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Die letzten Tage von Hongkong

Die letzten Tage von Hongkong

Titel: Die letzten Tage von Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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sag niemandem etwas davon.«
    Chow hob die Hand. »Ich habe gesagt bitte. «
    »Er hat sich aus Respekt vor dir, Clares Mutter, bereit erklärt, heute hierher zu kommen. Stimmt’s Danny?«
    »Ich hege die allergrößte Bewunderung für Ihre Tochter, Mrs. Coletti. Sie ist eine Visionärin. Ich glaube, Sie werden mir glauben, wenn ich sage, wir haben uns sehr große Mühe gegeben, für ihre Sicherheit zu sorgen. Unsere Organisation kümmert sich um ihre Mitglieder, Mrs. Coletti.«
    »Das ist gut«, sagte Moira.
    »Erzähl es ihr, Danny, alles.«
    Chow bedeutete Moira mit einer Geste, sie solle sich neben das Bett setzen, während er stehenblieb.
    »Kommunisten, Mrs. Coletti.« Er hob einen Finger. »Entschuldigen Sie, verdammte Kommunisten. Die haben eine kriminelle Mentalität, Ma’am, ihre ganze Lebenssicht gründet sich auf Lüge und Verrat. Andere Organisationen haben das ausgehende zwanzigste Jahrhundert mit Intelligenz und Enthusiasmus zu gestalten versucht; wir sind an dieser Aufgabe gewachsen. Wir sind jetzt Geschäftsleute; wir verachten die Gewalt und setzen sie nur ein, wenn es unbedingt nötig ist. Wenn es dem Durchschnittsmenschen schwerfällt, das Wesen des Handels in unserer Zeit zu durchschauen, weil gewisse merkwürdige Vorschriften die meisten unserer Aktivitäten für ungesetzlich erklären, dann ist das eben das Kreuz, das der Geschäftsmann tragen muß. Wir sind der Meinung, daß die Pioniere der Gesellschaft auch immer die Konsequenzen für ihre Pioniertaten tragen müssen.
    Aber die Kommunisten, Ma’am – die sind Neandertaler, Primitive, Höhlenmenschen, machtgeil, kriminell, ganz einfach kriminell. Es war eine geschäftliche Abmachung wie jede andere auch. Ein bedeutendes Mitglied der Volksbefreiungsarmee brauchte für seine Zwecke eine bestimmte Ware. Da ich keinen direkten Zugang zu dieser Ware hatte, habe ich mich mit meinem guten Freund und Geschäftspartner Mario Coletti in Verbindung gesetzt. Er hat seinerseits seine Kontakte spielen lassen, bis es möglich war, diese Ware zu beschaffen, ihren Preis nach dem Marktwert festzulegen und die Frachtkosten sowie eine Gewinnspanne hinzuzurechnen. Dazu kam natürlich auch eine gewisse Summe für die Absicherung gegen unser Risiko. So haben wir uns auf den Handel geeinigt. Und eine Handelsabmachung, Ma’am, ist uns heilig. Wenn wir aufhören, solche Abmachungen zu ehren, verfällt die Kultur, und wir kehren wieder zurück zu Pfeil und Bogen. Die Ware war von einer Art, die wir nicht unseren üblichen Kurieren anvertrauen wollten.
    Drei unserer besten Leute wurden ausgewählt, zwei aus meinem Unternehmen, einer aus dem von Mr. Coletti – Ihre Tochter Clare, eine mutige, schöne Pionierin. Alles ging gut. Die Ware erreichte ihren Bestimmungsort zusammen mit gewissen Mustern, die für den Käufer ebenfalls von Interesse sein konnten. Bis zur Übergabe waren noch ein paar Tage Zeit. Und was passierte dann? Erzähl es Clares Mutter, Mario, ich schäme mich für die primitive Seite meiner Rasse und bete um den Tag, an dem sie aus ihrer Unwissenheit errettet wird.«
    Moira machte die Augen zu, während die beiden Männer ihren Trick in allen Details erklärten, bis zu der Minikamera, die sie benutzt hatten, um die Münder der Opfer zu fotografieren und zu den Gummiabdrücken, auf denen der örtliche Zahnarzt der Mafia bestanden hatte. Der Zahnarzt sei ein Künstler, sagten sie. Sie sprachen von Menschenleben, Heroin, atomwaffenfähigem Uran, aber die Gedanken hinter diesen Worten waren pubertär. Mein Exmann hat vielleicht noch fünf Tage auf dieser Erde, lieber Gott, und er ist immer noch nicht erwachsen geworden.
    Als sie fertig waren, zwang Moira sich zu einem Lächeln. »Brillant. Danke, daß ihr es mir gesagt habt. Und der General – er weiß nicht, wie ihr seine eigenen Männer ausgetrickst habt?«
    »Natürlich nicht, Ma’am. Vielleicht ahnt er etwas, aber das Wichtigste ist, daß er folgendes begreift: Mit internationalen Handelsorganisationen wie der unseren läßt sich nicht spaßen. Natürlich wird er sich nie ganz sicher sein. Die Möglichkeit wird ihn sein Leben lang quälen – und vielleicht wird sie ihn irgendwann zur Erkenntnis führen. Ich bin mir ziemlich sicher, daß er seine Fehler einsehen wird, wenn er es nicht schon getan hat. Vielleicht erscheint Ihnen das grausam, Mrs. Coletti, aber in unserem Gewerbe ist die Glaubwürdigkeit – wir Chinesen nennen sie das Gesicht – alles«, Chow sah Mario mit einem nachsichtigen

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