Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork
diesem Garten gibt es so viele davon, wie Ihr wollt. Frösche brät man genauso, aber sie brauchen nur ganz wenig Zeit. Kaulquappen braucht man nur auf einen Stein zu legen, auf den die Sonne scheint, und sie werden von selber gar, aber gebt acht, dass die Ameisen sie Euch nicht wegfressen. Wenn das passiert – auch Ameisen kann man essen. Wenn man wirklich gar nichts anderes hat, dann isst man auch die. In einem Monat sind die Nüsse reif, man braucht nicht hinaufzuklettern, sie fallen von allein herunter …«
»Keine Sorge, Herr, ich kann klettern.«
»Wirklich?«
»Gewiss, Herr, das mache ich nachts, wenn man mich im Dunkeln nicht sieht und nicht all diese Kleider mich einschnüren. Das ist leicht, wisst Ihr. Man braucht nur zu denken, man ist ein Eichhörnchen oder eine Katze!«
»Gut, so bekommt Ihr noch mehr Nüsse; Ihr müsst nur aufpassen damit, denn Nüsse machen Flecken …«
»Kann man Nüsse denn essen?«
»Habt Ihr noch nie welche gegessen? Sicher kann man sie essen. Ihr müsst nur achtgeben, die grüne Schale macht schwarze Flecken an den Fingern und das könnte jemand bemerken. Verwendet Messer und Gabel und fasst sie nie mit bloßen Fingern an. Wenn Ihr klettern könnt, dann schaut, vom Dach des Werkzeugschuppens aus gelangt man auf diesen Mauervorsprung und von dort auf den Ast des Nussbaums und dahinter liegen die Küchenfenster und dort drinnen ist alles zu finden. Wenn man Hunger hat, ist es legitim, zum Dieb zu werden …«
»Nein, das nicht«, unterbrach ihn Aurora erschrocken. »Das ist zu gefährlich. Jemand in der Küche könnte bezichtigt werden, weil etwas fehlt, und dafür bestraft werden. Eher esse ich Ameisen.«
»Mit den Ameisen, das geht klar. Aber jetzt esst ein Stück Kaninchen, vorwärts.«
Aurora schaute zweifelnd.
»Darf ich Euch eine Frage stellen, mein Herr?«, fragte sie.
»Gewiss«, antwortete Rankstrail sanft und hoffte inständig auf eine Frage zu Kaulquappen, Fröschen, seiner Familie, war sich aber hundertprozentig sicher, dass ihn nichts mehr erschüttern konnte.
»Wenn ich das esse, vergeht dann die Angst?«
Rankstrail nahm sich vor, nichts mehr zu hoffen und sich keiner Sache mehr sicher zu sein.
»Ja«, sagte er sanft und bestimmt, »wenn Ihr esst, vergeht die Angst.«
Aurora aß ein Viertel von dem kleinen Kaninchen. Sie kaute sehr langsam und sorgfältig, so als erfülle sie eine Pflicht. Rankstrail hätte ihr die Feuersteine und sein Salzdöschen dalassen wollen, aber sie wies sie zurück. Wenn man diese Dinge bei ihr fand, käme das dem Todesurteil für ihn gleich. Zum Feuermachen würde sie eine der Kerzen benutzen, die immer brannten, auch am helllichten Tag, und Salz gab es in ihrem Haushalt reichlich. Sie schwor Rankstrail, dass sie sich jeden Tag das Nötige zum Essen jagen würde, gleichwohl bat sie ihn, das, was von dem Kaninchen übrig war, mitzunehmen für ein hungriges Kind, sodass dieser Tag auch für jemand anderen noch ein Festtag wurde.
»Ich hätte noch eine Frage, mein Herr, wenn Ihr gestattet«, sagte Aurora. »Seht Ihr, es gibt etwas, wovon ich weiß, dass ich es tun muss, wovon ich schon immer gewusst habe, dass ich es tun muss, und nie zu denken gewagt hätte, ich könnte es nicht tun … aber wenn ich keinen Hunger habe, keine Schuld und keine Angst empfinde, dann erscheint es mir weder verrückt noch abwegig, es nicht zu wollen.«
»Aber gewiss, mein Fräulein«, antwortete Rankstrail. Wieder war das Gefühl der Gefahr ganz akut. Noch einmal legte er sein Leben in die Hände eines zehnjährigen Mädchens.
»Nicht jetzt, sicher, aber in acht Jahren, wenn ich ins Erwachsenenalter eintrete, werde ich einen Mann ehelichen müssen … der … wie soll ich sagen …«
»Den Ihr nicht wollt?«
»Den ich nicht will.«
»Gut, das ist einfach. Ihr habt drei Möglichkeiten, entweder Ihr überzeugt den Mann davon, dass er eine andere heiraten soll …«
»Unmöglich«, sagte Aurora mit Nachdruck.
»Unmöglich. Seid Ihr sicher?«
»Seht Ihr, er ist … es ist, als wäre er … tatsächlich kann man ihn als König betrachten, und wie er sagt, der größte König, den es je gegeben hat auf Erden, liebenswürdig im Frieden, schrecklich im Krieg, und seinesgleichen hat er nur an sich selbst. Sagen wir mal so, er kann keine Jungfrau heiraten, die weniger schön ist als seine erste Gemahlin, die die schönste Frau in der ganzen Grafschaft war, und den Schilderungen nach komme nur ich ihr gleich.«
»Ohne Euch zu nahe treten zu
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