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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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wollen, mein Fräulein, mit Verlaub gesagt, das erscheint mir der blanke Unfug. Und wenn Ihr Pickel bekommt? Wenn Ihr hinfallt und Euch die Nase brecht? Und wenn Euer künftiger Gatte eines Tages eine Frau sieht, die womöglich Pickel und eine krumme Nase hat, und er sie wunderschön findet, weil sie ihn anlächelt, während er traurig ist? Ihr könnt Euch immer noch Pickel wachsen lassen oder Euch die Nase brechen, sodass Ihr nicht länger die Schönste in der Grafschaft seid. Seht Ihr, mein Fräulein, man kann feststellen, wer am schnellsten läuft. Man kann messen, wer am kleinsten oder am größten ist. Auch wer die meisten Würste vertilgt, ist messbar – der Traum aller Hungerleider, an diesem Wettbewerb teilzunehmen. Aber man kann nicht feststellen, wer die Schönste im Land ist. Jeder Mann trägt diejenige im Herzen, die für ihn die Schönste im Land ist, genau wie jede Frau weiß, welchen Mann sie will, auch wenn der Henker ihm die Füße verkrüppelt hat oder er im Krieg verstümmelt wurde oder Wundmale davongetragen hat. Wisst Ihr, mein Fräulein, ich habe immer das Gesicht meiner Mutter wunderschön gefunden, auch wenn sie ein Brandmal hatte.«
    »Und Euer Vater liebte Eure Mutter?«
    »Gewiss, mein Fräulein, aus ganzem Herzen.«
    »Wie ist das Gesicht Eurer Mutter entstellt worden?«
    »Das weiß ich nicht genau, es tat ihr weh, davon zu sprechen. Ich weiß nur, dass es vor meiner Geburt geschehen ist.«
    »Wie hieß Eure Mutter? Da fällt mir auf, mein Herr, ich weiß Euren Namen noch nicht.«
    Unter den zahllosen Ermahnungen der jungen Adligen, die ihn engagiert hatten, war die nachdrücklichste und am häufigsten wiederholte die gewesen, seinen Namen für sich zu behalten, aber an dem Punkt, den er nun erreicht hatte, wirkten alle Ermahnungen und Drohungen lächerlich und fern.
    »Ich heiße Rankstrail. Meine Mutter hieß Aharthrail. Das sind Namen, die bei uns in der Gegend üblich sind. Ich glaube nicht, dass sie irgendetwas Besonderes bedeuten. Es sind einfach Töne.«
    »Alle Namen haben eine Bedeutung, Hauptmann, auch wenn wir sie nicht alle kennen. Im archaischen Elfisch war Aharthrail der Name des Morgensterns, der bis in den Morgen am Himmel steht und die Welt aus der Dunkelheit in die Morgenröte geleitet. Ich glaube, auch Euer Name hatte früher eine Bedeutung, so etwas wie ›Derjenige, der von Barmherzigkeit gerührt ward‹. Meine Mutter hieß Transkilia, was einstmals hieß ›Diejenige, die in den Wäldern lebt‹, und das war ein verbreiteter Name bei den E … ich meine … bei den Liebhabern des Waldes. Meine Mutter fehlt mir sehr, mein Herr. Sie fehlt mir ganz unsäglich, jeden Augenblick. Ihre Abwesenheit ist ein absoluter Schmerz. Zum ersten Mal spreche ich das aus. Seit Jahren war uns nicht mehr gestattet, uns zu umarmen. Aber wenigstens konnten wir miteinander sprechen. Meine Mutter fehlt mir und ich werde meinen … den ich heiraten muss, nicht heiraten. Seht Ihr, ich kann es Euch nicht erklären, es ist nicht nur eine Frage der Schönheit. Sagen wir, es ist eine Frage des Blutes, er muss … er will jemanden meines Blutes heiraten, das heißt, es ist schwierig zu erklären, desselben Blutes wie seine erste Frau.«
    »Zweite Möglichkeit, Ihr könnt ihn umbringen.«
    Entsetzen malte sich in den Augen des Mädchens.
    »Mein Herr!«, sagte sie mit einem Stöhnen. »Mein Herr!«, wiederholte sie. »Wie könnt Ihr nur … nur daran denken … allein der Gedanke … Mein Herr, verzeiht mir, aber ist Euch überhaupt klar, was Ihr da gesagt habt … Das ist völlig undenkbar!«
    »Völlig undenkbar? Wirklich? Schade«, entgegnete der Hauptmann bissig. Das blasse Gesicht der Prinzessin wurde noch blasser, aber er achtete nicht darauf. »Ein Mann, der eine Frau zwingt, ihn anzunehmen, wenn sie ihn nicht will; ein Mann, der seine Hände nach einer Frau ausstreckt, die ihn ablehnt, der hat den Tod verdient. Unternehmt nichts, um diesen Tod herbeizuführen, wenn Euch das um Euren Seelenfrieden bringt, aber denkt immer daran, dass dieser Mann, wer auch immer er sei, den Tod verdient hätte.«
    »Mein Herr, niemand sollte den Tod verdienen.«
    »Bringt ihm wenigstens Verachtung entgegen, wenigstens das! Gut, dann bleibt nur die dritte Möglichkeit, ihr müsst fliehen.«
    Das Mädchen deutete auf die Mauern ringsum.
    »Fliehen? Fliehen? Und wie?«
    »Das ist nicht so schwer. Jahr für Jahr müsst Ihr so tun, als wärt Ihr einverstanden, so entsteht kein Verdacht. Unmittelbar vor der

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