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Die letzten Tage Europas: Wie wir eine gute Idee versenken (German Edition)

Die letzten Tage Europas: Wie wir eine gute Idee versenken (German Edition)

Titel: Die letzten Tage Europas: Wie wir eine gute Idee versenken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk M. Broder
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das Land mit der Solidarität der europäischen Länder rechnen, mit Solidarität dahingehend, dass wir den schwierigen Weg in Form von Garantien in den nächsten Jahren unterstützen. Aber natürlich gehören dazu auch Eigenleistungen wie Privatisierung, wie Strukturreform, wie die Erhöhung von Steuersätzen, die in Zypern bis jetzt sehr, sehr niedrig waren … Deshalb glaube ich, das gefundene Ergebnis ist richtig, und es nimmt auch diejenigen, die diese Fehlentwicklung mit verursacht haben, in Verantwortung. Und so muss es auch sein.« In alle Ewigkeit. Amen.

5. Wir leben in einer sehr glücklichen Zeit
    Ich glaube nicht an Verschwörungen. Ich halte auch nichts von Verschwörungstheorien. Auch die Art, wie die Energiesparlampe durchgedrückt wurde, war nicht konspirativ. Es war ein Machtspiel, bei dem die eine Seite, in diesem Fall die EU -Bürokratie, der anderen Seite, der Industrie und ihrer Lobby, nicht gewachsen war. Allenfalls kann noch ein wenig Korruption oder Vorteilsnahme im Spiel gewesen sein, aber das wäre bei weitem nicht so schlimm wie fachliche Inkompetenz und organisatorische Schlamperei.
    Das Spiel wiederholt sich bei der Energiewende, von der niemand sagen kann, wie viel sie am Ende kosten wird. Umweltminister Altmaier sagt, es könnte eine Billion (eintausend Milliarden) Euro werden, aber auch das ist nur eine Schätzung. Fest steht nur: Dieselben Leute, die nicht in der Lage sind, einen Bahnhof, einen Flughafen oder eine Konzerthalle zu bauen, ohne den Zeitrahmen und das Budget maßlos zu überdehnen, machen sich auf, das Klima zu retten, Europa umzubauen und die Artenvielfalt zu erhalten, den Juchtenkäfer und die Eisbären inbegriffen. Es ist, als würde man Bastlern, die es nicht einmal schaffen, eine Märklin-Anlage unfallfrei zu betreiben, die Leitung der Deutschen Bahn und des Flughafens Frankfurt anvertrauen.
    Gerät ein Projekt wie Stuttgart 21 oder der Berliner Flughafen ins Straucheln, wird erst einmal bestritten, dass es überhaupt ein Problem gäbe, im Gegenteil, es laufe alles nach Plan. Dann wird entweder der Vorstand ausgewechselt oder eine Kommission eingesetzt, die den finanziellen Mehrbedarf ermitteln soll. Schließlich wird der letzte Joker aus dem Ärmel gezogen: Der »Point of no return« sei überschritten , ein Abbruch des Unternehmens würde noch mehr kosten als seine Fortsetzung. Also spreche alles fürs Weitermachen.
    In dieser Phase befindet sich der Euro elf Jahre nach seiner Einführung. Da lohnt es sich, einen kurzen Blick zurück zu werfen. Im Sommer 1999 fanden in Deutschland die Wahlen zum Europaparlament statt. Anfang des Jahres war der Euro als Buchgeld eingeführt worden, also als Verrechnungseinheit für den grenzüberschreitenden Handel. Das Wahlprogramm der CDU hieß: »Fit für Europa. Stark für die Zukunft.« Skeptiker, die es damals schon gab und die wissen wollten, »was uns der Euro kosten« würde und ob »Deutschland für die Schulden anderer Länder aufkommen« müsste, wurden mit diesen Sätzen ruhiggestellt:
    »Ein ganz klares Nein! Der Maastrichter Vertrag verbietet ausdrücklich, dass die Europäische Union oder die anderen EU -Partner für die Schulden eines Mitgliedsstaates haften. Mit den Stabilitätskriterien des Vertrags und dem Stabilitätspakt wird von vorneherein sichergestellt, dass die Nettoverschuldung auf unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts begrenzt wird. Die Euro-Teilnehmerstaaten werden daher auf Dauer ohne Probleme ihren Schuldendienst leisten können. Eine Überschuldung eines Euro-Teilnehmerstaats kann daher von vornherein ausgeschlossen werden.«
    Man muss es den Verfassern dieser Wahlkampfprosa zugutehalten, dass sie von der Richtigkeit ihrer Vorhersagen überzeugt waren. So wie die Konstrukteure der »Titanic« überzeugt waren, dass sie ein Schiff gebaut hatten, das in der Lage war, allen Gefahren zu trotzen. Geht etwas schief, ist nur selten böser Wille am Werk, es ist der Wunsch als Vater des Gedankens, der sich über die Wirklichkeit hinwegsetzt. Hinzu kommt ein Zweckoptimismus, ohne den man in der Tat keine Politik betreiben könnte. Als Zypern 2007 in die Euro-Zone aufgenommen wurde, war in Berlin eine Große Koalition im Amt, mit Angela Merkel als Kanzlerin und dem großen Finanzexperten der SPD , Peer Steinbrück, als Finanzminister. Die wirtschaftliche Struktur Zyperns war bekannt. Jedermann wusste: Das Land diente als eine Steueroase, dort wurde vor allem Geld gewaschen, das russische Oligarchen mit

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