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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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Huhn!«, rief Robi. »Gibt es noch mehr davon? Wir könnten eine Zucht aufmachen. Seine Eier müssen faustgroß sein!«
    »Nein tschip tschip ham ham«, beeilte sich Erbrow, sie zu korrigieren.
    »Das ist kein …«, wollte Yorsh sagen, doch es war zu spät.
    Der Aufschrei der Phönixhenne fuhr durch die ganze Bucht wie ein mörderischer Dolchstich aus eisigem Hass. Die Muschelsammler schreckten hoch und unterbrachen ihre Tätigkeit. Die Krebsjäger hoben verwundert die Köpfe vom Wasser und versuchten zu begreifen, was los war. Sogar Moron erschrak und hüpfte vom Felsen des Blöden Orks herunter. In der Ferne, auf der anderen Seite der Bucht, wieherten und scheuten die Tiere der kleinen Pferdekoppel von Erbrow. Von dem Dorf Arstrid stiegen drei Rauchspiralen auf, das vereinbarte Zeichen, um zu fragen, ob Hilfe vonnöten war.
    Während er an seinen Herd stürzte, um Arstrid mit zwei Rauchspiralen und einem Wölkchen dazwischen zu beruhigen, bemerkte Yorsh aus den Augenwinkeln Flügelschlagen hinter sich. Sogar die Adler vom Felsenriff, die hoch droben lebten und einen mit festem Blick ansahen, zogen seltsamerweise plötzlich ihre Kreise tiefer herunten. Robi setzte Erbrow am Boden ab, damit sie zu ihrem Vater laufen konnte, während sie sich dem neuen Geschöpf zuwandte. Bewehrt mit all ihrem Mut und ihren wenigen Stöcken, waren die Bewohner von Erbrow herbeigeeilt.
    »Allerten essel?«, fragte Erbrow untröstlich.
    »Ja«, antwortete ihr Vater. »Ohne jeden Zweifel. Jetzt sitzen wir mit dem Allerwertesten mitten in den Nesseln, aber das ist keine Ausdruckweise für ein kleines Mädchen.«
     
    »Weib!«, zischte die Phönixhenne. »Wie kannst du es wagen, mich so anzureden? Ich, Weib, bin ein Phönix, die Zierde der Welt, die Krone der Schöpfung. Nicht nur bin ich eines der ältesten Geschöpfe der Welt, die Letzte meiner Art, zurückgeblieben in einer elenden Welt voll armseliger Kreaturen, sondern unter den alten Geschöpfen bin ich das schönste, das es je gegeben hat, das anmutigste, das je erschaffen ward, an Glanz selbst die Sonne übertreffend. Mein Herr«, zischte sie, zu Yorsh gewandt noch, »ist dies vielleicht das Menschenwesen, mit welchem Ihr Eure ohnehin schon fragwürdige Existenz vermischt habt?«
    Yorsh holte tief Luft, um dem zu begegnen, was für ihn eine furchtbare Pein war, Unhöflichkeit. Er konnte nicht dulden, dass jemand es seiner Gemahlin gegenüber an Respekt fehlen ließ. Er holte einen Augenblick zu lang Luft. Robis Stimme ertönte sanft und endgültig.
    »Madame«, sagt sie zu der Phönixhenne, »ich habe nicht recht verstanden, wer Ihr seid, und vor allem nicht, wie Ihr Euch erlauben könnt, vor meinem Haus herumzuschnattern, aber ich rate Euch, in meiner Gegenwart achtungsvolles Schweigen zu bewahren. Eure Ähnlichkeit mit einem essbaren Federvieh ist zu groß, als dass Ihr Euch erlauben könntet, die eng gesteckten Grenzen meiner beschränkten Geduld noch weiter herauszufordern.«
    Die Phönixhenne verstummte. Erbrow atmete erleichtert auf, doch ihre Erleichterung endete sofort. Unmerklich, still und sanft wie der erste Herbstregen hatte die Klage der Phönixhenne eingesetzt, kein unerträgliches Gekreisch wie kurz zuvor, sondern ein leiser, eindringlicher Ton, der jeden Gedanken daran, dass dieser Schmerz jemals gestillt werden könnte, für immer zunichtemachte.
    »Madame, ich flehe Euch an, nehmt mein Leben, wenn es Euch gefällt, und verfahrt damit nach Eurem Gutdünken, doch verwirklicht nicht Eure Absicht, meinen Leib in Speise zu verwandeln. Ich, die letzte Angehörige einer Familie, deren Ursprünge bis an den Anbeginn der Schöpfung zurückreichen, möchte durch die Unwürdigkeit des Todes, den Ihr mir ankündigt, nicht die gesamte Sippe, die mich hervorbrachte, mit Schmach überziehen.«
    Auch Yorsh war wie versteinert. Zum ersten Mal in seinem ganzen Leben empfand er Groll auf Robi, die all diesen Schmerz verursacht hatte, doch sofort verscheuchte er ihn. Jetzt, da er nicht selbst Ursache des todtraurigen Gesangs des Phönix war, begriff er, wie grundlos und ungerecht der war, doch da war er der Einzige – außer Erbrow, die starrte die Phönixhenne empört, voller Wut und ohne eine Spur von Zärtlichkeit an. Die Einwohner von Erbrow aber rebellierten gegen Robi. Auf der kleinen Tischlein-Insel war Yorsh zu sehr damit beschäftigt gewesen, in Scham und Schuld zu versinken, um es zu bemerken, aber jetzt hatte er keinen Zweifel mehr, der Glanz auf dem Gefieder der

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