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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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schreiben, Herr, und wie Ihr auf die Wurfmaschinen der Orks losgegangen seid. Die künftigen Generationen in den kommenden Jahrhunderten werden von Eurer Geschichte wissen und werden sie erzählen, wenn sie Mut brauchen, weil sie ihrerseits belagert oder besiegt werden.«
    »Ich bin gerührt!«, entgegnete Lisentrail mit einem Kopfnicken. »Mein Name ist Lisentrail. Mein Pferd heißt Goldschwanz, wenn das von Interesse ist. Und auch mein Harnisch schimmert.«
    Überglücklich lief der Junge davon. Auf seinem Weg tönte die Stimme des Hauptmanns hinter ihm her: »Es war dein Großvater, der mir das Schreiben beigebracht hat.«
    Wie vom Blitz getroffen, blieb der Junge stehen, drehte sich um und sah ihn an, die Augen weit aufgerissen und die Hände vor den Mund geschlagen.
    »Es war dein Großvater, der mir das Schreiben beigebracht hat«, wiederholte Rankstrail. »Du siehst ihm ähnlich. Der Verrückte Schreiber. Seinen wahren Namen habe ich nicht gekannt.«
    »Primo, mein Herr. Er hieß Primo, wie ich.«
    »Ein schöner Name«, bemerkte der Hauptmann. Etwas Besseres war ihm nicht eingefallen. Als er so weit war, dass er dem Jungen die Worte seines Großvaters hätte wiederholen können – dass Schreiber und Ritter die edelsten Berufe seien, weil der eine von den Ungerechtigkeiten berichtet und der andere gegen sie zu Felde zieht –, war der Junge schon verschwunden.
    »Hieß dein Pferd nicht Mäuseschwanz?«, fragte er Lisentrail, nur um etwas zu sagen und den Kloß, der ihm in der Kehle saß, loszuwerden.
    »In hundert Jahren weiß das doch keiner mehr. Vielleicht hätten wir ihm auch sagen sollen, wer unser Vater war, so hätte er schreiben können: Lisentrail, Sohn von Giartrail oder Partrail oder sonst wem. In hundert Jahren weiß schließlich niemand mehr, dass man mich auch Lisentrail mit den vielen Vätern nennt.«
    »Wir haben ihm schon die Pferdenamen aufgebunden, das ist Prahlerei genug.«
    »Das war doch keine Prahlerei.«
    »Goldschwanz und Zecca, der Prächtige. Und wo sind denn unsere schimmernden Harnische?«
    »Die Rindersehnen, die unsere Harnische zusammenhalten, sind von den Orks, aber das Blut darauf ist unseres und das schimmert in der Sonne. Und jedes Pferd, das seinen Reiter in die Schlacht trägt, ist prächtig. Wer weiß, wer Arduin wirklich war?«, fragte Lisentrail noch. In der Dämmerung leuchteten die ersten Sterne, und ein paar Schwalben, die der Grausamkeit der Orks und den kümmerlichen Spießen der Menschen entgangen waren, schwirrten noch umher. Im stillen Vergnügen darüber, noch am Leben zu sein, wurde Lisentrail philosophisch. »Ich habe noch nie darüber nachgedacht. Vielleicht war er ein Hungerleider wie wir, der Harnisch zusammengehalten von Rindersehnen. Die Annalen haben ihn dann mehr und mehr verherrlicht, und so ist der König des Lichts daraus geworden, der leuchtet wie eine Laterne. He, Hauptmann, ist dir aufgefallen, dass es in der ganzen Stadt keine einzige Statue von Arduin gibt? Er muss wohl auch ein Hungerleider von der Leichten Kavallerie gewesen sein, deshalb gibt es kein Denkmal. Wir wissen nicht einmal, wie er ausgesehen hat.«
    Rankstrail zuckte die Achseln. Es gab kaum etwas, was ihm weniger wichtig gewesen wäre als das Aussehen des Sire Arduin.
    Lang blieb er schweigend am Brunnenrand sitzen.
    Lisentrail holte aus seinem Quersack einen halben Brotlaib hervor, der noch übrig war von dem, was die Frauen der Stadt am Abend vor der Schlacht verteilt hatten. Er hatte auch etwas Knoblauch und Salz. Er teilte alles brüderlich mit dem Hauptmann.
    »Wenn wir auch noch Öl hätten, wäre es besser, aber auch so …«
    Rankstrail nickte. Sie aßen langsam, damit es länger vorhielt.
    Obwohl er keinen Schmerz mehr verspürte, ließ Rankstrail die verletzte Hand lange auf der gesunden liegen, sorgsam darauf bedacht, den weißen Leinenverband nicht zu beschmutzen, eine Umsicht, die er nie zuvor bei all den Verbänden seiner vielen Verwundungen hatte walten lassen.
    Es wurde Abend.
    Es wurde kalt.
    Rankstrail machte sich auf den Weg in die Gemächer der Königin, um für sich und seine Männer Befehle zu empfangen.

Kapitel 18
    Rosalba saß auf der äußeren Brüstung der Königsgalerie, gegenüber des großen steinernen Throns, der schräg in den Raum gerückt war. Die Nacht war etwas frisch, aber in ihrer Schwäche empfand sie sie als kalt. Rosalba zog den Mantel fester um sich und schmiegte sich hinein wie in ein Nest. Parzia wachte bei ihren schlafenden

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