Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork
groß. Auf dem Kopf trug er eine Krone, bestehend aus Metallplatten, die von einem schmalen, nicht polierten Goldreif zusammengehalten waren. Am Leib trug er einen Harnisch aus Eisen- und Lederplatten, der bis zu den Knien reichte, wo die Beinschienen aus Metall begannen; an der Seite trug er einen Schild mit Eisenbeschlägen in Form von übereinandergelegten Klauen. In Händen hielt er ein Schwert von mindestens vier Fuß Länge, dazu kam noch der Knauf von etwa zwanzig Zoll aus Metall und Stein, um die Wucht des Schlags noch weiter zu erhöhen, ein Schwert, das nur mit beiden Händen zu führen war. Der Knauf und der obere Teil der Klinge waren von einer feinen Schicht Gold überzogen.
Keinerlei Reliefs, Edelsteinverzierungen oder sonstige Schnörkel. Nur Stein und Stahl. Und eine feine Schicht Gold zur Erinnerung an Sehnsucht und Schmerz.
Reglos und undurchdringlich stand Aurora da.
Die Königin-Hexe wandte sich an den Seneschall und befahl ihm, eine Statue von Arduin anfertigen und an den Anfang der Königsgalerie setzen zu lassen. Sieben Fuß hoch und mit einem Brandmal auf der rechten Wange.
»Was machen wir mit dem Gesicht, Herrin? Wir wissen doch nicht, wie er ausgesehen hat«, wandte der Seneschall ein.
Langes Schweigen trat ein, durchbrochen nur vom Schrei der Möwen. Die Herrscherin wandte sich kurz um und warf dem Seneschall einen schiefen Blick zu.
»Nach dem Harnisch und den Waffen zu schließen, bestimmt nicht wie ein Elf«, antwortete sie trocken.
Dann trat sie zum Sarkophag. Sie kniete nieder. Sie streckte die Hand aus und strich über die Krone und das, was vom Gesicht übrig war, in einer langen, langsamen Liebkosung. Aus der Ferne hörte man Kinderlachen und Hühnergegacker. Obwohl sie stark war, kostete es sie doch beträchtliche Mühe, das Schwert aus den Händen des Kriegers zu nehmen und hochzuheben. Sie stand auf. Sie reinigte das Schwert von Erdreich und Staub, indem sie die Klinge am Saum ihres Mantels abwischte. Der Stahl war unversehrt und blank. Die Königin sprach langsam, betonte jedes Wort einzeln und machte lange Pausen zwischen den Sätzen.
»Ehre sei Arduin«, sagte sie. »Seine Königskrone möge ihn begleiten ins Reich der Toten. Seine Waffe aber nehmen wir zu uns, weil immer noch Gefahr droht. Solange die Menschenwelt umzingelt ist, muss sie kämpfen. Der Hauch von Arduins Geist ist im Wind, ist unter uns, sein Schwert soll in unseren Händen sein. Solange wir es halten, denken wir an unseren unbesiegbaren König und wissen, dass uns niemals irgendjemand vernichten kann.«
Rosalba erhob das Schwert über ihren Kopf. Es war außerordentlich schwer.
»Ihr könnt den Sarkophag schließen«, befahl die Königin dann und setzte die Schwertspitze auf den Boden.
Es hochzuhalten, wenn auch nur kurz, hatte ihr den Schweiß auf die Stirn getrieben.
»Herrin«, bemerkte der Seneschall, »dieses Schwert ist zu schwer für Euch!«
Rosalba sah ihn an und lächelte.
»Alles ist möglich auf dieser Welt, sogar dass ich ausnahmsweise einmal einverstanden bin mit Euch«, entgegnete die Königin. »Das Schwert des Sire Arduin ist zu schwer für mich. Nicht ich werde es tragen. Varil ist der östliche Vorposten, die erste Verteidigungsbastion.«
Mühsam wandte Rosalba sich zu Rankstrail um. Sie setzte die Spitze des Schwerts zwischen ihnen auf den Boden und hielt ihm den Knauf hin.
»Hauptmann«, sagte sie zu ihm. »Das nächste Mal, wenn Ihr die Menschenwelt und meine Kinder verteidigt, wäre es mir lieber, Ihr hättet ein Schwert in Händen, das nicht zerbricht.«
Sie sahen sich an. Rosalbas Ton wurde wieder barsch.
»Du hast den Drachen getötet. Er war mein Freund, er war der Bruder meines Gemahls. Er war großartig. Aber du hast meine Kinder gerettet. Wenn eines Tages dein Horn erschallt, werde ich für dich kämpfen, ebenso wie meine Nachkommen. Und ich weiß, dass du kommst, wenn mein Horn erschallt.«
Rankstrail sah ihr lang in die Augen, dann kniete er nieder. Es war das erste Mal in seinem Leben, dass er vor jemandem niederkniete. Er hatte seinen Vater nicht um seinen Segen gebeten, als er zum ersten Mal von Varil aufbrach. Er wäre bereit gewesen, vor Yorsh niederzuknien, aber dazu hatten ihm das Schicksal und die verbrecherische Dummheit seiner Mörder keine Zeit gelassen. Jetzt kniete er vor der Mutter seiner Kinder nieder, vor der Königin-Hexe von Daligar. Unerschrocken war sie, wild, verzweifelt und einsam, manchmal grausam wie der große König vor ihr. Ohne
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