Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork
»oder göttlichen Ursprungs.«
»Tatsächlich können wir das nicht ausschließen«, entgegnete Rankstrail. »Ich bin gekommen, um Euch zu bitten, die Söldner Arkry, Daverkail und Workrail von der Leichten Infanterie, gefallen im Dienst der Kavallerie, in der Krypta der Könige beisetzen zu dürfen.«
Rankstrail schwieg.
Auch die Königin brauchte ein Weilchen für ihre Antwort.
»Es wird für die Stadt eine Ehre sein«, antwortete sie entschieden. »Ruft den Seneschall und sagt ihm, er solle sich um die Beisetzung kümmern. Sie soll morgen früh stattfinden, für alle zusammen und mit großer Feierlichkeit. Zuerst aber zerteilt das Tuch, ich will, dass jeder der Toten ein Stück davon als Leichentuch bekommt.«
Rankstrail schüttelte den Kopf.
»Ich habe kein Schwert, Herrin«, sagte er und hob bedauernd die Arme.
»Ist dieses auch zerbrochen?«
»Leider ja, Herrin.«
Die Herrscherin sagte nichts weiter. Sie stand auf, das Kind noch immer im Arm, zog ihr langes, starkes Schwert mit den Efeuranken am Griff und schnitt aus dem Tuch, das Rankstrail ihr hinhielt, ein kleines Stück für Jastrin heraus. Den Rest gab sie dem Hauptmann.
»Papa«, sagte Erbrow wieder heiter.
Ihre Mutter beugte sich über sie und sah sie lange an. Eine kleine Menge war zusammengeströmt. Die Einwohner von Daligar waren gekommen, um Jastrin zu beweinen, den kleinen Jungen, der Alarm gegeben hatte und deswegen sterben musste. Viele beweinten ihre Toten. Viele beweinten die Söldner.
Die Königin betrachtete lange ihre Tochter, die noch einmal die zwei Silben wiederholte, dann richtete sie sich auf und wandte sich an den Hauptmann und die Menge.
»Brüder«, sagte sie laut und vernehmlich. »Schwestern, Volk von Daligar! Heute beweinen wir unsere Toten. Wir weinen um die, die nicht mehr unter uns sind und es nie wieder sein werden. Wir weinen heute aus Trauer, weil wir ohne sie leben müssen, aber wir bedauern sie nicht, denn sie sind nun auf der anderen Seite des Windes, wo es keinen Schmerz mehr gibt, nicht einmal die leise Trauer des Heimwehs. Die uns verlassen haben, sind im Reich des Todes nicht allein, denn alle unsere Vorfahren haben sie dort empfangen und getröstet, und wenn wir selbst auf die andere Seite des Windes hinübergehen, werden wir sie wiedersehen, sie erwarten uns auf endlosen Wiesen und unter grenzenlosen Himmeln, wo die Sterne auch bei Sonnenschein strahlen. Wir wollen nicht verzweifeln, wenn wir uns erinnern. Einmal im Jahr wollen wir an sie denken, am Jahrestag ihres Todes wollen wir an dem Ort, wo sie gelitten haben, Lichter anzünden und gemeinsam weinen über ihre Abwesenheit, denn der Verlust der Erinnerung ist die schlimmste Schande. Volk von Daligar, ich bin nur eine Frau, aber ich habe das Herz eines Königs. Ich habe mit euch und für euch gekämpft. Volk von Daligar, ich bin nur ein König, aber ich habe das Herz einer Mutter, und wer je die Hand gegen meine Kinder oder gegen mein Volk zu erheben wagt, den treffen mein Schwert und mein Zorn. Jedes Mal wenn mein Volk und meine Kinder weinen, weint mein Herz mit ihnen. Ich werde für meine Kinder und für Daligar kämpfen, sooft es nötig ist, und ich werde vor nichts zurückschrecken, wenn nur meine Kinder und mein Volk am Leben bleiben.«
Der Hauptmann hörte ihr schweigend zu. Die Königin-Hexe war ein großer Führer, das musste man ihr lassen. Ein geborener Führer. Oder nein, sie war es nach und nach geworden, Tag für Tag. Sie hatte alles in sich angesammelt, Mut, Erbarmen, Gerechtigkeit und Ungerechtigkeiten, Witz, Barbarei, Ahnungen und Fehler, sie hatte gelernt, ein Volk zu führen, es zu lieben und es zu beschützen in der Gefahr, ihm Mut zu geben in der Verzweiflung, es zu trösten in Leid und Tod. Ein großer König. Einer jener Könige, deren Andenken über Generationen hinweg lebendig bleibt und Mut gibt, wenn der Henker wiederkehrt.
Die einen hörten auf zu weinen, andere fingen an. Die Königin verneigte sich tief vor ihrem Volk und seinen Tränen, verabschiedete sich mit einem Nicken vom Hauptmann, dann wandte sie sich um und lief die Treppe hinauf, das Kind immer noch am Hals.
Kapitel 25
Die feierliche Beisetzung der Toten hatte stattgefunden.
Die Welt kehrte zur Normalität zurück.
Händler zogen wieder ihres Wegs.
Gaukler ließen sich wieder blicken.
Sogar die Taschendiebe hatten sich wieder in Erinnerung gebracht.
Hühner scharrten in den Straßen und an allen Straßenecken schossen Verkaufsstände für Fladenbrot
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