Die letzten Tage Europas: Wie wir eine gute Idee versenken (German Edition)
erhoben.«
Das hörte sich recht harmlos an. Niemand kann etwas gegen Finanzhilfen und Kredite haben, vor allem wenn sie mit Auflagen verbunden sind, die Banken »strenger« zu regulieren und die Unternehmenssteuer zu erhöhen. Das ist nur gerecht. Und die »Sondersteuer« auf alle Guthaben bei zyprischen Banken klang mehr nach einem »Soli« als nach einem Bankraub.
In dem Beitrag kam auch Finanzminister Schäuble zu Wort, der sich überzeugt zeigte, die getroffenen Maßnahmen würden das Vertrauen in den Euro »dauerhaft stärken«. Der Bericht endete mit einem Statement der Kanzlerin, die gerade bei der Landesvertreterversammlung der CDU in Grimmen, Mecklenburg-Vorpommern, aufgetreten war. Sie sei mit dem Beschluss der Euro-Finanzminister sehr zufrieden, sagte sie, denn: »Damit werden aber die Verantwortlichen zum Teil mit einbezogen und nicht nur die Steuerzahler anderer Länder. Und ich finde, das ist richtig, dass man diesen Schritt gegangen ist. Und ich finde, es ist ein guter Schritt, der uns eine Zustimmung zu einer Hilfe für Zypern sicherlich leichter macht.«
Nur zwei Stunden später, im »Heute journal mit Marietta Slomka«, hörte sich die Geschichte schon etwas anders an:
»Seit Tagen muss das wohl hinter den Kulissen vorbereitet worden sein und auch die Terminabstimmung war wohl gut geplant. Zum Wochenende hin, und in Zypern ist dieser Montag auch noch ein Feiertag. Auf Anweisung aus Europa haben die zyprischen Banken die Einlagen ihrer Kunden eingefroren. Nicht gänzlich natürlich; aber jedem Sparer wird ein gewisser Teil weggenommen, auch den ausländischen Anlegern. Wobei man aber vermuten darf, dass der eine oder andere russische Oligarch den Braten gerochen und seine Schäflein bereits in einem anderen Steuerparadies ins Trockne gebracht hat. Die normalen zyprischen Bankkunden allerdings traf heute Morgen schier der Schlag.«
Es war, hieß es in dem Beitrag, »ein Zeitplan mit Kalkül«, eine Behauptung, die von Wolfgang Schäuble mit einem leicht diabolischen Grinsen bestätigt wurde: »Bankeinlagen (sind) immer sensibel, da muss man schnell handeln. Deswegen macht man es meistens auch am Wochenende.«
Freilich, die Kiste war zu groß und zu schwer, als dass sie »par ordre du mufti« über Bord geschafft werden konnte. Zehn Tage später waren die Banken auf Zypern noch immer geschlossen, während die Zeitungen von einem Land im Ausnahmezustand berichteten. Aber auch Wolfgang Schäuble kam nicht zur Ruhe, denn er musste von einem Interview zum nächsten eilen. Am 25. März war er wieder Gast im »Heute journal mit Marietta Slomka«. Zypern, sagte der Minister, habe »Geld aus vielen Ländern zu günstigen Konditionen angezogen« und »das Geld ausgeliehen«. Wie das auf Finanzplätzen üblich sei. Nun müsse das Land die Konsequenzen tragen:
Schäuble: »Wenn man Geld ausleiht, trägt man Risiken, die haben sich dann verwirklicht, jedenfalls war das Geschäftsmodell der zyprischen Banken nicht mehr erfolgreich, jetzt brauchen sie Hilfe, die bekommen sie, aber es ist klar, die Gläubiger, die Eigentümer dieser Banken, müssen diese Lasten schon selbst tragen, Chance und Risiko gehören zusammen … So ist es in Finanzgeschäften, wer große Verdienste macht …, trägt dann auch das Risiko.«
Slomka: »Wie gefährlich ist das, wenn alle Wirtschaft zu 50 Prozent Psychologie ist und bei Bankgeschäften wahrscheinlich noch mehr?«
Schäuble: »Das hat man immer schon gewusst, höhere Zinsen haben was mit Risiken zu tun. Wenn man sichere Anlagen will, die gibt’s … Wenn man höhere Zinsen will, dann geht man auch gewisse Risiken ein, und wenn die Risiken zu groß sind, dann geht es eben schief, deswegen ist es besser, man ist ein bisschen vorsichtig und auf der sicheren Seite. Im Übrigen sind Einlagen gesichert, alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sind verpflichtet, im Insolvenzfalle 100000 (Euro)-Einlagen zu sichern, das geschieht auch in Zypern …«
Slomka: »… zwischendurch sah es in Zypern aber anders aus, als wenn auch die unter 100000 Euro nicht mehr sicher sind …«
Schäuble: »Nein, es gab die Überlegung, weil Zypern lange, auch die Europäische Kommission eine solche Lösung der Gläubigerbeteiligung, die man ›Bail in‹ nennt, nicht wollte, abgelehnt hat, das war immer die Position von Deutschland, auch des Internationalen Währungsfonds, die man jetzt vereinbart hat, die war immer die bessere nach unserer Überzeugung, dann hat man gesagt, wir könnten
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