Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork
aufstehen. Sie sah Parzia, die Mutter, deren Kind sie gerettet hatte.
»Meine Herrin«, sagte die empört zu ihr, »warum habt Ihr nicht gerufen? Warum habt Ihr mich nicht rufen lassen? Ihr hättet nur dem Hofmeister des Königlichen Hauses Bescheid zu sagen brauchen … Das könnt Ihr nicht allein … Jetzt bin ich da … Wisst Ihr, das ist mein Beruf … ich bin Hebamme … Zum Glück hat der Hauptmann mich rufen lassen … Ihr wisst schon, der, der aussieht wie ein Bär …«
Rosalba war erleichtert. Wie immer war ihr das Normalste von der Welt, nämlich Hilfe zu holen, nicht in den Sinn gekommen. Sie musste sich daran erinnern, dass die eingefleischte Gewohnheit, sich immer nur auf sich selbst zu verlassen, ihr auch zum Verhängnis werden könnte.
Die Hebamme gab ihr einen Tee aus Kamillenblüten und Honig zu trinken, der sie auf der Stelle wieder zu Kräften brachte, oder vielleicht war das auch nur, weil sie nicht mehr allein war. Kamille und Honig. Das musste sie sich merken, für dann, wenn Erbrow ihr erstes Kind bekommen würde. Lang spielte sie mit diesem beruhigenden Gedanken. Erbrow würde heranwachsen und ein Kind bekommen und ihre Mutter würde ihr mit Rat und Tat zur Seite stehen. Sie und Erbrow würden nicht in der Belagerung von Daligar zugrunde gehen. Und auch Daligar würde nicht zugrunde gehen.
Sie würden es schaffen. Zwischen ihr und den Orks stand der Hauptmann.
Leise Geräusche drangen vom Hof herauf. Irgendjemand spielte mit ihrer Tochter. Eine Frau sang ihr ein Liedchen vor und die Kleine lachte.
»Es ist Euer zweites, nicht wahr?«, fing Parzia wieder an. »Ein hübsches Mädchen, Euer Töchterchen, wirklich hübsch … das hier kommt vor der Zeit? Einen Angriff auf die Orks zu reiten, empfiehlt sich da wirklich nicht. Wir sind Euch zu ewiger Dankbarkeit verpflichtet für das, was Ihr getan habt, Herrin. Nun, seht Ihr, werden die Götter Euch dafür mit einem wunderbaren Söhnchen belohnen. Jetzt solltet Ihr freilich ein wenig beten, meine Herrin, um sie Euch günstig zu stimmen …«
Rosalba hatte noch nie den Eindruck gehabt, dass der Götter an den menschlichen Angelegenheiten im Allgemeinen und an ihren eigenen im Speziellen sonderlich großes Interesse hatten, doch sie sparte sich jeden Kommentar zum Thema.
»… Männer sind geflohen und nur die Frauen sind zum Kämpfen zurückgeblieben …«
Offenbar hielt Parzia das ununterbrochene Gespräch, genauer, den ununterbrochenen Monolog, für einen festen Bestandteil ihrer Arbeit.
»Jetzt sind aber Männer da … Der Hauptmann, der aussieht wie ein Bär … er wird es schaffen, nicht wahr? Auch ohne Euch … Aber Ihr dürft Euch jetzt keine Sorgen machen … Auch die Schwägerin meiner Schwester hat ein Kind vor der Zeit bekommen, und ihr solltet sehen, was für ein prächtiges Kerlchen das jetzt ist … wenn es etwas früher kommt, umso besser, Ihr werdet sehen … auch die Kusine meiner Nachbarin und die Schwester meines Schwagers, wenn ich es recht bedenke … Macht Euch nur ja keine Sorgen, hier geht alles gut … Auch draußen geht alles gut, nicht wahr, Herrin?«, sagte sie plötzlich, wobei ihre Stimme leiser und unsicherer wurde. »Der Hauptmann wird es schaffen, nicht wahr, auch ohne Euch? Der aussieht wie ein Bär … Man sagt, der unterliegt nie, er war es, der Varil befreit hat, nicht wahr?«
Über den Schmerzen und dem Kamillentee hatte Rosalba die Schlacht völlig vergessen. Sollte Rankstrail nicht den Sieg erringen, wurde ihr Kind besser nicht geboren, das lohnte sich dann nicht.
»Aber was macht Ihr denn da? Ihr könnt nicht aufstehen … Ihr müsst liegen bleiben … So kommen die Kinder zur Welt … Meine Herrin … was macht Ihr denn? Ihr dürft das nicht!«
Jetzt, da sie wieder die Kraft dazu hatte, war Rosalba aufgestanden. Auf den Beinen fühlte sie sich wohler. Als Erbrow zur Welt kam, hatte Yorsh versichert, dass die Natur und das Universum immer sinnvollen Linien folgten, daher war die Position, die für sie am bequemsten war, bestimmt auch die, in der alles am leichtesten ging. Außerdem fand sie es unerträglich, auf dem Rücken zu liegen, es raubte ihr die Kraft und schnitt ihr den Atem ab. Sie war in Schweiß gebadet. Gefolgt von den Protesten der Hebamme trat sie aus ihrem Zimmer in die warme Luft hinaus, wo eine leichte Brise wehte.
Unter ihr in der Ebene von Daligar tobte die Schlacht.
Hauptmann Rankstrail hatte noch einmal die feindlichen Linien durchbrochen und von oben sah Robi ihn mit
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