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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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zu werden. Aber komm, mein alter Freund, trink einen Becher Wein und erzähle mir noch mehr davon. Was macht sie dort? Sie ist erschrocken, spricht von ihren Eiden und bekennt nichts.«
    »Ich ebenso wenig, bei meiner rechten Hand! Auch ich habe jenen fürchterlichen Eid der Geheimhaltung geschworen.«
    »Eid! Und was sind Eide für Männer, wie wir?«
    »Allerdings! gewöhnliche Eide; aber dieser ...« Und der im Laster abgehärtete Priester zitterte, während er sprach. »Indessen,« fuhr er fort, »will ich Dir nur gestehen, daß es nicht sowohl der Eid ist, den ich fürchte, als die Rache dessen, der ihn mir auferlegt hat. Bei den Göttern! er ist ein mächtiger Zauberer und könnte mein Geständnis sogar aus dem Monde herausbringen, wenn ich es diesem abzulegen wagen sollte. Also nichts mehr davon. Beim Pollux! So herrlich auch die Feste sind, die ich mit ihm feire, so fühle ich mich doch nie ganz behaglich dabei, mein Freund! ich ziehe eine muntere Stunde bei Dir und bei einem jener einfachen, natürlichen, schäkernden Mädchen, die ich in diesem Zimmer treffe – so verräuchert es auch sein mag – ganzen Nächten jener Schlemmereien vor.«
    »Ah! sprichst Du so? – gut, da wollen wir morgen Abend, wenn es den Göttern gefällt, ein heimliches Gelage halten.«
    »Recht gern,« sagte der Priester, und trat, sich die Hände reibend, dem Tische näher.
    In diesem Augenblicke vernahmen sie ein leises Geräusch an der Thüre, wie wenn jemand nach der Klinke fühlte. Der Priester ließ schnell die Kapuze über sein Gesicht herab.
    »Still,« sagte der Wirth; »es ist die junge Blinde.«
    In diesem Augenblicke öffnete Nydia die Thüre und trat ins Zimmer.
    »Ah, mein Kind! was machst Du? Du bist blaß; hast Du in die Nacht hingeschwärmt? Das thut nichts, Jugend bleibt immer Jugend;« sagte Burbo ermuthigend.
    Das junge Mädchen gab keine Antwort, sondern ließ sich mit einem Anscheine von Mattigkeit auf einen Sitz nieder. Sie wechselte mehremale die Farbe, stampfte mit ihren kleinen Füßen ungeduldig auf den Boden, erhob dann plötzlich den Kopf und sagte mit entschlossenem Tone: »Herr, Du kannst mich verhungern lassen, wenn Du willst, kannst mich schlagen, mit dem Tode bedrohen; – aber an diesen unheiligen Ort gehe ich nicht mehr.«
    »Wie, Du Thörin!« sage Burbo mit mildem Tone, indem seine düstern Augenbrauen finster über seinen trotzigen blutdürstigen Augen zusammentrafen; »wie, Du Ungehorsame, nimm Dich in Acht.«
    »Ich habe es gesagt,« sprach das Mädchen, ihre Hände über die Brust kreuzend.
    »Was! meine keusche Vestalin; Du willst also nicht mehr dorthin gehen? Gut, so muß man Dich dorthin tragen.«
    »Ich werde durch mein Geschrei die Stadt in Aufregung bringen,« sagte sie leidenschaftlich, und die Röthe stieg ihr ins Gesicht.
    »Wir werden auch dafür sorgen; man wird Dich knebeln.«
    »Denn mögen mir die Götter helfen,« sagte Nydia, indem sie aufstand; »ich werde mich an die Obrigkeit wenden.«
    »Gedenke an Deinen Eid!« rief eine hohle Stimme. Es war Kalenus, der jetzt zum erstenmale an der Unterhaltung Antheil nahm.
    Bei diesen Worten kam ein Schauder über die Gestalt des armen Mädchens; sie faltete flehend die Hände.
    »O ich Unglückliche!« rief sie, und brach in heftige Thränen aus.
    Mochte es nun dies laute Schluchzen gewesen sein, was die liebenswürdige Stratonice herbeizog, oder nicht – kurz, ihre schreckliche Gestalt zeigte sich in diesem Augenblicke im Zimmer.
    »Viehkerl! was hast Du mit meiner Sklavin getrieben?« sage sie zornig zu Burbo.
    »Sei ruhig, Weib,« sagte er mit halb aufgeregtem, halb unterwürfigem Tone: »Du brauchst neue Gürtel und schöne Kleider, nicht wahr? Gut, so gib Acht auf Deine Sklavin, oder Du wirst sie noch lang entbehren müssen. Væ capiti tuo (Wehe Deinem Haupte), Elende!«
    »Was soll das heißen?« sagte die alte Hexe, vom Einen zum Andern blickend.
    Nydia fuhr wie von einem plötzlichen Antriebe von der Wand auf, gegen die sie sich angelehnt hatte, warf sich vor Stratonice zu Füßen und blickte mit ihren lichtlosen rührenden Augen zu ihr empor.
    »Ach! meine Gebieterin!« schluchzte sie, »Du bist ein Weib, hast Schwestern gehabt und bist jung gewesen, wie ich; habe Mitleiden mit mir, rette mich, ich will nicht mehr zu diesen abscheulichen Festen gehen.«
    »Thörin!« sagte die Alte, und riß sie ungestüm an einer ihrer zarten Hände, die sich nicht zu härteren Arbeiten, als zum Flechten von Kränzen eigneten, was ja

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