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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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sagte Stratonice mit brutalem Ton.
    Nydia sank mit einem langen Seufzer zurück und ergriff von Neuem das Gewand ihres Beschützers.
    »Tollheiten!« sprach Klodius mit gebieterischem Tone, »Ihr müßt mir zu gefallen sein. Was, Burbo? Was, alte Dame? Bedenket Ihr nicht, daß Euer Gewerbe ruinirt ist, wenn Ihr mich beleidigt? Ist Burbo nicht ein Klient meines Vetters Pansa? Bin ich nicht das Orakel des Amphitheaters und seiner Helden? Ein Wort von mir, und Ihr könnt Eure Weinkrüge getrost zerschlagen, denn Ihr verkaufet Nichts mehr. Glaukus, die Sklavin gehört Dir.«
    Burbo kratzte sich in sichtbarer Verlegenheit hinter den Ohren.
    »Das Mädchen ist für mich so viel werth als es in Gold wiegt.«
    »Nenne Deinen Preis, ich bin reich,« sagte Glaukus.
    Die alten Italiener waren, wie die heutigen, stets bereit, Alles zu verkaufen, um so mehr als ein armes, blindes Mädchen.
    »Ich habe sechs Sestertien für sie bezahlt; sie ist jetzt zwölf werth,« murmelte Stratonice.
    »Ich will Euch zwanzig geben, kommt auf der Stelle mit mir zur Obrigkeit und von da in meine Wohnung, um Euer Geld in Empfang zu nehmen.«
    »Wenn es nicht aus Gefälligkeit gegen den edlen Klodius geschehe, so hätte ich dieses hilflose Kind nicht für hundert Sestertien verkauft,« sagte Burbo mit weinerlichem Tone; »Du, edler Klodius, wirst hoffentlich bei Pansa wegen der Stelle eines Designator im Amphitheater reden; sie würde gerade für mich passen.«
    »Du sollst sie bekommen,« sagte Klodius, und flüsterte dem Burbo ferner ins Ohr: »Dieser Grieche da kann Dein Glück machen; das Geld läuft bei ihm wie durch ein Sieb. Du darfst diesen Tag mit weißer Kreide bezeichnen, mein Priamus.«
    » An dabis? « fragte Glaukus, in der gebräuchlichen Frage des Käufers an den Verkäufer.
    » Dabitur ,« antwortete Burbo.
    »Ich werde also mit Dir gehen – mit Dir? Oh, welches Glück!« murmelte Nydia.
    »Ja, mein hübsches Kind, und Dein härtestes Geschäft soll künftig sein, der liebenswürdigsten Frau in Pompeji griechische Lieder vorzusingen.«
    Das junge Mädchen wand sich aus seinen Armen los; ihr Gesicht verlor plötzlich den Glanz, der es so eben noch belebt hatte, sie seufzte tief, ergriff hierauf noch einmal seine Hand, und sagte: »Ich glaubte, ich würde in Dein Haus gehen.«
    »Dies soll auch für jetzt geschehen; komm – wir verlieren hier nur die Zeit.«

Viertes Kapitel.
Der Nebenbuhler des Glaukus dringt vor auf der Rennbahn.
    Ione war eine jener strahlenden Erscheinungen, wie sie über unsere Lebensbahn nur ein- oder zweimal hinblitzen. Sie vereinigte in sich in der höchsten Vollkommenheit die zwei seltensten irdischen Gaben, Geist und Schönheit. Nie noch besaß Jemand höhere geistige Fähigkeiten, ohne sich ihrer bewußt zu sein; die Paarung der Bescheidenheit mit dem Verdienste ist etwas recht Hübsches, aber wo das Verdienst groß ist, da verbirgt der Schleier jener bewunderten Bescheidenheit die Größe des Verdienstes nie vor den Augen dessen, der es in sich trägt. Das stolze Bewußtsein gewisser Eigenschaften, die es dem Alltagsmenschen nicht enthüllen kann, ist es, was dem Genie jenes schüchterne, zurückhaltende und etwas verlegene Wesen gibt, das dich, wenn du es triffst, zugleich irre macht und dir schmeichelt. Täusche dich nicht, eitler Weltmensch, mit dem Gedanken, das verlegene Wesen jenes großen Mannes sei ein Zeichen, daß er seine Geistesüberlegenheit über dich nicht kenne! Was du für Bescheidenheit hältst, ist der innere Kampf der Selbstachtung. Er kennt den unermeßlichen Abstand zwischen dir und ihm nur zu sehr, und ist bloß deshalb aus der Fassung gebracht, weil er sich an den Orten, wo er dir begegnet, plötzlich auf dein Niveau herabgesetzt sieht. Er hat keine Unterredung, keine Gedanken, keinen Verkehr mit Menschen, wie du; – deine Kleinheit ist es, die ihn aus der Fassung bringt, nicht die seinige.
    Ione also war sich ihres Genius bewußt; aber mit jener bezaubernden Gewandtheit, die den Frauen eigenthümlich ist, besaß sie das Talent, dessen sich wenige gleichartige Geister unter dem minder biegsamen Geschlechte rühmen können – das Talent, ihr anmuthiges Wissen nach der Fassungskraft derer, mit denen sie in Berührung kam, herabzustimmen und zu modelliren. Die sprudelnde Quelle goß ihre Wasser gleichmäßig auf Ufer, Höhle und Blumen aus; überall erfrischte, lächelte, blendete sie. Jener Stolz, der das natürliche Resultat geistiger Überlegenheit ist, fiel bei ihr nicht

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