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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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sie die Toten begruben, nahmen sie ihnen ihre vielen Waffen, die wenigen Habseligkeiten und die Masken ab und betrachteten sie. Sie hatten Allerweltsgesichter, nichts, worin sie Dämonen oder Geschöpfen der Unterwelt geglichen hätten. Dem Anführer und ein paar seiner Leute fehlten Zähne und Finger.
    »He!«, rief Trakrail. »Das waren Söldner.«
    Lisentrail nickte mit einem Brummen.
    »Wenn der Sold nicht kommt, bleibt nur der Hunger. Wenn der Hunger alles beherrscht, bleibt nur der Diebstahl. Wenn der Diebstahl begangen ist, bleibt nur der Henker, und wenn du weißt, dass der Henker auf dich wartet, bleibt nur die Flucht. Wenn du auf der Flucht bist und alle dich hassen, fängst du deinerseits an, alle zu hassen, und dann bist du ein Bandit oder ein Dämon geworden.«
    Die Söldner zerschnitten die Masken, um ihre Harnische damit zu flicken oder sich Schulterstücke daraus zu machen. Die eine oder andere steckten sie oben auf Pfähle aus zerbrochenen Hellebarden und stellten diese rings um das Gehöft und im Obstgarten auf, zum Zeichen des Siegs und zur Abschreckung.
    Lisentrail sammelte die Harnische der Räuber ein, und die besten Stücke daraus zusammenfügend, machte er einen Harnisch für Rankstrail: Die Tierhäute an seinem waren mit Blut getränkt und würden bald anfangen zu stinken, man würde ihn schon meilenweit gegen den Wind riechen und das würde wohl auch das Vergnügen an seiner Gesellschaft beeinträchtigen.
    Auch mit einem normalen Harnisch wurde Rankstrails Ähnlichkeit mit einem Bären nicht geringer, dafür sorgten seine Statur und die üppigen Haare, die ihm in die Augen fielen, der Beiname blieb ihm erhalten.
    Nachdem die Toten begraben waren, legte Rankstrail den Wachturnus fest.
    Fiel der Führer einer Einheit, musste eigentlich der älteste Krieger das Kommando übernehmen, aber die Alten Kämpen waren einer schlapper als der andere. Die einzigen Verdienste, die sie in diesen Rang befördert hatten, waren hündischer Gehorsam und ein nicht zu überbietender Mangel an Unternehmungsgeist, der sie sogar vom Stehlen abgehalten hatte. Beide Eigenschaften waren aber unvereinbar mit der Übernahme des Kommandos.
    Der Älteste wäre eigentlich Lisentrail gewesen, der auch besonnen, ruhig und beliebt war. Er war aber nicht in den Rang eines Alten Kämpen befördert worden, weil das nur denen vorbehalten war, die nie gestohlen hatten (oder sich nie hatten erwischen lassen), was für Lisentrail mit all seinen fehlenden Zähnen und Fingern ganz offensichtlich nicht zutraf.
    Im Zweifelsfall würden alle auch weiterhin das tun, was der Bär sagte.
    Rankstrail suchte den kleinen Obstgarten ab, bis er ganz oben in den Wipfeln, zwischen Blättern versteckt, noch die letzten Pfirsiche fand, die der Plünderung entgangen waren.
    Er kletterte hinauf, pflückte sie und verzehrte sie, auf einem Ast hockend wie ein großes Eichhörnchen, mit kleinen Bissen und langsam kauend, damit sie länger vorhielten.
     
    Am Abend wurde auch das restliche Brot aufgeteilt.
    Rankstrail hatte keinen Wachdienst und legte sich schlafen. Leichter Regen weckte ihn mitten in der Nacht, und erst in diesem Augenblick wurde ihm bewusst, dass er zum ersten Mal in seinem Leben einen Menschen getötet hatte.
    Er war müde und schlief wieder ein.
    Er verfiel in einen unruhigen Schlaf und hatte einen merkwürdigen, düster lastenden Traum voller Wolfsklauen.

Kapitel 7
    Die auf die Pfähle gesteckten Ledermasken kündeten vom Sieg über die Banditen; die Schäfer, die mit ihren mickrigen Herden die Gegend durchstreiften, verbreiteten die Nachricht.
    Binnen weniger Tage wusste man überall in der ganzen Umgebung Bescheid, und auf den staubigen Straßen setzte eine Prozession von Elendsgestalten ein, die aus allen Richtungen zu dem kleinen Teich strömten, um dort Zuflucht zu finden.
    Sie kamen mit ihren Kindern auf dem Arm, Schafe und Hühner bei sich, um sie nur ja nicht aus den Augen zu verlieren. Im Herzen trugen sie die Angst vor den Verbrechern, die sie ausgeplündert und ihre Not noch größer gemacht hatten. Ins Gesicht geschrieben stand ihnen aber auch die Furcht vor den Soldaten, die gekommen waren, die Verbrecher zu bekämpfen. Die Familienväter sahen mit Sorge die Hühner zwischen den Füßen der bewaffneten und verhungerten Soldaten herumpicken. Die Mütter hielten ihre Kinder fest an sich gedrückt.
    Rankstrail bat die Neuankömmlinge, einen Führer zu wählen und zu ihm zu schicken, dann würden sie miteinander

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