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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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galoppierenden Reiter, wie ein Lichtstrahl um ein Vielfaches stärker wird, wenn er von Spiegeln reflektiert wird. Er wusste, dass die anderen seinen Atem spürten, und er spürte den ihren. Er wusste, dass die anderen seinen Herzschlag spürten, und er spürte den ihren. Im Wind, der über die Kruppe der Pferde strich, machte sich eine Strömung breit, eine brennende Lunte, die Geist und Kräfte zusammenschmolz. Der Geist seines Pferdes, Enstriil, war eins mit dem seinen und mit dem der anderen Pferde. Ihre Hufe sprengten durch den Schlamm in Richtung Varil, ihre Mähnen flatterten wie Banner im Wind.
    Yorsh zückte sein Schwert, es leuchtete. Das geschah nicht zum ersten Mal. Sein Schwert wie die Krone, die Robi auf dem Kopf getragen hatte, als sie die Flüchtenden in die Dogon-Schlucht führte, fingen das Licht ein und warfen es verstärkt zurück, auf dass die Kämpfer in der Dunkelheit den Weg finden und Mut fassen sollten. Krone und Schwert waren dazu gemacht, denjenigen, die sie verloren hatten, Mut und Zuversicht zurückzugeben.
    Nichts würde sie mehr aufhalten können, ihn und seine Truppe von Ausgestoßenen und Hungerleidern, die sich nun in ein Heer unbesiegbarer Krieger verwandelt hatte. Zum letzten Mal litt die Stadt Varil Schrecken und Schmerz. Die Leichte Kavallerie von Daligar rückte heran, unaufhaltsam. Yorsh sah sich um. Rankstrail, der Hauptmann, war dicht hinter ihm. Sein Leutnant folgte ihm etwas weiter rechts. Sie waren ein Geist und eine Seele.
    Mit Willenskraft steckte Yorsh die von der Sommerhitze verdörrten Grasnaben in Brand, von denen die Reisfelder gesäumt waren. Es entstanden schmale und sehr lange Feuerbänder, vom Widerschein im Wasser verdoppelt, sodass seine Leute sich an den Feuerlinien orientieren konnten, die auf die Stadt zuliefen und die Befestigungen erkennen ließen, die das feindliche Heer zum Schutz gegen einen unwahrscheinlichen Angriff aus Daligar errichtet hatte.
    In diesem Augenblick trat zwischen den Wolken riesengroß der Mond hervor und erhellte die Ebene. Tausende von Reihern, die den Spießen der Orks noch entgangen waren, flatterten auf, wenn sie vorüberkamen, mit langsamem Schlag ihrer Flügel, die im Mondlicht glänzten. Die Hufe der Pferde und ihr Widerschein im Wasser sprengten gemeinsam voran und trafen bei jedem Schritt in einem Wirbel von Schlammspritzern und Wassertropfen zusammen, worin sich der goldene Widerschein des Feuers und das kalte Licht des Mondes vermischten. Die Armee des Menschengeschlechts war auf dem Weg, sich die Welt zurückzuerobern, die den Menschen gehörte.
    Im flackernden Licht der Feuerbänder wurden die Palisadenzäune der Orks sichtbar; besteckt mit Lanzen- und Pfeilspitzen hoben sie sich vor dem schwarzen Himmel und den Sternen ab. Nicht einmal Yorsh mit seinen scharfen Elfenaugen hatte die abgeschlagenen Köpfe gesehen, die auf die höchsten Pfähle gesteckt waren. Er hatte nur einen schwachen Anflug von Schmerz verspürt, den er nicht von dem der leidenden Stadt hatte unterscheiden können. Er hatte sie nicht gesehen, die im letzten Schrei verzerrten Münder und die Klumpen von Blut in den Haaren, die in der leichten Brise der Sommernacht wehten.
    Jetzt sah er es, und seine Männer mit ihm. Yorsh fühlte das Grauen und den Schmerz. Etliche erkannten Väter und Brüder wieder. Einige erkannten ihre Söhne.
    Wer dieses makabre Schauspiel aufgebaut hatte, um etwaige, unwahrscheinliche Helfer abzuschrecken, hatte keine Ahnung davon, was die Wut der Menschen ist, wie mächtig sie anschwellen kann, wozu sie werden kann.
    »JETZT!«, schrie Rankstrail.
    »Jetzt! … Jetzt! … Jetzt! …«, wiederholte seine Armee einstimmig.
    Der Schrei erschallte im Dunkel, machtvoll und wild wie ein Brüllen, flog über die Ebene, über Flammen und Rauch hinweg, hallte wider jenseits der Feuersbrünste.
    »JETZT!«
    In der belagerten Stadt antworteten die Hörner mit kurzem, tiefem Schall.
     
    Die Palisadenzäune waren hastig und schlampig zusammengebaut worden. Die Anführer der Orks mussten ihre Errichtung für eine reine Formsache gehalten haben, so sicher waren sie sich, dass kein Heer, keine Armee, dass nichts und niemand von der Igelstadt herkommen würde, um der Reiherstadt zu Hilfe zu eilen.
    Mit scharfem Auge machte Yorsh diejenigen Stellen aus, wo die Pfähle weniger dicht standen, sodass man mit Pferden hindurchkommen konnte, und wo die Pfähle zu hoch waren, um im Galopp darüber hinwegzusetzen, konnte der junge Elf dem Sprung mit

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