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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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etwas, was wir selbst verursacht haben, auch wenn das niemals unsere Absicht war? Man hat es nicht vorsätzlich getan und etwas Schreckliches ist geschehen, nicht wahr?«
    »Wollt Ihr sagen, Ihr habt versehentlich Eure Kleider schmutzig gemacht oder die Zöpfe sind Euch unter diesem Dings da … unter dieser Haube oder was immer das ist, herausgerutscht? Habt Ihr die Schaukel kaputt gemacht?«, sagte Rankstrail und setzte das wohlwollende Lächeln des verständnisvollen Erwachsenen auf, der ein Kind beruhigen will, das sich einen harmlosen Streich hat zuschulden kommen lassen. »So was kommt vor!«
    »Nein, Herr, ich will sagen, wenn man die Verantwortung für den Tod von jemandem hat, wenn jemand durch unsere Schuld getötet wurde.«
    Das Lächeln auf Rankstrails Gesicht erlosch. Wieder hatte er das Gefühl, sich auf Treibsand zu bewegen. Er dachte lang nach, bevor er noch einmal eine Antwort wagte.
    »Auf dem Hochfels droben habe ich einmal einen unerfahrenen Soldaten auf Patrouille geschickt. Ich war mir sicher, dass keine Gefahr bestand. Er wurde gefangen genommen, und ich musste seine Schreie hören, als er getötet wurde. Ich habe ihn nicht getötet, und es ist nicht gesagt, dass ein Soldat mit mehr Erfahrung besser davongekommen wäre. Durch seinen Tod konnte ich den Rest der Mannschaft vor einer sicheren Falle bewahren, das waren immerhin fünfzehn Mann. Und trotzdem, jeden Abend vor dem Einschlafen höre ich diese Schreie wieder. Ich glaube, das ist ein unreiner Schmerz. Wer ist der Mensch, für dessen Tod Ihr Euch verantwortlich fühlt, mein Fräulein?«
    »Der Kommandant der Wachen«, murmelte Aurora.
    »Und wie ist das gekommen, dass Ihr seinen Tod verursacht habt?«
    Aurora schluckte mehrmals verzweifelt. Ihre grünen Augen füllten sich mit Tränen, verloren sich aber nicht im Leeren.
    »Seine Frau war gekommen, um mir ihre Aufwartung zu machen. Sie trug eine goldene Halskette. Die war nicht einmal besonders schön, um ehrlich zu sein, aber ich hatte verstanden, dass ihr viel daran lag, denn unwillkürlich berührte sie sie unentwegt. Ich hatte verstanden, wie viel ihr daran lag und wie wichtig es für sie war, dass ich das bemerke, versteht Ihr? Seht Ihr, Herr, im Benehmen dieser Dame lag nicht nur der Wunsch, wie sonst bei den Damen, die mir ihre Aufwartung machen, dass ihre Kleider bemerkt werden, die besten, die sie besitzen, die oft Monate Arbeit und viele Opfer gekostet haben. Nein, da war der heftige Wunsch, dass ich diese Kette bemerke, versteht Ihr?«, fragte Aurora.
    »Ja sicher«, log Rankstrail.
    »Daher habe ich zu ihr gesagt, die Kette sei sehr schön, und sie war so glücklich darüber! Sie erzählte mir, diese Kette habe sie am Tag ihrer Hochzeit von ihren Eltern geschenkt bekommen. Ihr Gatte hatte ihr dann Anhänger in Form von Eicheln geschenkt, für jedes Kind einen. Ich habe wiederholt, dass ich sie wundervoll finde, und das stimmte auch, aber ich fand sie wundervoll an ihr. An ihr, versteht Ihr?«, fragte Aurora, deren Augen sich mit Grauen und mit Tränen füllten und dann wieder ins Leere abglitten. Rankstrail wagte sogar, sie zu berühren, er nahm sie am Arm und schüttelte sie leicht, um sie wieder zu sich zu bringen.
    »Erzählt weiter«, sagte er leise. »Weint nur, wenn Ihr wollt, aber erzählt weiter.«
    Aurora verbarg ihr Gesicht in den Händen und brach in Schluchzen aus. Ihr Weinen ging unter im Rauschen des Regens, der nun dicht auf den blühenden Garten herabfiel, auf dem Teich Tausende winzige konzentrische Kreise und Tausende Wasserbläschen bildend. Bald würden die Feierlichkeiten beendet sein, und jeden Augenblick konnten die Hofdamen, Diener und Pagen sich wieder auf Aurora stürzen und ihr Vorwürfe machen, dass Tränenspuren ihren Teint befleckten.
    »Damit wollte ich sagen, dass diese Kette an ihr schön ist, weil ihr Leben darin eingeschlossen ist. Ich habe gesagt, dass ich auch gern eine solche Kette hätte, und damit meinte ich eine Kette, wo jedes Stück von jemandem kommt, der mich geliebt hat und den ich geliebt habe. Damit wollte ich nicht sagen, ich wolle ihre Kette besitzen, aber ich habe mich schlecht ausgedrückt, versteht Ihr?«
    »Ich habe verstanden, erzählt weiter«, sagte er sanft. Auroras Schultern wirkten wie zusammengesackt, als ob ein Gewicht sie niederdrückte. »Was auch immer es ist, sagt es, dann teilen wir die Last.«
    Rankstrail nahm das Stück Hemdsärmel, das vom Bogenschießen her noch immer zum Schutz um ihren Unterarm gewickelt

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