Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork
überallhin, denn es bestand keine Gefahr mehr, dass irgendwer Unfug machen könnte.
»He, Hauptmann«, sagte er fröhlich zu ihm, während sie, gefolgt von ihren Kühen, zwischen Myrten und Erdbeerbäumen und unter den Kastanien der Hochebene dahingingen, »du magst ja ein bisschen groß sein, schon eher sehr groß, aber schlecht aussehen tust du nicht und du hast keine Schrammen im Gesicht. Also, eine Frau könntest du schon finden.«
Kapitel 9
Vor Anbruch seines dritten Winters in Kastei Hohe Wacht wurde Rankstrail zum spindeldürren Gouverneur bestellt.
Die schriftliche Vorladung war für den nächsten Tag und kam in Form eines kleinen, zusammengerollten Pergaments; es wurde überbracht von einem der Palastdiener, der fast höflich an die massive Eichentür der Söldnerunterkunft klopfte. Der Schafstall war abgerissen und durch einen Bau aus Stein und Holz ersetzt worden, warm und trocken, mit einer mächtigen Feuerstelle in der Mitte, und alle Soldaten hatten eine eigene Liegestatt, bei der das Stroh jede Woche ausgewechselt wurde.
Hauptmann Rankstrail betrachtete das Schreiben mit einer Begeisterung, die an Rührung grenzte, sei es wegen seines offiziellen Charakters, sei es wegen der finanziellen Bedeutung. Anlass konnte ja nur die förmliche Anerkennung seines Rangs als Hauptmanns und die Auszahlung des ausstehenden Solds von mehr als einem Jahr sein, was ihm nach seinen Berechnungen erlauben würde, sich ein Schwert zu kaufen, das diesen Namen verdiente, und ein Pferd.
Er würde nach wie vor Söldner bleiben, aber die Kavallerie genoss einfach mehr Ansehen. Keiner riss einem beim ersten verschwundenen Huhn Zähne oder Finger aus. Söldner bei der Kavallerie wurden mit »Ihr« angeredet und auch sonst war ihr Schicksal ein anderes. Die Kavallerie wurde an die Grenzen der Bekannten Welt geschickt, um mit den Orks den genauen Grenzverlauf auszuhandeln, und dorthin würde Rankstrail gern gehen, weil er da auf die Welt gekommen war und weil er mit den Orks ein paar Rechnungen zu begleichen hatte.
Den Rest des Tages verbrachten die Söldner damit, sich alles Mögliche auszumalen, bis hin zu solchen Verstiegenheiten wie, sich ein Stück Land oder einen kleinen Weinberg anzuschaffen.
Rankstrail willigte ein, als der Geldverleiher vorschlug, ihm die Haare zu schneiden; er ließ sich auch erklären, wie man die Fingernägel säubert, und hörte sich Anweisungen dazu an, wie man Hals und Hände wäscht. Einen halben Tag lang blieb er im nächsten Teich im Wasser sitzen, um die dicke Schmutzschicht aufzuweichen, die sich in Jahren des Lagerlebens und der Märsche im ständigen Kontakt mit den Rindern auf seiner Haut gebildet hatte. Das Wasser war eisig, aber das störte ihn nicht und vernichtete durch Ersäufen über die Hälfte seiner stillen Begleiter.
Er war fast nicht wiederzuerkennen, als er am nächsten Morgen vorsichtig über den Markt ging, der nun täglich auf dem kleinen Platz vor dem Gouverneurspalast abgehalten wurde. Die Stände mit den Pyramiden von Orangen, mit Oliven, Butter und Käse hielten die wenigen trockenen Stellen besetzt, und man musste achtgeben, um nicht in die Pfützen zu treten.
Obwohl die Unterredung für den frühen Morgen festgesetzt war, wurde der junge Hauptmann erst bei Sonnenuntergang vorgelassen, nachdem er den ganzen Tag, an dem es ununterbrochen nieselte, vor den Pferdeställen gewartet hatte. Als er endlich über die Schwelle trat, war er völlig durchnässt und mit Schlamm besudelt wie ein Frosch, der eben aus seinem Tümpel hüpft. Kälte wie Nässe war er gewohnt, aber es störte ihn, dass er überall, wo er vorbeikam, eine triefnasse Spur hinterlassen musste, trotz all der Anstrengungen, die er gemacht hatte, um tadellos zu erscheinen.
Der Gouverneur erwartete ihn in einem riesigen, rechteckigen Saal, dessen Längsseite von einem derart großen Kamin eingenommen wurde, dass ein ganzer Baumstamm darin brannte. Es war erstickend heiß; so lief dem jungen Hauptmann nicht nur der Schlamm, sondern nun auch der Schweiß hinunter.
Der Gouverneur sah ihn erzürnt und mit wütendem Abscheu an, was die ohnehin schon beträchtliche einseitige Verzerrung seines Gesichts noch verstärkte, dann befahl er ihm, sich so fern wie möglich von ihm zu halten, also am Ende des Saales zu bleiben. In diesem Augenblick hörte es auf zu regnen und zaghafte Helligkeit breitete sich am Himmel aus. Jenseits der langen Reihe von Bogenfenstern sprang das leuchtende Grün des Orangenhains
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