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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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Gedanke, es war der an ihr Zuhause. Sie spielte mit dem Gedanken ans Meer. Sie sah die langsam heranrollenden langen Wellen der Herbstabende, die Winterstürme, die Sommergewitter, wenn das Wasser steil wie eine Wand vor einem stand und sich auf mörderischen Brechern Hagel und Gischt vermischten. Die Erinnerung an den lang gezogenen Strand, der wie ein ausgestreckter Drachen zwischen den beiden Felsvorsprüngen dalag, war tröstlich für sie.
    Sie wollte nach Hause.
    Ihr Zuhause, das sie gemeinsam mit Yorsh aufgebaut hatte.
    Sie würde durch den Sand laufen und Yorshs Spuren suchen und nicht finden, aber da wären die Spuren ihrer Kinder. Sie wollte, dass sie in dem Haus aufwüchsen, das sie und Yorsh zusammen erbaut hatten, Steine und Muscheln aufeinandeschichtend und Treibholz, das vom Meer angeschwemmt wurde.
    Sie rief den Seneschall und schickte ihn, Aurora holen zu gehen. Es dauerte eine Weile, dann endlich erinnerte sich jemand, dass die Dame von Daligar ihren Tag gern auf den östlichen Wehrgängen ausklingen ließ, die Blicke in die Ferne gerichtet, von wo der Dogon kam, ein schimmerndes Band im letzten Licht des Sonnenuntergangs.
    Mit ihrem leichten Schritt kam Aurora heran. Sie trug ein taubengraues Kleid, wie immer wenn sie in den Verbandsstationen tätig war. Es war ein einfaches Kleid, fast wie das einer Frau aus dem Volk, doch auch so gestattete Aurora sich wie stets ihre kompliziert geflochtenen und akkurat gelegten Zöpfe, die mit Goldfäden und winzigen Perlen durchwirkt waren. Robi fragte sich, ob jemals irgendwer sie mit aufgelöstem oder wirrem Haar gesehen hatte. Das wäre auf jeden Fall einen Eintrag in die Annalen wert gewesen.
    Auf dem Steinthron sitzend, kündigte die Herrscherin von Daligar Aurora ihre Absicht an fortzugehen. Sie würde nach Erbrow, in die Drachenstadt, zurückkehren samt ihren Kindern. Rankstrail würde Varil schützen, Dame Aurora kam die Herrschaft in Daligar zu.
    Rosalba schloss die Augen und lehnte sich zurück. Das war geschafft. Hier war es zu Ende. Noch ein paar Tage, und sie würde das Rauschen des Meeres hören, das sie in ihren nicht enden wollenden schlaflosen Nächten begleitete.
    Sie fühlte einen Funken von Freude in ihrer sonst ganz verdüsterten Seele aufglimmen. Sie brauchte nur die Reihe von gerührten Danksagungen Auroras abzuwarten und mit einem anmutigen Lächeln zu quittieren, dann wäre sie frei.
    Die Zeit verging. Da in der Stille außer dem ständigen Hühnergegacker im Hof nichts zu hören war, entschloss sich Rosalba, die Augen zu öffnen. Aurora stand wie üblich reglos und undurchdringlich da. Keine Regung von Freude erhellte ihr Gesicht, ja, im Halbschatten hatte Robi sogar den Eindruck, dass ihre Augen düsterer waren als sonst.
    »Ich fürchte, Herrin, dieser Plan ist nicht zu verwirklichen«, sagte sie schließlich.
    »Nicht zu verwirklichen?«, wiederholte Rosalba.
    »Nicht zu verwirklichen«, bestätigte Aurora.
    Die Königin fühlte, wie sich Wut in ihrer müden Seele regte. Früher oder später würde ja der Tag kommen, da sie mit Aurora sprechen konnte, ohne den Impuls zu verspüren, sie zu erwürgen, aber dieser war es nicht.
    »Meine Herrin«, begann Aurora zu erklären. »Ich bin die Tochter meines Vaters, des Verwaltungsrichters, des Mannes, der Eure Eltern hängen ließ und Euren Gemahl tötete wie einen tollwütigen Hund. Er ist verrückt und krank und feige obendrein. Solange Ihr auf diesem Thron sitzt, werden weder er noch einer der Aasgeier, die ihn auf seiner Flucht begleitet und Daligar den Orks ausgeliefert haben, sich zu rühren wagen. An dem verhängnisvollen Tag allerdings, an dem ich Euch an der Spitze der Stadt ablösen sollte, werden mein Vater und sein ganzer Hofstaat hier auftauchen und sie für sich beanspruchen. Alle werden sich an mich erinnern als das brave kleine Mädchen, das« Jawohl »sagt, und ich müsste mit Feuer und Eisen unter Beweis stellen, dass dieses Mädchen auf immer verschwunden ist. So verhasst mein Vater mir ist, so gut ich all seine Verbrechen kenne, möge es mir dennoch erspart bleiben, die Waffen gegen mein eigen Blut erheben zu müssen. Nicht nur müsste ich, wenn ich das täte, in Abgründe blicken, die ich lieber vergessen möchte, sondern, was wichtiger ist, ich würde die Stadt damit in einen Bruderkrieg hineinzerren, der auch das noch zerstörte, was sich vor den Orks retten ließ.«
    Rosalba war wie versteinert. Anzuerkennen, dass Auroras Überlegungen begründet, ja, mehr als

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