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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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gegenwärtig ihr Gewerbe, immer aber ihre Lust war; »Thörin! solche feine Bedenklichkeiten sind nicht für Sklavinnen.«
    »Hörst Du?« sagte Burbo, indem er den Inhalt seiner Börse erklingen ließ; »Du hörst diese Musik, Frau? Beim Pollux! Wenn Du Dein Füllen nicht streng im Zaume hältst, so wirst Du sie nicht mehr hören.«
    »Das Mädchen ist müde,« sagte Stratonice, dem Kalenus zunickend; »wenn Du sie das nächste Mal nöthig hast, wird sie gelehriger sein.«
    »Du! Du! Wer ist hier!« rief Nydia, ihre Blicke mit so schüchternem und gespanntem Ausdrucke durchs Zimmer werfend, daß Kalenus erschreckt von seinem Sitze aufsprang.
    »Sie muß mit diesen Augen sehen!« murmelte er.
    »Wer ist da? Sprechet in des Himmels Namen! Ach, wenn Ihr blind wäret, wie ich, so würdet Ihr nicht so grausam sein!« sagte sie und brach in einen neuen Strom von Thränen aus.
    »Bringt sie weg,« sagte Burbo ungeduldig, »ich kann dieses Geheul nicht hören.«
    »Komm!« sagte Stratonice, indem sie das arme Mädchen an die Schultern stieß.
    Nydia wich ihr mit einer Miene aus, der feste Entschlossenheit Würde verlieh und sagte: »Höre mich! Ich habe Dir treu gedient – ich, die ich erzogen wurde – ach, meine Mutter, meine arme Mutter! Hast Du je daran gedacht, daß es mit mir so weit kommen würde!« Sie wischte sich eine Thräne aus ihren Augen und fuhr fort: »Befiel mir Alles, was Du willst, nur dies nicht, und ich will gehorchen; aber ich sage Euch jetzt, so hart, streng und unerbittlich Ihr auch seid, ich sage Euch, daß ich nicht mehr gehe, oder, wenn man mich mit Gewalt hinschleppt, die Barmherzigkeit des Prätors selbst anrufe. Ich hab' es gesagt: höret mich, ihr Götter, ich schwöre!«
    Die Augen der Hexe funkelten; mit der einen Hand ergriff sie das Mädchen bei den Haaren, und hob die andere in die Höhe, – diese furchtbare rechte Hand, deren geringster Schlag die schwache und zarte Gestalt, die unter ihrem Griff zitterte, zerschmettern zu müssen schien. Selbst Stratonice schien dies zu bedenken; denn sie hielt inne, änderte ihr Vorhaben, zog Nydia nach der Wand hin, nahm einen, ach! mehr als einmal zu demselben Gebrauche benutzten Strick aus einem Haken und alsbald ertönte das herzzerreißende Geschrei des armen blinden Kindes durch das Haus.

Drittes Kapitel.
Glaukus macht einen Kauf, der ihm später theuer zu stehen kommen wird.
    »Holla! mein tapferer Bursche!« sagte Lepidus, indem er gebeugten Hauptes durch die niedrige Hausthüre Burbo's trat; »wir sind hieher gekommen, um zu sehen, wer von Euch seinem Lanista am meisten Ehre mache.«
    Die Gladiatoren erhoben sich achtungsvoll vom Tische gegen die drei Ankömmlinge, die als die reichsten und muntersten unter den jungen Leuten von Pompeji bekannt waren, und im Amphitheater den Ton angeben.
    »Welche herrlichen Thiere!« sagte Klodius zu Glaukus; »würdig, Gladiatoren zu sein.«
    »Schade, daß sie keine Krieger sind!« versetzte Glaukus.
    Es war sonderbar zu sehen, wie der weichliche und ekelige Lepidus, den bei einem Banket ein Lichtstrahl zu blenden, im Bade das leiseste Lüftchen zu versengen, in welchem die Natur so ganz jeden ursprünglichen Antrieb verloren und in ein zweifelhaftes, weibisches und künstliches Ding verwandelt zu haben schien; es war, sage ich, sonderbar zu sehen, wie dieser Lepidus jetzt voll Eifer, Kraft und Leben mit seiner weißen Mädchenhand die großen Schultern der Gladiatoren betastete, ihre eisernen Muskeln anfühlte, ganz verloren in Bewunderung dieser Mannhaftigkeit, die er von sich selbst sorgfältigst zu verbannen sein ganzes Leben hindurch bemüht gewesen war.
    So sehen wir auch in unsern Tagen die unbärtigen Salonsschmetterlinge zu London sich um die Helden von Fives-Court drängen; so sehen wir sie dieselben begaffen und bewundern und eine Wette berechnen; so sehen wir in komischer, aber zugleich tragischer Vereinigung die beiden Extreme der civilisirten Gesellschaft: die Patrone des Vergnügens und seine Sklaven; die verächtlichsten aller Sklaven, zugleich wild und verkäuflich, männliche Miethlinge, die ihr derbes Fleisch und ihre Stärke wie Weiber ihre Schönheit verkaufen; wilde Thiere in ihrem Handeln, aber noch schlimmer als diese in ihren Beweggründen, denn letztere verstümmeln sich wenigstens nicht gegenseitig für Geld.
    »Nun, Niger,« sagte Lepidus, »wie und mit wem wirst Du fechten?«
    »Sporus hat mich herausgefordert,« antwortete der Riese, »ich hoffe, es soll ein Kampf auf Leben

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