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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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unbewußt war ich durch die Zulassung der Götter Zeugin seiner Niederträchtigkeit. Wenn ich selbst aus diesen Mauern zu entkommen vermag, kann ich auch Dich retten. Aber laß Deine Stimme durch diese kleine Öffnung an mein Ohr dringen und antworte auf meine Fragen.«
    »Ah, gesegneter Geist!« rief der Priester, voll Freude, der Aufforderung Nydia's nachkommend, »rette mich, und ich will sogar die Gefäße des Altars verkaufen, um Deine Güte zu lohnen.«
    »Ich will nicht Dein Gold – ich will Dein Geheimnis. Hörte ich recht? – Kannst Du den Athener Glaukus von der Anklage, die sein Leben bedroht, befreien?«
    »Ich kann – ich kann deshalb – mögen die Furien den niederträchtigen Egypter ewig verfolgen! – deshalb hat Arbaces mich hieher gelockt um mich verhungern und verfaulen zu lassen.«
    »Man klagt den Athener des Mordes an; kannst Du diese Beschuldigung widerlegen?«
    »Befreie mich nur, und das stolzeste Haupt in Pompeji ist nicht sicherer als das seinige. Ich sah das Verbrechen begehen – ich sah, wie Arbaces den Stoß führte; ich kann den wahren Mörder überweisen und die Freisprechung des Unschuldigen bewirken; wenn aber ich umkomme, so stirbt er auch. Interessirst Du Dich für ihn? O gepriesene Fremde, in meinem Herzen ist die Urne, die ihn verdammt oder losspricht.«
    »Und willst Du alles, was Du weißt, rücksichtslos bekennen?«
    »Ob ich will? Öffnete sich die Hölle unter meinen Füßen – ja! Rache an dem falschen Egypter – Rache, Rache, Rache!«
    Während Glaukus diese letzten Worte zähneknirschend ausrief, fühlte Nydia, daß gerade in seiner unreinen Leidenschaft die beste Sicherheit für die Rettung des Atheners liege. Ihr Herz schlug. Wie, sollte ihr das stolze Loos bestimmt sein, ihren Abgott, den Gegenstand ihrer Anbetung zu retten? »Genug,« sagte sie, »die Mächte, die mich hierher führten, werden mich auch fernerhin geleiten. Ja, ich fühle, daß ich Dich befreien werde. Warte in Geduld und Hoffnung.«
    »Aber sei vorsichtig, sei klug, süße Unbekannte. Versuche nichts bei Arbaces – sein Herz ist von Marmor. Begib Dich zum Prätor – sag' was Du weißt – wirke einen Befehl zur Haussuchung aus; bring Soldaten und gewandte Schmiede – diese Schlösser sind erstaunlich stark! Die Zeit verstreicht – ich kann verhungern, wenn Du Dich nicht beeilst – geh – geh! Doch halt – es ist fürchterlich, allein zu sein – die Luft ist hier wie in einem Leichenhaus – und die Skorpionen – ha, und die bleichen Larven! O bleib, bleib!«
    »Nein,« entgegnete Nydia durch den Schrecken des Priesters beängstigt, und voll Verlangen, mit sich selbst zu Rathe zu gehen; »nein, um Deinetwillen muß ich fort. Nimm die Hoffnung zu Deiner Gefährtin – – Lebe wohl!«
    Mit diesen Worten schlich sie weg und tappte mit ausgestreckten Armen längs der Pfeiler hin, bis sie das entgegengesetzte Ende der Halle und die Mündung des Ganges erreichte, der nach oben führt. Hier aber blieb sie stehen; sie hielt es für sicherer, zu warten, bis die Nacht so weit gegen die Stunden des Morgens vorgeschritten sein würde, bis das ganze Haus im Schlag begnaden läge und sie es dann unbeachtet verlassen könne.
    Sie legte sich also noch einmal nieder und zählte die trägen Minuten. In ihrem sanguinischen Herzen war Freude die vorherrschende Regung. Glaukus war in Todesgefahr – aber sie sollte ihn retten!

Fünfzehntes Kapitel.
Arbaces und Ione – Nydia erreicht den Garten – Wird sie entkommen und den Athener retten?
    Als Arbaces sein Blut durch ein ziemliches Quantum jenes gewürzten und wohlriechenden Weines, den die Bonvivants damals so sehr liebten, erwärmt hatte, fühlte er sein Herz mehr als gewöhnlich erhoben und frohlockend. Im Triumph der Schlauheit liegt ein Stolz, der, selbst wenn der Zweck ein verbrecherischer ist, ebenso stark gefühlt werden dürfte. Unsere eitle Menschennatur gefällt sich im Bewußtsein überlegener List und selbsterrungener Erfolge, und später erst stellt sich die fürchterliche Gegenwirkung der Reue ein.
    Aller Wahrscheinlichkeit nach aber war es nicht Reue, was ein Arbaces je über das Loos des elenden Kalenus fühlen mochte. Er verwischte aus seinem Gedächtnis den Gedanken an des Priesters langsame Todesqual; er fühlte nur, daß eine große Gefahr vorüber und ein möglicher Feind zum Stillschweigen gebracht sei. Das Einzige, was er noch zu thun hatte, war, den Isispriestern Rechenschaft über die Verschwindung des Kalenus zu geben, und

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