Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
Vom Netzwerk:
Reglosigkeit.
    »Vielleicht war er schüchtern«, bemerkte Rosalba, gereizt von dieser Unterhaltung und in der unbestimmten Hoffnung, sie zu beenden. »Die Müllerstocher im Dorf von Arstrid kam um vor Scham, wenn man nur das Wort an sie richtete. Arduin wird es gestört haben, sich in einer Statue oder sonst wie dargestellt zu sehen, er war halt ein bisschen schüchtern. Nein, er war zurückhaltend und, wie heißt das noch? Bescheiden! Ja, er war zurückhaltend und bescheiden.«
    Langes Schweigen. Rosalba atmete auf. Die Unterredung war beendet. Sie würde schlafen gehen können. Sie würde die Augen schließen und schlafen können.
    »Nein, nein, Tatsache ist, dass er … Er war nicht … er gehörte nicht dem Menschengeschlecht an, jedenfalls nicht dem Menschengeschlecht im engeren Sinn …«, fügte Aurora leise, fast flüsternd hinzu.
    Rosalba schreckte aus ihrer gelangweilten Zerstreutheit auf. Sie riss den Mund auf. Ihr Herz hüpfte.
    »Wirklich!«, rief sie begeistert. »Habe ich es doch gewusst!«, sagte sie triumphierend. »Ich habe es immer gewusst!«, wiederholte sie und sprang auf. »Auch Arduin war ein Halb-Elf. Wie meine Kinder! Ein Halb-Elf wie meine Kinder! Ich habe es ja schon immer gewusst!«
    Sie war wie ausgewechselt vor Begeisterung.
    Rankstrail war so reglos, als hätte man ihn einbalsamiert. Rosalba fragte sich, ob ihm womöglich etwas fehlte. Dann trat sie an die Brüstung und sog glücklich die kalte Nachtluft ein. Als sie sich zu Rankstrail und Aurora umwandte, überstrahlte ein Lächeln ihr Gesicht. Es war seit unvordenklichen Zeiten das erste Lächeln, das sie zeigte.
    Aurora schwieg eine Weile, dann fing sie langsam und mit leiser Stimme wieder an.
    »Arduin war kein Halb-Elf«, hauchte sie fast.
    »Aber Ihr habt doch gerade gesagt, dass er nicht ganz menschlich war!«, erwiderte die Königin ärgerlich. Sie fand diese ständigen Andeutungen, diese nur zur Hälfte gegebenen Erklärungen unerträglich, bloß dazu da, sie, Rosalba, dumm aussehen zu lassen.
    »Ich habe gesagt, dass er nicht vollständig menschlich war, nicht, dass er ein Halb-Elf war«, erklärte Aurora geduldig.
    »Und wessen Blut hatte er noch in sich? Das eines Huhns vielleicht?«
    »Arduin war einer von ihnen«, entgegnete Aurora. »Er war ein Mong-hahul-Ork. Deshalb hat er sie niedergeworfen und vernichtet.« Aurora machte eine Pause. »Er wusste, wie man sie bekämpft. Er wusste, wo und wie er zuschlagen musste. Wie alle Orks hatte er vor nichts Angst. Schmerz fühlte er fast nicht. Der Tod war ihm gleichgültig. Nicht einmal, wenn der Oberste aller Dämonen aufgestiegen wäre aus den tiefsten Tiefen der Unterwelt, hätte ihn das beeindrucken können. Nichts und niemand hat ihn je bezwungen. Er war der größte Heerführer, den die Menschenwelt je gekannt hat, nach den Elfenkönigen. Einsam, verzweifelt, hellsichtig und unbesiegbar. Seine Wut war rasend und er konnte grausam sein. Als die Targh-hail-Orks die Bauernfamilien im Hügelland niedergemetzelt und beinah die Verteidigung der Stadt durchbrochen hätten, verschonte Arduin nicht einen von ihnen. Nach beendetem Angriff war die Ebene von hier bis zu den Dunklen Bergen vollkommen übersät von Hellebarden mit den abgeschlagenen Köpfen darauf. Monatelang zehrten nicht nur die Adler von dem, was von den Gesichtern der Targh-hails übrig war, sondern auch die Möwen. Deshalb sind die Möwen den Dogon hinauf bis nach Daligar gekommen; bis dahin hatte es sie nur am Meer gegeben. Monatelang hat man in Daligar nur Adler und Möwen gegessen, weil in der Ebene mit den auf Piken steckenden Köpfen nichts angebaut werden konnte, doch keiner wagte es, sie anzurühren, bevor Arduin nicht den Befehl dazu gab, und den gab er nie.«
    Aurora schwieg. Rosalba hatte es die Stimme verschlagen oder vielleicht hätte sie schon Stimme gehabt, aber ihr fehlten die Worte. Sie bekam keine Luft, und einen Augenblick lang hatte sie das Gefühl, dass ihr das Blut stockte, und sie wankte. Glücklicherweise konnte Rankstrail, der plötzlich aus seiner Versteinerung aufgewacht war, sie stützen. Er geleitete sie weg von der Brüstung und ließ sie sicher auf dem Podest von Karolus dem Dritten niedersitzen, dem Karolus, der weniger als eine Woche regiert hatte und den das Schicksal nun endlich auch zu etwas nütze sein ließ.
    »Das ist eine Lüge«, sagte Rosalba schließlich. »Weder ich noch meine Kinder haben Ork-Blut in den Adern. Das ist lächerlich und auch dumm.« Sie stand auf und sagte

Weitere Kostenlose Bücher