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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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auf der Stelle.
    »Bei der Truppe gibt es den seltsamen Brauch, Befehle auszuführen, werte Dame«, gab er ihr eisig Bescheid.
    »Ach nein, wirklich?«, frage Aurora in höflich interessiertem Tonfall. »Wirklich? Wessen Befehle denn? Von jedem Dahergelaufenen im Harnisch? Wenn man sich allerdings auf die Befehle des eigenen Vorgesetzten beschränken sollte, so darf ich Euch daran erinnern, dass Ihr weder mein Kommandant noch mein König seid. Ich habe die Absicht, mein Lebtag lang nur die Befehle dessen zu befolgen, den ich mir als Kommandanten oder Herrscher ausgesucht habe, in diesem Fall die Königin von Daligar, die mir befohlen hat, jetzt hier zur Stelle zu sein. Ich will nicht ausschließen, dass ich bereit sein könnte, Weisungen eines Ehemannes zu befolgen, falls ich denn eines Tages einen haben sollte. Wenn es Euch irgendwie tröstlich sein kann, ich habe mich sogar den Befehlen meines Vaters widersetzt, der, wenn mich die Erinnerung nicht trügt, immerhin imstande war, Euch den einen oder anderen Befehl zu erteilen.«
    Rankstrail geriet fast ins Wanken. Die Tatsache, dass diese Aussage zutraf, machte sie zu einer noch weitaus schlimmeren Demütigung als jede Beschimpfung.
    »Herrin«, sagte Rankstrail immer ruhiger und eisiger, »ich habe Euch soeben das Leben gerettet.«
    »Ich habe Euer Leben gerettet«, erwiderte Aurora mit ebensolcher Freundlichkeit.
    »Nun, Herrin, ein nützliches Leben, das meine, aber nicht unverzichtbar. Um hierherzukommen und mir die unbezweifelbare Höflichkeit zu erweisen, mich zu retten, habt Ihr die Stadt, wo die Königin und ihre Kinder sind, ohne Schutz zurückgelassen. Die Orks, das kann ich Euch versichern, weil ich sie seit Jahren bekämpfe, sind nicht dumm und verfügen über herausragende strategische Fähigkeiten. Schwimmer, die absolut in der Lage sind, den Fluss ungesehen zu durchqueren, weil sie die ganze Strecke unter Wasser bleiben.«
    Diesmal war es Aurora, die erbleichte und fast schwankte, als ob sie einen Schlag bekommen hätte.
    Rankstrail gab Auroras Bogenschützen und seinen paar Männern, die herbeigeeilt waren, Befehl, auf der Stelle in die Stadt zurückzukehren.

Kapitel 14
    Erbrow saß am Boden, versteckt hinter einem schweren Vorhang in dem üblichen, verhassten Rot, das hier überall vorherrschte. Sie rührte sich nicht, damit man sie nicht wegschickte. Sie hielt ihr Wolfsjunges im Arm, das eingeschlafen war, und versteckt hielt sie sich seinetwegen.
    Parzia hatte den kleinen Wolf schon dabei erwischt, wie er auf den kostbaren Marmorboden pieselte, und hatte gedroht, ihn im Garten festzubinden, wenn er ihr noch einmal unter die Augen käme.
    Mama war ganz dicht bei ihr, gleich hinter der Tür, die nur angelehnt war, damit etwas Luft in die halb abgedunkelten Räume kam, während draußen die Sonne brütete. Durch alle Räume hallte das Schreien des ersten Brüderchens.
    »Es sind zwei, Herrin«, sagte die Hebamme. »Da ist noch ein zweites.«
    Für Erbrow gab es keinen Zweifel: Das Holzpferdchen war für das zuerst geborene Brüderchen, dessen Herz immer kräftig und gut hörbar gepocht hatte und dessen Geschrei jetzt durchdringend und laut durch die weiten Säle schallte. Der Kreisel war für das zweite.
    »Der hier ist weniger kräftig als der Erste, er ist sehr klein«, sagte die Hebamme besorgt. Kein Schreien war zu hören.
    Das Herz des kleineren Brüderchens schlug immer schneller und schwächer. Auch wenn man sie aus dem Raum verbannt hatte, verspürte Erbrow einen ganz besonderen Schmerz, den sie nicht zu benennen wusste, der aber ganz ähnlich war wie das, was sie empfunden hatte, als sie damals ins Wasser gefallen war, bevor sie begriff, dass sie sich vorstellen musste, ein Fisch zu sein. Oder als die Erinnyen ihr die Luft abschnitten.
    Sie hörte, wie die Hebamme Anweisungen gab, man möge ihr zwei Eimer bringen, einen mit heißem und einen mit kaltem Wasser, und sie hörte Leute eilig hin und her laufen.
    »Aber was macht Ihr denn da?«, fragte ihre Mama. »So ertränkt Ihr es ja! Warum taucht Ihr es in kaltes und heißes Wasser? So stirbt es doch! Es ist tot, nicht wahr? Es ist tot auf die Welt gekommen? Es schreit nicht, weil es tot ist, nicht wahr?«
    Das kleinere Brüderchen hatte Angst, diese ganz besondere Angst, die man hat, wenn man keine Luft bekommt. Das ist eine schreckliche Angst, die auch ein sehr kleines Kind empfinden kann, oder etwas noch Kleineres als ein sehr kleines Kind, wie zum Beispiel ein Seestern an einem Strand

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