Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
Vom Netzwerk:
Bewillkommnung.«
    »Da wirst Du wohl daran thun. Niemand sollte mich aufsuchen, als die Unglücklichen.«
    »Und weshalb die Unglücklichen?« fragte der Athener.
    »Ich bin die Herrin des Berges,« antwortete die Zauberin mit geisterhaftem Grinsen; »mein Geschäft ist Hoffnungslosen Hoffnung zu geben; für unglücklich Liebende habe ich Zaubertränke; für die Habsüchtigen Verheißungen von Schätzen; für die Boshaften Rachetränke; für die Glücklichen und Guten aber, wie das Leben selbst, nur – Flüche! Störe mich hinfort nicht mehr.«
    Nach diesen Worten versank die grimmige Bewohnerin der Höhle wiederum in ein so hartnäckiges und eigensinniges Schweigen, daß alle Bemühungen des Glaukus, ein weiteres Gespräch mit ihr anzuknüpfen, fruchtlos waren. Sie zeigte auch nicht einmal durch eine Veränderung ihrer verschlossenen und starren Züge, daß sie ihn nur höre. Glücklicherweise begann jetzt der Sturm, der eben so kurz als heftig war, sich zu legen; der Regen ließ allmählig in seiner Wuth nach, und als endlich die Wolken sich theilten, trat der Mond an der purpurnen Öffnung des Himmels hervor, und strömte klar und voll auf diese einsame Höhle nieder. Nie vielleicht hatte er eine der Kunst des Malers würdigere Gruppe beschienen. Die junge, überaus schöne Ione neben diesem auf bloßer Erde brennenden Feuer sitzend – ihr Geliebter, bereits die Anwesenheit der Hexe vergessend, zu ihren Füßen – zu ihr emporschauend und süße Worte flüsternd; die bleiche und ängstliche Sklavin in einiger Entfernung, und die geisterhafte Hexe sie insgesamt mit unheilvollem Blicke anstarrend. Aber dem Anscheine nach heiter und furchtlos – (denn solche Macht übt die Liebe in der Gesellschaft des Geliebten) – waren diese schönen Wesen, Geschöpfe einer andern Sphäre, in dieser dunklen und unheiligen Höhle mit ihrem düstern und sonderbaren Zubehör. Der Fuchs betrachtete sie aus seinem Winkel mit scharfem und glühenden Auge, und als sich jetzt Glaukus nach der Hexe wandte, bemerkte er zum erstenmale gerade unter ihrem Sitz den glänzenden Blick und den gekrönten Kopf einer großen Schlange. Sei es nun, daß die lebhafte Farbe des Mantels, den der Athener über Ione's Schulter geworfen, den Zorn des Thieres reizte, genug, sein Kamm fing an zu glühen und zu schwellen, als ob es sich drohend zu einem Sprung gegen die Neapolitanerin bereite. Glaukus griff schnell nach einem der halb verbrannten Stämme im Feuer, und nun brach die Schlange, wie erzürnt über diese Handlung, unter ihrem Obdach hervor und erhob sich mit lautem Gezisch, bis ihre Höhe der des Griechen beinahe gleich kam.
    »Hexe,« rief Glaukus, »bring Deine Bestie zur Ruhe, oder Du siehst sie todt zu Deinen Füßen.«
    »Sie ist ihres Giftes beraubt,« antwortete die Hexe, durch diese Drohung aufgeschreckt.
    Aber noch ehe sie die Worte ausgesprochen, war die Schlange auf Glaukus zugeschnellt. Schnell und wachsam sprang der gelenkige Grieche leicht auf die Seite, und brachte dem Thiere einen so kräftigen und gewandten Streich bei, daß es niederfiel und sich in der Asche krümmte.
    Die Hexe sprang auf und stellte sich Glaukus gegenüber, mit einem Gesicht, wie es selbst der grimmigsten der Furien würdig gewesen wäre, so bösartig und zornig war sein Ausdruck, obwohl es selbst in seiner schrecklichen Schauderhaftigkeit die Umrisse und Spuren früherer Schönheit beibehielt und von jenen grotesken und rohen Formen ferne blieb, worin die Einbildungskraft des Nordens die Quelle des Schreckens gesucht hat.
    »Du hast,« sprach sie mit langsamer und fester Stimme, welche durch ihre Leidenschaftslosigkeit und Ruhe den Ausdruck ihres Gesichtes Lügen strafte; »Du hast unter meinem Dache Schutz gefunden, und an meinem Herde Dich gewärmt – Du hast Gutes mit Bösem vergolten – Du hast das Wesen, das mich liebte und mein war, ja, noch mehr, das Geschöpf, das vor allen andern den Göttern geheiligt ist, und von den Menschen für verehrungswürdig erachtet wird, [Fußnote: Die Römer legten, wie vielleicht jedes ältere Volk, den Schlangen eine besondere Heiligkeit bei, hielten dieselben gezähmt in ihren Häusern und nahmen sie oft zu Tisch mit. ] geschlagen und vielleicht getödtet – höre jetzt Deine Strafe. Beim Mond, dem Beschützer der Zauberinnen, beim Orkus, dem Bewahrer der Rache, ich verfluche Dich und Du bist verflucht! Möge Deine Liebe verdorren, möge Dein Name verachtet werden, mögen die Unterirdischen Dich bezeichnen,

Weitere Kostenlose Bücher