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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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nieder, die leise schwankte.
    »Ich glaube, das ist ein gutes Zeichen«, bemerkte Aurora. »Der Hauptmann braucht keine Hilfe mehr.«
    Ein Stöhnen erregte die Aufmerksamkeit der Herrscherin.
    Der Hofmeister des Königlichen Hauses war noch am Leben, würde es aber nicht mehr lange sein.
    Er versuchte, etwas zu sagen.
    Rosalba übergab Erbrow wieder Aurora, die lächelte; dann kniete Rosalba neben dem alten Herrn nieder. Der Seneschall tat desgleichen.
    »Danke«, sagte Rosalba, »Euer Mut hat mir das Leben gerettet.« Sie hatte Tränen in den Augen.
    Der alte Mann röchelte, aber er konnte noch sprechen.
    »Meine Herrin«, flüsterte er, »gewiss fragt Ihr Euch, warum ich eine Waffe zu führen weiß, ich, dessen Aufgabe doch bloß war, die Küchen zu beaufsichtigen und darauf zu achten, dass sich an den Decken und in den Winkeln keine Spinnweben bilden …«
    »Aber gewiss«, log Rosalba, »ich habe mich das gefragt und frage es mich noch. Ich habe nicht einen Augenblick aufgehört, mich das zu fragen.«
    Ein strahlendes Lächeln brach sich auf dem Gesicht des alten Mannes Bahn.
    »Ihr müsst nämlich wissen, Herrin … ich entstamme einem Geschlecht von Kriegern, aber wir haben unsere Ehre verloren, Herrin. Wir gehörten zu denen, die vor den Orks geflohen sind, als Daligar fiel und Sire Arduin es zurückerobern musste, und seitdem ist uns der Waffendienst versagt.«
    »Ich verstehe«, antwortete Rosalba.
    Seitdem sie das Kommando über die Stadt innehatte, hatte sie mehr als einen Menschen, von den Pfeilen der Orks durchbohrt, sterben gesehen, und keinen davon würde sie je vergessen. Viele waren junge Männer gewesen, sie hatten Kinder, die jetzt allein durch die Stadt gehen mussten, während sie das vorher an der Hand ihrer Väter getan hatten. Wenn sie nach einem Gefecht im Gefolge des Hauptmanns ein herrenloses Pferd sah, konnte sie sich immer an das Gesicht seines Reiters erinnern. Jedes Mal glaubte sie, sie hätte ihr Herz so weit verhärtet, dass sie nicht mehr darunter litt, und jedes Mal musste sie feststellen, dass das unmöglich war. Doch der Schmerz über den Tod des Hofmeisters des Königlichen Hauses war anders.
    Der alte Mann, der die unvorstellbarsten Tiere beschafft hatte, um sie in schmackhafte Gerichte zu verwandeln, und sich bemüht hatte, die unwahrscheinlichsten Gegenstände in Spielsachen für Erbrow zu verwandeln, war etwas zwischen einem Freund und einem Großvater gewesen, den weder sie noch ihre Tochter je gehabt hatten.
    »Jetzt ist die Ehre Eures Geschlechts wiederhergestellt«, sagte Rosalba. »Ich kann Eure Tapferkeit bezeugen.«
    »Wisst Ihr, Herrin«, sagte der alte Mann noch, »jetzt, da meine Ehre wiederhergestellt ist, wird mir klar, dass mir an meiner Ehre als Krieger weniger liegt als an der, Euch ein Essen zu bereiten … ein gedeckter Tisch … ein Eintopf … ein Braten … darin liegt die wahre Ehre der Welt! Wisst Ihr, ich habe keine Kinder, und es ist, als ob Ihr … als ob Euer Töchterchen …«
    Der alte Mann konnte den Satz nicht beenden.
    »Ihr habt mein Leben gerettet«, sagte Rosalba.
    Der alte Mann starb. Rosalba schloss ihm die Augen.
    »D’achen«, sagte Erbrow sanft und leise. »Papa, D’achen.«
    »Verzeiht, Herrin«, schluchzte Parzia. »Die Kleine hatte mich vor den Orks gewarnt … ich habe ihr nicht geglaubt …«
    »Wir alle machen Fehler«, antwortete Rosalba halblaut und mit einem Kopfschütteln. »Gestern noch hätte ich Euch dafür hinrichten lassen. Doch allmählich begreife ich, dass wir alle Fehler machen. Auf meinen eigenen Befehl hin waren die Festung und die Stadt ohne Verteidigungsschutz. Die beiden Krieger, die mehr als jeder andere bereit waren, für mich und meine Kinder zu kämpfen, habe ich bedroht, beschimpft und beleidigt, und mit Gezeter, Beschimpfungen und falschen Befehlen habe ich es so weit gebracht, dass meine eigenen Kinder fast ohne jeden Schutz waren. Wir alle, und ich an erster Stelle, müssen wachsamer und klüger sein … müssen lernen zuzuhören, was die anderen sagen, wenn sie uns warnen, auch wenn wir uns selbst für die Einzigen halten, die etwas verstehen …«
    Rosalba stand auf. Sie sah sich dem Seneschall von Angesicht zu Angesicht gegenüber, der seinerseits in allerhöchster Verlegenheit mit den Tränen kämpfte.
    »Auch Ihr habt Euer Leben aufs Spiel gesetzt, um das meine zu retten«, musste sie erstaunt anerkennen.
    Sofort verging dem Seneschall jede Rührung und er sah sie mit empörtem Staunen über ihr

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