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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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zu urteilen, musste ihr Adler auch ein guter Krieger sein.
    Erbrow rannte weiter durch den Garten. Sie hätte gern geweint, aber sie wusste, dass Mama das nicht wollte.
    »Wir sind da, Herrin!«, riefen zwei Stimmen. »Wir kommen. Wir retten Euch.«
    Erbrow war bei dem großen Tor angelangt, das den Garten verschloss. Sie blieb stehen. Wenn sie nicht verschnaufte, würde ihr Herz zerspringen wie ein Ei, das zu Boden fällt. An das Tor gelehnt und ihr Wolfsjunges im Arm, das ihr in diesem Augenblick so schwer vorkam wie ein Felsbrocken, drehte das Mädchen sich um. Ihre Mutter stand oben an der Treppe, sie hatte nur das Nachtkleid an und Papas Schwert in der Hand. Auch diesmal war Blut am Schwert, und wieder fragte sich Erbrow, ob sie wohl je wieder Omeletts darauf würden braten können, wenn es ihnen gelingen sollte, nach Hause zurückzukehren, an den Strand. Auch auf Mamas Kleid war Blut, und Erbrow verspürte eine andere Angst als die, dass die Orks sie einholen könnten. Es war die Angst, dass auch Mama auf den Flügeln des Drachen davonfliegen könnte. Die beiden Alten, die in diesem Palast wohnten, waren herbeigeeilt, um Mama zu helfen; sie hatten sich mit Schwertern bewaffnet, aber auch so schien keiner von beiden ein großer Krieger zu sein. Ein Ork, der hinter Mama stand, erhob seine Axt über ihr, und der sympathische Alte, der, der Kakerlaken und Grillen mit Honig für sie karamellisierte, trat dazwischen und konnte den Schlag abwehren, aber sein Schwert zerbrach, und er konnte sich nicht mehr retten, als der Ork auf ihn losging. Erbrow sah ihn fallen, während sich sein Gewand mit lauter Öl- und Honigflecken darauf ganz mit Blut durchtränkte. Der andere Alte, der lange, der immer mit Mama stritt, trat mit seinem Schwert dazwischen, und das gab ihrer Mama Gelegenheit, sich aus dem Gemenge zu lösen und zu ihr zu laufen.
    Mama umarmte sie nicht, wie sie gehofft hatte, beugte sich nicht einmal zu ihr herunter. Sie schob den schweren Riegel am Tor beiseite, und mit einer Anstrengung, die ihr ein Stöhnen entlockte, stieß sie das riesige Tor auf.
    »Raus hier, Kind, sofort!«, rief sie ihr keuchend zu.
    Erbrow trat aus dem schattigen Garten in das gleißende Licht der Straße.
    Dröhnend schlug Mama das Tor hinter ihr zu und verriegelte es. Erbrow stellte sich die Hand ihrer Mutter vor, diejenige, die nicht das blutige Schwert hielt, wie sie den riesigen Riegel vor das wuchtige Tor schob, das nun zwischen ihnen lag.
    »Lauf!«, rief ihre Mama ihr von jenseits des Tores noch nach. »Lauf weg, weg von hier!«
    Erbrow fing an zu weinen, aber sie gehorchte. Sie suchte jemanden, den sie um Hilfe hätte bitten können, aber auf der Straße waren nur sie und ihr Schatten, der unter der senkrecht stehenden Sonne ganz klein unter ihr zusammengeschrumpft war. Sie lief abwärts, denn irgendwohin musste sie ja laufen und abwärts war weniger anstrengend als die andere Richtung.
    Sie lief bis zu der Biegung, wo die Straße in die Wehrgänge mündete, und da hob sie den Blick. Die Zugbrücke war herabgelassen und einer nach dem anderen jagten im Galopp zwei Krieger herein: Sie erkannte Aurora auf ihrem rauchfarbenen Pferd und den Mann, der ihr das Wolfsjunge geschenkt hatte, auf dem Pferd, das Papa gehört hatte. Hinter ihnen kamen noch mehr Reiter und das, was aussah wie ein Hund. Die Reiter preschten in die Stadt und das Getrappel ihrer Hufe drang zu ihr und wurde immer lauter, sie konnte also sicher sein, dass sie näher kamen, auch wenn sie sie noch nicht sehen konnten, weil Balkone, Terrassen und Taubenhäuser den Blick versperrten. Zwei Orks, die als Letzte noch aus dem Garten flohen, schwangen sich an Glyzinienzweigen über die Mauer und landeten behende wie die Katzen mit einem Satz auf der Straße. Die Kriegsmasken waren aus Federn und Tierzähnen zusammengesetzt wie bei Fabeltieren in bösen Träumen.
    Erbrow rannte weiter abwärts, aber die Orks holten sie ein. Wieder ertönte hinter ihr Angkeels rauer Schrei und wieder hatte sie Zeit davonzulaufen. Das Pferdegetrappel war mittlerweile ganz nah, die Reiter aber noch nicht in Sicht. Erbrow sah sich um. Einer der beiden Orks musste sich gegen Angkeel zur Wehr setzen, aber der andere stürzte sich auf sie. Erbrow fiel hin, schlug sich die Knie auf, fest drückte sie das Wolfsjunge an sich, das winselte. Ihr fiel wieder ein, was der Mann gesagt hatte, der es ihr geschenkt hatte, der, den sie Hauptmann nannten. Wenn ein Ork sie packen wollte, würde ihr Junges ihn

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