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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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Aus purer Liebe hatte er ihn in die Hände des Henkers gegeben, um ihn davor zu bewahren, womöglich vorschnelle oder unbedachte Entscheidungen zu treffen.
    Nicht die Entscheidung zum Ungehorsam, das mochten die Götter verhüten, daran war ja gar nicht zu denken, aber die schwerwiegende Entscheidung, sich in seinen Handlungen nicht strikt auf die Ausführung von Befehlen zu beschränken, ohne jeden Zusatz und ohne jede Änderung.
    Aus Liebe hatte der Richter ihn dem Henker in die Hände gegeben. Um sicher zu sein, dass der Hauptmann ihn liebte.
    Von allen Albernheiten, die der Hauptmann in seinem kurzen, aber bewegten Leben je gehört hatte, erschien ihm das anfänglich die kolossalste, doch dann fielen ihm wieder die jungen Adeligen ein, die ihn einmal einen Tag lang als Leibwächter für die Prinzessin Aurora engagiert hatten.
    Er erinnerte sich daran, wie sich bei der bloßen Erwähnung des Verwaltungsrichters absoluter Schrecken und völlige Unterwerfung in ihren Blicken abzeichneten.
    Er dachte daran, mit welch bedingungsloser Treue Esel und geprügelte Hunde die Grausamkeiten ihres Herrn erwidern.
    Ihm wurde klar, dass der Richter verrückt war, über alle Maßen verrückt, aber er nahm sich vor, sich stets daran zu erinnern, dass er nicht dumm war.
    Während sich der Schmerz für immer in seine Erinnerung eingrub, sodass er eins damit wurde, bemerkte der Hauptmann, wie stark die Ähnlichkeit zwischen dem Richter und Aurora war. Die Hände waren gleich, die Gesichtsform, das Kinn … die Augen nicht … das Lächeln auch nicht. Er fragte sich, ob ihn von nun an Auroras Gesicht an ihren Vater erinnern würde oder an die Zangen seines Henkers, doch noch während er sich das fragte, gab er sich selbst die Antwort: Das würde nie geschehen. Aurora war Aurora, und basta, und das würde immer so bleiben.
    Der Hauptmann überlegte sich, dass die Behandlung Wirkung zeigte. Seitdem er die glühenden Zangen ertragen hatte, waren in ihm eine ängstliche Feigheit und Scham zurückgeblieben, die anhielten, auch lange nachdem die Brandwunden verheilt waren und die Jacke sie wieder bedeckte. Wie ein geprügelter Hund wird ein gefolterter Mensch automatisch dazu neigen, Befehle auszuführen.
    Die Handlungen des Richters folgten einer klaren Logik, das musste er anerkennen.
    Jenseits der Gitterstäbe gurrten die Tauben und eine Wolke segelte durch das Blau des Frühlingshimmels.
    Der Hauptmann dachte, dass es interessant wäre zu erfahren, warum man ihn weiterhin in einer Zelle festhielt, aber dann war er sich nicht sicher, ob es ihn wirklich so brennend interessierte, das zu erfahren.
    Er war froh, dass seine Zelle eine von denen war, die eine Fensteröffnung ins Freie hatte, eine von denen, wo man, wenn auch in der Ferne und jenseits der Gitterstäbe, den Himmel sehen konnte.
    Er war sich nicht sicher, ob die Zelle ihm gehörte.
    Vielleicht gehörte er der Zelle.
    Er konnte nicht bestimmen, wer der Besitzer und wer der Besessene war. Aber seine Zelle war gut, man sah den Himmel, wenn auch weit jenseits der Gitterstäbe. Die Zahl der Ratten, mit denen er sie teilte, ließ sich ertragen. Nicht weit von der Stelle, wo er am Boden lag, flogen die Täuben. Es hätte schlimmer sein können.
    Der Hauptmann fragte sich, wie lang ein Mensch es in einer Zelle aushält, ehe sein Verstand anfängt nachzugeben, und es kam ihm der Verdacht, dass diese Frist kürzer sein könnte als die bereits verstrichene.
    Aber auch das war eine Tatsache, die von Tag zu Tag immer mehr an Bedeutung verlor.
    Der Hauptmann fluchte wieder, aber diesmal hatten die Götter ihn vielleicht gehört, denn die Wirklichkeit blieb nicht unverändert, sondern geriet plötzlich in Bewegung. Man hörte Stimmen, Befehle, Waffenlärm, Füßescharren, dazu das Klirren von Rüstungen, Quietschen von Angeln, Aufschieben von Riegeln, Türen, die aufgingen und wieder zugeschlagen wurden.
    Rankstrail hörte, wie einer nach dem anderen die vier Riegel beiseitegeschoben wurden, die die Tür zu seiner Zelle verschlossen. Während er sich noch fragte, ob es angezeigt wäre, vom Boden aufzustehen, sprang die Tür auf, und Argniòlo stand vor ihm, noch schöner und strahlender, als er ihn in Erinnerung hatte, in einer funkelnden Rüstung mit Goldverzierungen, vervollständigt durch einen Helm mit einem prächtigen bunten Federbusch, der ihm eine verblüffende Ähnlichkeit mit den Papageien in den Buden der Schausteller verlieh.
    Rankstrail fragte sich, wie er mit all dem Metall am

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