Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork
unter Beweis zu stellen und uns Ruhm und Ehre zu verdienen.«
»Ihr seid schlecht informiert. Die Ziele eines Soldaten sind zu hoch gesteckt, als dass er auf Kleinigkeiten wie den Glanz des eigenen Namens achten könnte. Ziel eines Soldaten ist es, die Orks aufzuhalten, und jeder Augenblick, der nicht darauf verwendet wird, sie zu bekämpfen und zu töten, ist ein Verbrechen, denn er macht uns zu Komplizen der Verbrechen, die wir hätten verhindern können und nicht verhindert haben. Aufgabe eines Soldaten ist es, Wiesen und Felder zurückzuerobern, damit Kühe weiden können und die Viehhirten nicht ausgeraubt und getötet werden. Aufgabe eines Soldaten ist es zu kämpfen, damit die Bauern etwas anbauen können und den Boden dafür haben.
Die Stadt ist von Orks umzingelt und die Zeit der höfischen Kriegführung ist vorbei.
Man kämpft nicht für die persönliche Ehre. Von allen denkbaren Tätigkeiten ist der Krieg vermutlich die am wenigsten ehrenvolle. Ehre liegt nur im Sterben und Kämpfen dafür, dass der Krieg aufhört und es nie wieder nötig ist, einen zu führen. Ehre liegt darin, zu begreifen, wann man Krieg führen muss, und aufzuhören, sobald man aufhören kann.
Wir werden hinausziehen und siegen. Das Heer wird den Feind von Norden her angreifen und die Dörfer und Gehöfte in den Reisfeldern befreien. Die Bewohner bringen wir in die Zitadelle. Ihre Siedlungen sind zu schwer zu schützen, und wenn die Felder erst einmal überflutet sind, ist ohnehin keine Landwirtschaft möglich. Jedes Stück Vieh bis herunter zum letzten Huhn muss vor dem Abend innerhalb der Stadtmauern sein. Sämtliche Schreiner sollen sich unverzüglich an die Arbeit machen. Die Tore der äußeren Stadtmauern müssen bis morgen wieder aufgerichtet sein …«
»Das ist unmöglich«, wandte jemand ein. »Ich bin sicher, dass die Schreiner das schaffen; und ich bin mir auch sicher, dass die Schmiede in den paar Stunden bis zum Sonnenaufgang die Pfeile fabrizieren werden, die wir benötigen. Unterdessen zeigt allen Frauen, die kräftig genug sind, wie man einen Bogen benutzt. Meine Schwester wird Euch dabei helfen, Prinz Erik. Sie versteht zu kämpfen und sie wird es den anderen besser beibringen können als jeder Mann. Die Frauen beziehen auf den Festungswällen Position, so ist die Stadt nicht ungeschützt, wenn wir in die Ebene hinausziehen. Sie werden vielleicht nicht perfekt zielen, da sie kaum Übung haben, aber ihre Zahl macht es und das ist auch nützlich für uns.«
»Ihr wollt doch wohl nicht die Frauen kämpfen lassen?«
»Es wird jeder kämpfen, der dazu imstande ist.«
»Sicher, warum nicht?«, fragte Paolk außer sich. »Warum setzen wir dann nicht gleich Alte und Kinder ein, lassen sie Steine werfen und siedendes Wasser hinuntergießen?«
»Gute Idee, wir werden auch das tun«, erwiderte der Hauptmann, ohne eine Miene zu verziehen.
»Müssen wir dann auch Harnische aus Leder mit Eisenbeschlägen tragen wie Ihr und … die Orks?«, fragte eine Stimme.
»Sicher«, antwortete Rankstrail, »aus zwei Gründen. Oder genauer, wenn ich es recht bedenke, aus drei Gründen. Wir wie die Orks tragen diese Harnische, weil sie einen nicht in der Bewegungsfreiheit einschränken. Sie sind so leicht, dass man stundenlang marschieren kann, ohne zu ermüden. Der zweite Grund ist, sie glänzen nicht in der Sonne, bilden daher keine Zielscheibe für Pfeile und werden auch nicht glühend heiß. Der dritte Grund, ich mag keine Harnische mit Gold- und Silberverzierungen. Das macht den Eindruck, als wäre der Krieg eine Art Fest, und das ist eine Vorstellung, die nur der Orks würdig ist. Hat sonst noch jemand Fragen?«
Keiner hatte mehr Fragen.
Prinz Erik versicherte Rankstrail, dass er mit seinem Leben für die Sicherheit der herrlichen Dame garantiere, deren Mut und Tapferkeit ihresgleichen nur hatten in den Heldentaten der Herrscherinnen von einst. Der Hauptmann brauchte ein paar Augenblicke, bis er begriff, von welcher Dame da die Rede war, so unwahrscheinlich kam es ihm vor, dass dieser Ausdruck auf seine Schwester Fiamma angewendet werden könne. Aus den Augenwinkeln sah er, wie sie ihre roten Waschfrauenhände in den Falten ihres Rockes versteckte, dann sah er, wie sie den Kopf schüttelte und sie wieder hervorholte, vor sich verschränkte, wo jeder sie sehen konnte, während ihre Blicke und die des Prinzen Erik sich begegneten.
Nachdem er die notwendigen Befehle erteilt hatte, damit die Anordnungen des Hauptmanns
Weitere Kostenlose Bücher