Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork
Er ließ sie unter Wasser mit einem Schwarm neugeborener Makrelen spielen, kleine Fische von so strahlendem Blau, dass das Licht davon abprallte. Als Erbrow genug hatte von den Makrelen, schwamm sie weiter, und Yorsh folgte ihr, sie lachte immer noch vergnügt und war nicht leicht einzuholen. Klein, wie sie war, schlüpfte sie durch einen niedrigen steinernen Bogen, der für ihn zu eng war, und er musste kehrtmachen und um einen großen Felsblock herumschwimmen. Als er endlich auf der anderen Seite des Bogens ankam, war die Kleine schon weit voraus, mitten im Seegras, das sich zwischen riesigen, haushohen Felsen träge hin und her wiegte. Die Felsen rückten immer dichter zusammen, überschattet von großen Fiederkorallen, die ihre Schirme ausbreiteten, das Licht in ihren Biegungen und Wölbungen brachen und Platz machten, wenn Erbrow vorüberschwamm, während die Tintenfische ihre kleinen Tentakeln rasch wie zu einer Faust schlossen. Ein Schwarm Brassen und Sardinen stand plötzlich wie eine Wand vor Yorsh, ihr silbernes und stahlgraues Gleißen verwehrte ihm einen Augenblick lang die Sicht auf das Mädchen. Als er sie einholte, brachte er sie dicht unter die Oberfläche, damit sie nicht zu weit davon entfernt waren, wenn sich das Bedürfnis, Luft zu holen, wieder einstellen würde. Die Kleine blieb in ein paar Spannen Tiefe, um noch eine kleine Languste anzuschauen, dann tauchte sie endlich auf.
»Ham ham?«, fragte sie Yorsh interessiert, ihre Puppe immer noch in der Hand.
»Nicht dass ich wüsste«, antwortete ihr Vater mit einem skeptischen Blick auf die Languste, »ich glaube nicht, sie hat wirklich eine zu absurde Form.«
Yorsh sah sich um. Sie waren am Ufer von Tischlein, der größten unter den Inseln, die vor der Bucht lagen.
Die Insel war sehr grün, dicht bewachsen mit Ginster- und Myrtensträuchern. Sie bestand aus einem hohen Hügel, der obenauf platt war wie ein Tisch, daher auch der Name. Yorsh beschloss, sie diesmal zu erkunden, auch um seiner Tochter Zeit zu lassen, sich zu erholen und aufzuwärmen, bevor sie sich auf den Rückweg machten.
Er nahm sie auf den Arm und ging los. Er stieg von der Ostseite her auf den Hügel, da ihm dieser Weg weniger steil schien, und gelangte auf die Hochebene. Dort angekommen wandte er sich um und schaute auf die Bucht von Erbrow. Es verschlug ihm den Atem. Von fern, vom Meer aus betrachtet, sah der Ort wirklich aus wie ein großer Drachen, der sich dort zum Schlafen ausgestreckt hatte. Yorsch sah die Häuser, die verstreut zwischen dem Ufer und dem großen Felsvorsprung lagen, und erkannte sein eigenes. Sie hatten sie erbaut, indem sie Steine und lose Felsbrocken zusammenfügten, dazu Baumstämme, die vom Wind oder ihren einzigen zwei Äxten gefällt worden waren, oder vom Meer angespülte und von der Brandung glatt geschliffene Holzstücke. Das Ergebnis waren solide, krumme Wände, schiefe Türen ohne Angeln, die die Eingänge nur so ungefähr verschlossen und verziert waren mit komplizierten Schnörkeln und Mustern, worin sich Muscheln abwechselten mit bunten Steinen, Teilen von Pinienzapfen oder Gehäusen von Seeigeln. Mit ihren hellen, von Grau bis Rosa spielenden Farben hoben sich die Bauten ab vom strahlenden Blau des Meeres und vom üppigen Grün der Felsvorsprünge, die ganz mit Ginster und Pinien bewachsen waren. In der Mitte jedes Hauses war eine Herdstatt, deren Rauch durch die Öffnung im Dach aufstieg, die Dächer waren aus geflochtenem Schilf und Schiefer, den sie an den beiden Felsvorsprüngen am nördlichen und südöstlichen Rand der Bucht sammelten. Schilf säumte die Brackwassertümpel, die sich rings um den Punkt bildeten, wo der Dogon sich nach seinem spektakulären Fall in einer Reihe von Pfützen und Wasserlöchern verlief. Sogar aus dieser Entfernung, von der Insel aus, sah man die großen Silberreiher und die kleineren Fischreiher, die sich im flachen Wasser die Frösche streitig machten. Die Bucht war dermaßen fruchtbar, reich und blühend, sie quoll sozusagen über von Essbarem, dass selbst sie, ein Haufen armseliger Flüchtlinge und Hungerleider, wo auf vier Kinder, Alte oder Schwache ein arbeitsfähiger Erwachsener kam, dass selbst sie, ausgerüstet nur mit zwei Schaufeln und zwei Äxten, hatten überleben können.
Obwohl er oft darüber nachgrübelte, war Yorsh nicht klar, wieso der Ort vor ihrer Ankunft unbewohnt gewesen war. In diesem Punkt gelangten der gesunde Menschenverstand und die Geschichtsbücher der alten
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