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Die letzten Tage von Hongkong

Die letzten Tage von Hongkong

Titel: Die letzten Tage von Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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an. Wieder bekam sie Angst; so etwas wie eine Vorahnung von Verhängnis breitete sich in ihrem Magen aus. Sprich nie mit erhobener Stimme zu einem Psychopathen. Sie setzte sich mit gesenktem Blick auf den Fußschemel.
    »Tut mir leid. Alle glauben, daß Sie sie haben umbringen lassen. Geben Sie mir noch ein paar Wochen, dann werde ich sehen, was ich tun kann. Ich habe schon ein paar Ideen.«
    Der alte Mann lächelte höhnisch. »Was für Ideen?«
    »Zuerst muß Wong seinen Schwager besser kennenlernen. Sie sind nicht gerade eng befreundet. Ich versuche, das zu arrangieren.«
    Der alte Mann gab ein grunzendes Geräusch von sich. »Das wird erst dringend, wenn der kleine Polizist der Lösung des Falles näherkommt. Ich möchte erfahren, was den drei Leuten passiert ist, bevor Cuthbert etwas davon weiß.« Er starrte sie an. »Bumsen Sie ihn eigentlich immer noch?« Er lächelte höhnisch, als er sah, wie unangenehm ihr die Frage war. »Schade. Dann hätten Sie mich auf dem laufenden darüber halten können, wieviel er weiß, unser kleiner englischer Diplomat. Sie werden einen Sir Milton Cuthbert aus ihm machen – wenn er im Juli wieder heimfährt. Wenn Sie es geschafft hätten, ihn zu heiraten, wären Sie dann Lady Cuthbert.«
    Er kicherte.
    »Ich verstehe das nicht. Warum interessieren Sie sich so sehr für die Morde, wenn Sie sie nicht veranlaßt haben? Wahrscheinlich waren das nur die Triaden – solche Leute werden eben ausgelöscht.«
    Der alte Mann wandte das Gesicht von ihr ab. »Vielleicht. Verfolgen Sie die Sache mit dem Polizisten trotzdem weiter – freunden Sie sich mit ihm an, finden Sie heraus, wie weit er mit seinen Ermittlungen ist. Bumsen Sie ihn, wenn Sie müssen. Und was die fünfhundert Millionen anbelangt – ich erwarte Ergebnisse. Die Sache hängt schon zu lange in der Luft. Sie wollen doch nicht die Erschließungsrechte am Perlfluß verlieren, oder? Da steckt eine Menge von Ihrem Geld drin. Ihr ganzes Geld, wenn man die persönlichen Garantien mitrechnet. Ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie gerne arm wären.«
    Als er ihr Gesicht sah, mußte er wieder lachen.
     
    Als Emily weg war, nahm der alte Mann den Hörer von einem Telefon gleich links neben ihm auf dem Beistelltischchen und sagte seiner Sekretärin, mit wem er sprechen wollte. Als das Telefon klingelte, begann er sofort, mit herablassender Stimme auf Mandarin zu reden. Am Ende des Gesprächs sagte er: »Und tun Sie übrigens nicht wieder so, als wären Sie ich. Ich möchte, daß die Ermittlungen fortgeführt werden. Ich will wissen, wer gestorben ist und wer die Mörder sind.« Die Frage, die darauf folgte, beantwortete er, indem er auflegte. Nach kurzem Zögern wandte er sich noch einmal an seine Sekretärin: »Verbinden Sie mich mit diesem anderen Engländer in London. Und bleiben Sie in der Leitung; Sie müssen für mich übersetzen.«

SIEBZEHN
    Moira war eine großzügige Geliebte. Großzügig und experimentierfreudig, wahrscheinlich, weil sie einer Kultur entstammte, die dekretiert hatte, daß auch die über Vierzigjährigen Spaß haben müssen. Chan war erstaunt darüber, daß sie so viel Feingefühl besessen hatte, wieder nüchtern zu werden, bevor er von der Arbeit nach Hause kam, und noch erstaunter, als sie genau das schaffte, was Angie nicht gelungen war – ihn zu erregen. Sie war ganz unerwartet sinnlich, und in ihrem Leiden lag eine gewisse Selbstgenügsamkeit, die ihn anzog. Als er halb träumend neben ihr lag, konnte er sich einreden, daß er mit einer Frau zusammen war, deren Seele so groß war wie die Welt. Er mochte ihre Brüste, große, schwere, freundliche Brüste. Er drückte sich von hinten an ihren Körper, um sie zu halten, während sie schlief. Einmal wachte sie auf und bedankte sich, dann drehte sie sich um und fiel wieder in tiefen Schlaf.
    Wie üblich blieb er wach. Nach einer Weile schlüpfte er aus dem Bett, machte die Tür zu und setzte sich zum Rauchen nackt aufs Sofa. Er schaltete den Fernseher ein und drehte den Ton ab. Mönche, die die Kunst des Kung Fu im Shao-Lin-Kloster perfektioniert hatten, flogen durch die Luft und bezwangen ihre Gegner. Auf einem anderen Kanal wurde ein alter Landbesitzer in Mandarinkleidung mit seiner Tochter auf dem Weg zum Markt von einer Räuberbande überfallen. Angst vor Vergewaltigung, Plünderung und Mord wurden durch das Make-up noch verstärkt. Chinesische Dramen bedienten sich im allgemeinen bei der fernen, gewalttätigen Vergangenheit, weil die meisten mit der

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