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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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Burbo hat vielleicht im Hinterstübchen ein junges Mädchen unter den Klauen. Ich habe eine weibliche Stimme schreien hören; die alte Dame ist so eifersüchtig wie Juno.«
    »Ah! herrlich!« rief Lepidus lachend: »Vorwärts, Klodius, wir wollen mit Jupiter theilen; vielleicht hat er eine Leda gefunden.«
    In diesem Augenblicke erschreckte ein lauter Schrei des Schmerzes und Entsetzens die ganze Versammlung.
    »Oh, schone, schone mich! Ich bin ja nur ein Kind, ich bin blind – ist das nicht Strafe genug?«
    »O Pallas! diese Stimme kenne ich; es ist die meines armen Blumenmädchens,« rief Glaukus und pfeilschnell stürzte er auf die Gegend zu, woher die Klagetöne kamen.
    Er stieß die Thüre auf, und erblickte nun Nydia, wie sie sich unter den Mißhandlungen der wüthend gewordenen Hexe wand; der Strick, schon mit Blut gefärbt, schwebte von Neuem in der Luft, – wurde aber sofort von kräftiger Hand aufgehalten.
    »Furie!« sagte Glaukus und befreite Nydia mit der linken Hand aus der Gewalt der Alten; »wie wagst Du ein junges Mädchen, eine Person Deines Geschlechts, ein Kind, so zu behandeln? Meine Nydia, mein armes Kind!«
    »Oh, bist Du es? ist es Glaukus?« rief das Blumenmädchen im Hochgefühl der Freude. Die Thränen standen still auf ihren Wangen; sie lächelte, schmiegte sich an seine Brust und küßte sein Kleid.
    »Und wie kannst Du es wagen, vorwitziger Fremdling, in das Verfahren einer Frau gegen ihre Sklavin Dich zu mischen? Bei den Göttern! Trotz Deiner schönen Tunika und Deiner erbärmlichen Wohlgerüche zweifle ich, ob Du, Männlein, ein römischer Bürger bist!«
    »Höflich, Herrin! hübsch höflich!« sagte Klodius, der jetzt mit Lepidus eintrat, »dies ist mein Freund und Bruder, er muß gegen Deine Zunge unter Dach gebracht werden, sie regnet ja Steine!«
    »Gib mir meine Sklavin!« rief die Amazone, indem sie mit kräftiger Faust den Griechen bei der Brust faßte.
    »Nicht, wenn alle Furien, Deine Schwestern, Dir beistünden,« versetzte Glaukus. »Fürchte Nichts, süße Nydia, ein Athener verläßt die Unglücklichen nie.«
    »Hoho!« rief Burbo, mit verdrießlicher Miene sich erhebend; »was ist das für ein Lärmen um eine Sklavin? Weib, laß diesen jungen Herrn gehen, laß ihn gehen – und verzeihe diesmal ihm zu Liebe der kleinen Unverschämten.«
    Mit diesen Worten zog oder schleppte er vielmehr seine wilde Gefährtin hinweg.
    »Mir schien, bei unserm Eintritte sei noch ein Mann hier gewesen,« sagte Klodius.
    »Ja, aber er ist fortgegangen.«
    Der Isispriester hatte es in er That für hohe Zeit gehalten, sich zu entfernen.
    »Oh!« sagte Burbo gleichgültig, »es war ein Freund, ein Zechbruder, ein ruhiger Hund, der solche Händel nicht liebt.« Hierauf setzte er, sich an Nydia wendend, hinzu: »Aber geh doch, Kind, Du wirst die Tunika dieses Herrn zerreißen, wenn Du sie festhältst; geh, Du hast Verzeihung.«
    »Oh! verlaß mich nicht, verlaß mich nicht,« rief Nydia, sich noch fester an das Gewand des Atheners anklammernd.
    Gerührt durch ihre traurige Lage, durch die Anflehung seines Mitleidens und durch ihre zahllosen und rührenden Reize, setzte sich der Grieche auf einen der plumpen Stühle. Er zog sie auf seine Kniee, wischte ihr mit seinem eigenen Haaren das Blut von den Schultern – küßte die Thräne von ihren Wangen – flüsterte ihr tausende von den besänftigenden Worten zu, mit denen man den Schmerz eines Kindes zu stillen sucht, und so schön erschien er in diesem freundlichen und tröstenden Geschäft, daß sogar das Herz der Stratonice davon gerührt wurde. Seine Gegenwart schien über diese gemeine und schmutzige Wohnung einen gewissen Glanz zu verbreiten. Jung, schön, glanzvoll, bot er ein Bild des höchsten irdischen Glücks, indem er ein Wesen zu trösten suchte, das von der Welt verlassen war.
    »Wer hätte je geglaubt, daß unsre blinde Nydia eine solche Ehre genießen würde?« sagte die Alte, ihre erhitzte Stirne abtrocknend.
    Glaukus schaute den Burbo an und sagte: »Mein guter Mann, dies ist Deine Sklavin, sie singt gut und versteht sich auf die Pflege der Blumen; ich wünschte einer Dame mit einer solchen Sklavin ein Geschenk zu machen. Willst Du sie mir verkaufen?«
    Während er sprach, fühlte er, wie das arme Mädchen vor Freude an allen Gliedern zitterte. Sie sprang auf, strich sich die fliegenden Haar aus dem Gesichte und blickte um sich, wie wenn sie wirklich im Stande gewesen wäre, zu sehen.
    »Unsere Nydia verkaufen! Nein, nein,«

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