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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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die Stelle.
    Da war eine alte Frau mit geflochtenen Zöpfen, die besah sich die Wabe und bot ihm eine Wurst dafür. Rankstrail fühlte, wie ihm eine Art Schauer über den Rücken lief, als ob er sich gleich prügeln wollte. Auf der Stelle vergaß er die Ermahnungen, alles sofort anzunehmen und zu gehen. Er antwortete nicht einmal. Er steckte die Wabe wieder in den Sack und drehte sich um.
    »Zwei«, schrie die Alte. »Geh nicht weg. Warte. Das ist keine besonders gute Wabe, sie ist auch ziemlich schmutzig, aber du siehst aus wie ein braver Junge. Zwei Würste. Nur weil du aussiehst wie ein braver Junge.«
    Rankstrail blieb stehen und tat so, als würde er nachdenken. Er reckte drei Finger hoch. Rankstrail kannte die Zahlen. Jahrelang hatte er bei allen Verhandlungen zugehört, was ihm das größte Vergnügen bereitete, viel mehr als jede Prinzessinnengeschichte und ihre heimlichen Unterhaltungen mit einem Frosch. Durch das Zuhören und Zuschauen hatte er auch gelernt, mit den Fingern zu zählen.
    Die Alte lachte sarkastisch. Sie war ebenfalls ein harter Knochen. Die Zöpfchen waren in einer Reihe von konzentrischen Kreisen ganz um ihren Kopf gelegt. Sie bot zwei Würste und drei Kartoffeln. Rankstrail schüttelte den Kopf. Er stellte den Sack ab und nahm alle zehn Finger zu Hilfe: zwei Würste und zehn Kartoffeln. Die Kartoffeln waren auf zwei Eimer verteilt, unterschieden nach großen und kleinen. Rankstrail zeigte mit dem Finger auf den Eimer mit den großen Kartoffeln. Sie einigten sich auf zwei Würste und sieben große Kartoffeln. Rankstrail musste sich beherrschen, um nicht laut aufzulachen. Zahlen waren für ihn genauso erregend wie Formen und Proportionen, und außerdem erschien ihm das Feilschen, jemanden in der Diskussion um den Preis herauszufordern, wie ein Duell, wie eine Art unblutige Schlacht, in der er endlich für Papa und Mama kämpfen konnte.
    Rankstrail kam mit den Würsten und den Kartoffeln nach Hause. Zum ersten Mal hatte er ganz allein etwas bewerkstelligt, hatte es in Verhandlungen mit einem Erwachsenen aufnehmen müssen und er hatte sich bewährt, hatte es geschafft, er war gut gewesen, aber wieder feierte ihn niemand. Von dem, was er mitgebracht hatte, gab es ein unendlich viel üppigeres Abendessen als gewöhnlich, aber er und seine Mutter teilten es schweigend, der Vater rührte nichts an. Er erklärte, er habe keinen Hunger, blieb sitzen und schnitzte an einer anderen Truhe, in der Hoffnung, dass ihm die jemand bezahlen würde.
    Der Abend brach herein und das kleine Haus füllte sich mit Nachbarinnen aus dem Viertel. Das waren Donna Cira, Donna Sabiria und sogar Donna Guzzaria, die Frau des Bäckers, die wohlhabendste Matrone im Äußeren Bezirk.
    »Süß, die Kleine«, sagte Donna Sabiria, sie hatte ein Stück blaues Seidenband mitgebracht.
    »Wirklich sehr süß«, bestätigte Donna Cira, die einen herzförmigen Anhänger aus Bein mitgebracht hatte, und sie sagte, er sei gut, um böse Träume und Frostbeulen abzuwehren.
    »Auf jeden Fall sieht sie besser aus als der Bruder, nicht wie ein Bär, hoffen wir, dass wenigstens sie rechtzeitig sprechen lernt, wie es sich gehört«, kommentierte die Bäckersfrau, die nichts mitgebracht hatte.
    Nachdem Donna Guzzaria ihre Zuhörerinnen ausführlich darüber informiert hatte, was für ein Prachtstück ihr Sohn doch sei und wie glücklich das – natürlich mit Schönheit und einer angemessenen Mitgift ausgestattete – Mädchen wäre, das ihn früher oder später heiraten würde, erzählten die drei auch von der Freude und der Verzweiflung im Hause des Sire Erktor. Alles war bereit gewesen für das Fest, Wein und Marzipan sollten verteilt werden, doch dann wurde alles mit einem Schlag abgebrochen und verwandelte sich in eine Totenwache. Donna Guzzaria wusste wie immer alles. Vorsichtshalber nur flüsternd, erzählte sie auch die letzten Gerüchte weiter.
    »Nicht zufällig hat der Todesengel das Haus von Sire Erktor heimgesucht. Die Leute sagen, es sei vorbei mit dem Frieden. Die Elfen sind zurück. Das müssen sie gewesen sein. Das können nur sie gewesen sein. Jetzt, wo die Endlosen Regenfälle überall aufhören und man wieder anfangen könnte, einigermaßen zu leben … da kommen die Elfen wieder, die Wurzel allen Übels. Sie haben einen Schwanz. Ich habe gehört, sie vergiften das Brunnenwasser und bringen die Pest, wisst ihr, wenn die Menschen alle auf einmal sterben. Nachts gehen sie umher und fressen die Seelen der unbehüteten Kinder

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