein Bischof.«
    »Ihren Bischöfen hilft wie auch ihren hochrangigen Prälaten, damit unsere zölibatären Mitbrüder nicht vom rechten Pfad abweichen. Als Akt unserer Liebe möchten ich und mein Amt den Prälaten helfen, um zu verhindern, dass einige in der Bruderschaft ein privates und geheimes Leben führen. Wie könnten wir denn von Euch, Bruder, verlangen, dass all Euer Handeln als Vater der Kirche rein sei und bleibe, wenn wir Euch zugleich jede erforderliche Hilfestellung verweigerten?«
    »Hilfestellung?«
    »Die ständige Unterstützung durch ein Mitglied meines Amtes.«
    »In meinem Schlafzimmer, ständige Unterstützung?«
    »Vor allem in Eurem Schlafzimmer, Bruder. Aber Euer ständiger Begleiter wird während der nächtlichen Stunden natürlich eine Augenbinde tragen. Und Euch selbst werden wir als weiteren Beweis unserer Liebe ein Paar Nachthandschuhe zur Verfügung stellen. Nachthandschuhe sind…«
    »Ja, ja, ich verstehe«, unterbrach ihn Bosco. Seine Miene wurde weicher. »Ich verstehe Eure Besorgnis, Bruder, natürlich verstehe ich sie. Ihr habt Recht, wenn Ihr sagt, dass es keine Störung der Privatsphäre eines Menschen geben kann, der keine Privatsphäre besitzt.« Er lächelte, als täte es ihm wirklich leid. »Aber Ihr müsst verstehen, dass ich mich jetzt… nun, vielleicht nicht um eine größere Bedrohung, aber doch jedenfalls um eine sehr viel dringlichere kümmern muss.«
    Bruder Yes machte nicht den Eindruck, als könne er glauben, dass Verstöße gegen den Heiligen Geist nicht dringlicher seien als Fragen des Überlebens.
    »Ich werde bald wiederkommen, mit welchem Auftrag auch immer– wenn es mir noch vergönnt sein sollte–, und dann werde ich dieser Angelegenheit die Aufmerksamkeit schenken können, die sie verdient.«
    Bruder Yes war dabei nicht sehr wohl. Für ihn war es ein ständiges Ärgernis, dass die Bischöfe ihn und sein Amt nicht mit größerer Bereitschaft empfingen. Denn schließlich versuchte er nur zu helfen, aber man konnte fast glauben, dass das Gegenteil der Fall sei. Zögernd stimmte er zu, die Sache um eine Woche aufzuschieben, und ging. Kaum war er verschwunden, als Bosco auch schon Bruder Gil zu sich rief. »Diesen Bruder Yes. Setz ihn auf die Liste.«

    Auch andere machten sich darüber Sorgen, beobachtet und überwacht zu werden.
    »Wie sollen wir denn von hier verschwinden können, wenn sie dich gerade zum Allmächtigen Gott von Irgendwas ernannt haben?«
    »Was hätte ich denn tun sollen– ablehnen? Mich weigern? Ich bin ganz Ohr, wenn du einen brauchbaren Vorschlag hast.«
    »Ja, sicher, ich sehe doch, dass dir die Sache das Herz bricht.« Vague Henri schaute ihn so unfreundlich an, wie es nur ging. »Du willst es doch so, oder nicht?«
    »Was ich sagen will, ist, dass es wie gewöhnlich völlig egal ist, ob mir etwas gefällt oder nicht. Und– was nun? Ich mache etwas, wovon ich etwas verstehe, und außerdem habe ich keine andere Wahl.«
    »Verliere.«
    »Was?«
    »Verliere!«
    »Warum sagst du es nicht noch lauter? Ich glaube nicht, dass sie dich am anderen Ende der Stadt verstanden haben.«
    »Gut– nimm einfach an, ich hätte es ganz leise gesagt.«
    »Ich habe noch nie im Leben etwas so verdammt Blödes gehört.«
    »Warum denn? Du hast selbst

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