Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork
kämpfend sterben, um die Orks aufzuhalten und der noch freien Welt Zeit zu geben, sich zu rüsten und zum Gegenangriff überzugehen. Alle würden sterben, bis zum letzten Kind, bis zum letzten räudigen Hund, bis zum letzten verlausten Huhn, aber sie würden nicht ohne Widerstand sterben und so lang kämpfen, wie sie konnten.
Ihr geliebtes Töchterchen und das Kind, das sie im Schoß trug, würden mit ihr sterben, und der Stamm der Elfen würde ebenso ausgelöscht sein wie der Arduins. Das war das Ende, aber es war nicht das Ende von Feiglingen. Sie hatten keine Wahl, ob sie leben oder sterben wollten, aber sie konnten entscheiden, ob sie als Menschen sterben wollten oder wie die Fliegen, die mit einer Handbewegung ausgelöscht werden an einem Sommerabend. Jeder abgeschossene Pfeil, jeder getötete, verletzte oder irgendwie aufgehaltene Ork wäre ein gewonnener Tag. Und nicht nur Zeit würden sie der Menschenwelt schenken, sondern auch Mut und Vertrauen. An den Lagerfeuern, auf den Schlachtfeldern, in den Nächten ohne Mond, wenn der Glaube wankend und ein schmerzloser Tod zur unwiderstehlichen Versuchung wird, da würde man von Daligar erzählen, der Stadt, die kämpfend gestorben war, Straßenzug um Straßenzug, Haus für Haus, Mann für Mann, und der Mut würde aufleben und die Hoffnung wiederauferstehen.
Robi riss sich los, stieg die Treppe hinunter zum Thronsaal. Das Kind in ihr regte sich und gerührt blieb sie einen Augenblick stehen. Seit Yorshs Tod geschah das zum ersten Mal. Tränen traten ihr in die Augen.
Vielleicht war doch nicht alles verloren. Vielleicht gab es ja eine Vorsehung, die wollte, dass dieses Kind geboren wurde.
Jastrin versuchte tapfer, einer Reihe von Jungs und Mädchen den Mut einzuflößen, den er selbst nicht hatte, und erzählte ihnen die Geschichte von Arduin, wie er gegen die Orks kämpfte, wobei auf einen seiner Soldaten zehn Orks kamen, nein, zwanzig, dreißig, hundertzehn … und er hatte sie alle in einer einzigen Schlacht vernichtet, wie wenn der Wind die Spreu auseinandertreibt. Robi unterbrach ihn in seiner Erzählung und befahl mit ruhiger Stimme, sie sollten sofort aufstehen, alle, und jeden, der nur halbwegs imstande war, eine Waffe in der Hand zu halten, in die Waffenkammer führen. Der Befehl der Königin von Daligar, der Erbin Arduins, war, alles zu verteilen, was zu verteilen war. Alle zusammenzutrommeln. Auch die Frauen. Auch die Kinder. Denn Schlimmeres als das, was die Orks anrichten würden, wenn sie die Stadt einnahmen, konnte ihnen nicht passieren. Wenn gestorben werden musste, so sollte jeder, der es wollte, das Recht haben, mit der Waffe in der Hand zu sterben. Sie gab auch Befehl, schleunigst zum Brunnen zu gehen und alle verfügbaren Töpfe, Krüge, Fässer und Eimer mit Wasser zu füllen und an jeden eine Feldflasche mit sauberem Wasser auszugeben, damit zumindest für die ersten Tage der Durst gebannt war. »Die ersten Tage«, wiederholte sie bedächtig. Daligar würde nicht bei Anbruch des nächsten Tages sterben.
Sofort schwärmten die Kinder in alle Winkel der Stadt aus. Während Robi sich in ihre Gemächer begab, um nach Erbrow zu sehen und nachzudenken, hörte sie, wie ihre Befehle von Mund zu Mund weitergegeben wurden, und sah, wie die Fackeln angezündet wurden. Die Stadt belebte sich und schöpfte neuen Mut.
Dieselben Befehle erteilte sie den vier Soldaten, die vor dem Kleinen Thronsaal Wache hielten, eigentlich bloß aus Gewohnheit, denn da war ja niemand mehr zu bewachen; auf ihre Lanzen gestützt, dösten sie, die Köpfe auf ihre verschränkten Arme gelegt. Sie fuhren hoch und sahen sie an. Während sie durch die riesigen Flügeltüren aus Holz und Eisen schritt, sah Robi noch, dass sie sich, zwar nicht sofort, aber doch auf den Weg machten. Wenigstens hatten sie wieder wen, der ihnen Befehle gab. Jemand mit einem Plan, einer Idee, jemand, der die Verantwortung übernahm und Entscheidungen traf.
»Wir haben einen Kommandanten.«
»Es ist eine Frau.«
»Besser als nichts.«
»Außerdem schwanger.«
»Besser als nichts.«
»Schwanger von einem Elfen obendrein. Die Gesuchte, das ist sie, die Frau des Elfen. Und wir haben sie als Kommandanten akzeptiert.«
»Man wird bescheiden, wenn die Orks vor der Tür stehen. Und überhaupt, wenn sie von einem Elfen schwanger ist, ist das nur von Vorteil.«
»Von Vorteil? Aber sind die Elfen denn nicht schreckliche Schurken?«
»Sie sind niederträchtig und infam, aber sie können eine Menge
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