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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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wie früher. Ich habe versucht, Widerstand zu leisten, als in der von den Unendlichen Regenfällen überschwemmten Welt der Wahnsinn um sich griff und man die Elfen anklagte, an allem Unheil schuld zu sein. Wärt Ihr wohl so freundlich und würdet den Verwaltungsrichter nicht wissen lassen, dass ich hier bin? Im Prinzip bin ich ja ein Feind von allen Halbheiten, aber in diesem Fall wäre es mir doch lieber, die Henker von Daligar würden ihr Werk nicht zu Ende bringen.«
    Auch Rankstrail brauchte eine Weile für seine Antwort. Noch nie hatte er von irgendjemandem etwas angenommen, außer manchmal ein paar getrocknete Feigen von Lisentrail, und er musste einige Male tief durchatmen, bevor er den Geldverleiher fragen konnte, ob er wohl so freundlich wäre, ihm einen halben Teller Bohnen anzubieten.
    Das war die erste in einer langen Reihe von gemeinsamen Mahlzeiten, die der junge Hauptmann am Ende jedes Mal bereute, und nie hätte er gedacht, dass man etwas, was mit Essbarem zwischen den Zähnen zu tun hatte, dermaßen bereuen könnte. Die Bohnen waren gut, mit Zwiebeln, Öl und auch einem Stück Schweinespeck gekocht, aber der Geldverleiher, einstiger Großkanzler der Grafschaft von Daligar, gestützt auf die Autorität seines Alters und seine Rolle als Gastgeber, plagte ihn mit den albernsten und unerträglichsten Forderungen. So zwang er ihn, statt mit dem Brot oder mit den Fingern zuzulangen, eine Art lächerliche, kleine Schöpfkelle zu verwenden, und erklärte, dass diese weder wie eine Keule noch wie ein Dolch angefasst werde. Auch ein Messerchen tauchte auf, und er wurde gezwungen, die Fleischstücke mit einer Art Miniaturheugabel festzuhalten und mit dem Messerchen zu schneiden.
    »Ein wohlerzogener Mensch benutzt Messer, Gabel und Löffel und rührt das Essen nie mit den Händen an.«
    »Ich bin ein Söldner.«
    »Das ist kein Grund, zu fressen wie ein Ork.«
    Der junge Hauptmann durfte auf dem lisch nur seinen Teller abstellen, niemals seine Ellbogen aufstützen und schon gar nicht die Füße darauflegen. Der Alte verlangte, dass er nicht hustete, während er trank, dass er den Kopf zur Seite wandte, wenn er nieste, und dass er sich nicht in die Hände schnäuzte und nie während des Essens.
    Was der Alte zu erzählen hatte, fesselte Rankstrail allerdings, und um ihm zuhören zu können, überwand er seinen Ärger und unterwarf sich so überflüssigen wie törichten Regeln, beim Essen gerade zu sitzen, den Kopf hoch und die Ellbogen angelegt zu halten, sich nicht zu oft zu kratzen, wenn er bei Tisch war, so zahl- und artenreich die Schar der Läuse auch sein mochte, die er mit sich herumtrug und die in der Nähe des wärmenden Feuers besonders munter wurden.
    Als der Hauptmann gereizt fragte, wozu all dieser Humbug gut sei, antwortete der Geldverleiher seelenruhig, an dem Tag, da er mit Botschaftern an einem Tisch werde speisen müssen, würde er sich nicht blamieren.
     
    Die Söldner waren nun eine ordentlich verpflegte Truppe, und wenn sie durch die Straßen zogen, wurden sie nicht mehr von Flüchen, Anklagen und Hass verfolgt. Hauptmann Rankstrail zog durch immer fernere Gegenden, beladen mit Gold oder an der Spitze immer größerer und besser genährter Herden, ohne dass je irgendjemand gewagt hätte, ihn anzugreifen. Er trug ungleiche Beinschienen und sein Harnisch war mehrfach geflickt, mit seiner Statur von fast sieben Fuß war er unverwechselbar, die schmutzigen Haare fielen ihm ins Gesicht und der Ruf von absoluter Unschlagbarkeit eilte ihm voraus. Er hatte die Banditen besiegt, weil er wie Sire Arduin immer wusste, wo er angreifen musste, wann er sich zurückziehen, wo sich verbergen und wann er zum Gegenangriff übergehen musste. Er war der Kommandant der Söldner, der seine Männer unschlagbar gemacht hatte, aber auch halbwegs gesittet und beinah beliebt. Jetzt war er gerade im Begriff, eine andere Schlacht zu gewinnen, die gegen den Hunger. Merkwürdige Gerüchte waren über ihn in Umlauf: dass er schreiben und, wenn er wolle, sich so kompliziert ausdrücken könne wie ein Großkanzler. Zog er mit seinen Männern vorüber, ergriffen Frauen und Mädchen die Flucht, wie sich das beim Vorbeimarsch von Söldnern schickt, aber hinter geschlossenen Fensterläden oder oben auf den Terrassen, im Schutz der Kletterpflanzen, wurde ihm so mancher lange Blick nachgeworfen, worum er sich allerdings nicht im Geringsten scherte.
    Der Gefreite Lisentrail aber bemerkte es, er folgte dem Hauptmann nun wieder

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