Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork
dahergelaufenen Weibsbild wegen ihres grässlichen Blags …
Robi war schon weit weg. Yorsh antwortete ihr.
»Madame«, sagte er seelenruhig, »wenn Ihr noch einmal wagen solltet, meine Tochter ein grässliches Blag zu nennen, dann landet Ihr am Spieß, das verspreche ich Euch, mit Rosmarin als Zutat und ein paar Pinienkernen als Füllung.«
»Rosmarin als Zutat und Pinienkerne als Füllung?«
»Für Goldbrassen passt das ganz vorzüglich«, sagte Yorsh ungerührt. »Meine kulinarischen Kenntnisse sind zwar beschränkt, aber mir scheint, das könnte auch für Euch gut passen.«
»Mein Herr«, sagte die Phönixhenne und schnappte nach Luft, »ich sehe Euch heute zum ersten Mal, doch scheint Ihr mir ganz unzweideutig ein Elf zu sein.«
»Ich bin ein Elf.«
»Elfen können nichts essen, was mit Denken begabt ist.«
»Genau, wenn jemand meine Tochter ein ›grässliches Blag‹ nennt, wäre das folglich keine Regelverletzung«, wies Yorsh sie zurecht. »Madame«, grüßte er sie schließlich mit einer kleine Verbeugung und ging dann auch schlafen.
Kapitel 11
Am Anfang meinte Erbrow, es sei alles in Ordnung.
Allmählich verliefen die Tage wieder ohne allzu große Bedrängnis. Man musste nur aufpassen, dass der Mann des Hasses nicht zu nah war und dass die Phönixhenne nicht gerade brannte, dann lief alles glatt.
Der Hass des Mannes wuchs von Tag zu Tag.
Erbrow fühlte, wie ihr Herz heftig pochte, sodass es ihr wehtat, wenn sie die schiefe Gestalt am Strand entlangschleichen sah und weder Papa noch Mama in der Nähe waren, um sie auf den Arm zu nehmen.
Wenn die Phönixhenne brannte, was mittlerweile fast täglich der Fall war, geschah etwas Seltsames mit ihr, sie konnte nicht weggehen. Sie fühlte, das wäre unhöflich gewesen, wie ihr Papa sagen würde. Sie fühlte, dass sie dableiben und zusehen musste. Außer dem scheußlichen Geruch nach verbranntem Fleisch lag in diesen Flammen eine eigenartige Mischung aus Groll und Wehmut, der sie keinen Namen zu geben wusste. Sie hatte das bestimmte Gefühl, das Einzige, was den Groll und die Wehmut der Phönixhenne beschwichtigen oder doch wenigstens nicht allzu sehr anfachen würde, sei die Anwesenheit eines Publikums.
Mama war aber nicht mehr verzweifelt, ja in ihrem Lächeln lag etwas, was früher nicht darin gewesen war.
Alles in allem ging es also gut.
Dann aber geschah etwas Schlimmes, und sie wusste nicht, was. Plötzlich veränderte Mama sich. Der Himmel war nach wie vor blau, das Meer nach wie vor ruhig, aber Mama trug eine neue Angst in sich, wie damals, als die Windhose das Dorf hinweggefegt hatte und das Meer sich in ein tobendes Ungeheuer verwandelt hatte.
Kapitel 12
Seit ihrer wechselvollen Reise von der Grafschaft Daligar bis an ihren Strand hatte Robi keine Visionen mehr gehabt. Damals hatten sie sie geleitet, hatten ihr in all den Wirren und Kämpfen die Gewissheit eines völlig unwahrscheinlichen Siegs gegeben, dann waren sie verschwunden. Beim letzten Mal hatte sie spielende Kinderhände gesehen; das hatte ihr die Sicherheit gegeben, dass Yorsh und sie heiraten und Kinder haben würden. Die Gesichter der Kinder hatte sie nicht gesehen, sie hatte nicht einmal gesehen, wie viele es waren. Die Vision war undeutlich, da waren nur Händchen und Spielzeug, sie schoben sich übereinander, um zu verschwinden und wiederzukehren. Das Spielzeug, das war ein völlig schiefer Kreisel, ein Pferdchen aus rohem Holz und dann die Puppe und das Schiffchen, die ihre Eltern für sie gemacht hatten, als sie klein war, und die Yorsh ihr mitgebracht hatte, als er sie endlich ausfindig gemacht und erkannt hatte. Sie wusste, dass Yorsh als Kind einen Kreisel und ein Holzpferdchen besessen hatte. Den Kreisel hatte sie einen Augenblick lang auch gesehen. Es war Spielzeug von sehr feiner Machart, in allen Blautönen bemalt. Der Verwaltungsrichter hatte ihn mit den Füßen zertreten, bei jener einzigen Begegnung, die sie mit ihm gehabt hatte. Das war, als Yorsh nach Daligar kam, um sie zu befreien, er ganz allein gegen eine Garnison Soldaten, unterstützt nur von den Gefängnisratten und zwei Deserteuren, Meliloto und Palladio. Das Holzpferdchen, vermutlich auch ein Stück elfischer Handarbeit, hatte Yorsh selbst verloren. Bei einem Niesen des Drachen, Erbrow des Älteren, war es ihm in den Vulkan gefallen, der die Brutgrotte erwärmte.
Als Erbrow auf die Welt kam, hatte Yorsh Solario gebeten, ihm ein Pferdchen und einen Kreisel zu schnitzen. Der Kreisel war asymmetrisch
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