Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
Vom Netzwerk:
Kämpe und einen Krug Bier.
    Yorsh weckte Meliloto und Palladio und eröffnete ihnen fröhlich, dass sich ihr Opfergang erübrigt habe. Sie brauchten nicht mehr in die Igelstadt zu gehen und Gefängnis oder Galgen zu riskieren, um den Zorn des Verwaltungsrichters auf Yorsh anzustacheln.
    Er hatte sich seinen persönlichen Verräter von zu Hause mitgebracht und das konnte sowohl in logistischer als auch in organisatorischer Hinsicht von Vorteil sein.
    Moron würde dafür sorgen, dass alle in der Grafschaft verfügbaren Soldaten auf ihn gehetzt wurden.

Kapitel 20
    Hauptmann Rankstrail fluchte.
    Es war ein verhaltener Fluch, der in den leisen Geräuschen des Frühlingsmorgens unterging, ohne sie zu stören. Eine leichte Brise wehte und bewegte das frische Laub an den Zweigen. Rankstrail konnte es nicht sehen, aber er hörte das Rauschen.
    Der Hauptmann fluchte noch einmal. Hätten die Götter auch nur einen Bruchteil dessen gehört, was er ihnen wünschte und sie aufforderte zu tun, sie hätten wahrscheinlich den Blitz auf ihn geschleudert, aber sie hörten ja nie zu.
    Den ganzen nicht enden wollenden Monat Februar hindurch hatte er sich dahingeschleppt, Tag für Tag, Nacht für Nacht, Schritt für Schritt, von einer Agonie in die nächste fallend, und hatte gebetet. Eines der wenigen Dinge, die ihm dabei aufgingen, war, dass die Götter blind und taub waren oder doch nur sehr beschränktes Interesse an den Angelegenheiten der Menschenwesen und an der Unterhaltung mit ihnen hatten. In diesem sich endlos hinziehenden Monat März war er dazu übergegangen, die Götter zu beschimpfen, aber sie schienen von seinen Flüchen ebenso wenig beeindruckt wie von seinen Gebeten.
    Der Hauptmann streckte sich.
    Es wunderte ihn, dass er nichts zu tun hatte.
    Das war seit Jahren nicht mehr vorgekommen, und wenn, hatte es nie lang gedauert. Ohne Einteilung hing die Zeit reglos in der Luft. Das Einzige, was der Morgen brachte, war das Warten auf den Abend. Und mit dem Aufgehen der Sterne begann das Warten auf den Morgen.
    Das Einzige, was seine Tage ausfüllte, waren die Erinnerungen und sein unausgesetztes Wühlen darin, was von allen Tätigkeiten diejenige war, die er am liebsten vermieden hätte, dennoch kehrte er sinnlos und in dumpfer Selbstquälerei immer wieder dazu zurück.
    Da war die Erinnerung an die Verwundeten, die er hatte zurücklassen müssen. Er hatte seinen Leuten Befehl gegeben, die eigenen Kameraden zu töten, wenn er es nicht selbst getan hatte, damit sie den Orks nicht lebend in die Hände fielen.
    Da war die Erinnerung an die Kinder, die er nicht vor den Pfeilen hatte schützen können, die über die Frauen und Kinder auf den Karren herfielen wie ein Schwarm Bremsen über zertretene Trauben am Boden.
    Da war die Erinnerung an den Henker.
    Jetzt hatte auch er ihn kennengelernt.
    Aus unbekannten Gründen war der Hauptmann dem Henker übergeben worden. Er wurde in ein Verlies gesperrt, und in wenigen, sehr langen Stunden erfuhr er, was absoluter Schmerz ist, eine Erfahrung, die ihm bis zu diesem Zeitpunkt unbekannt gewesen war und auf die er auch gern verzichtet hätte. Er erkannte, dass die Wahrnehmung des Ich und der Welt, die Wahrnehmung des Ich in der Welt sozusagen, dadurch für immer verändert wurde. Diese Veränderung war nicht zum Besseren und sie war endgültig.
    In gewissem Sinn war es eine wohlmeinende Begegnung gewesen, nicht nur weil sie zeitlich begrenzt war, sondern vor allem weil nichts an ihm verstümmelt wurde. Alles, was zurückblieb, waren die Spuren von glühenden Zangen am oberen Brustkorb und an den Schultern.
    Der Verwaltungsrichter höchstpersönlich, in karmesinroten Brokat gekleidet, führte den Vorsitz und setzte ihm lang und breit auseinander, dass er ihn nicht hasste, ja, ihn ganz im Gegenteil immer sehr geliebt habe, nicht nur mit der väterlichen Liebe, die er all seinen Soldaten entgegenbrachte, sondern mit einem ganz speziellen und viel größeren Wohlwollen. Es schmerzte ihn, ihm Schmerzen zuzufügen, wenn Rankstrail ihm die Wiederholung verzeihen wollte.
    »Ich will dich nicht töten, verstehst du, ich will nur sichergehen, dass ich dich gebrochen habe«, versicherte er ihm freundlich, und im Stillen wünschte sich Rankstrail, er möge bald bemerken, dass ihm das schon gelungen war, und für seinen Schlächter einen anderen Zeitvertreib suchen. Er verstand nun Lisentrails gesenkten und schiefen Blick beim Anblick des Henkers, sein gemeines kleines Lachen.
    Der Richter fuhr fort.

Weitere Kostenlose Bücher