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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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»In ihrer Miene lebte die längst vergangne Zeit,
In ihrem Auge dachte der Geist der Ewigkeit.«
     
    Der große äthiopische Sklave grinste, als er sie einließ, und winkte ihr, weiter zu gehen. In der Mitte der Halle kam ihr Arbaces selbst entgegen in einem festlichen, von Juwelen schimmernden Gewande. Obgleich es draußen heller Tag war, so hatte man doch das Innere des Hauses nach dem wollüstigen Brauche jener Zeit künstlich verdunkelt, und die Lampen warfen ihr stilles und duftendes Licht über die reichen Fußboden und die mit Elfenbein ausgelegten Plafonds.
    »Schöne Ione,« sprach Arbaces, als er sich neigte, um ihre Hand zu berühren, »Du bist es, die den Tag verfinstert hat – Deine Augen erleuchten diese Hallen – Dein Odem erfüllt sie mit Wohlgerüchen.«
    »So mußt Du nicht mit mir reden,« entgegnete Ione lächelnd. »Du vergißt, daß Deine Weisheit meinen Geist hinlänglich unterrichtet hat, um mir solche, meiner Person geltende Artigkeiten unwillkommen zu machen. Du warst es ja, der mich die Schmeichelei verachten lehrte; willst Du Deine Schülerin das vergessen machen, was Du sie gelehrt hast?«
    In dem Benehmen Ione's lag, während sie diese Worte sprach, etwas so Unbefangenes und Reizendes, daß der Egypter verliebter und geneigter als je wurde, den so eben gerügten Fehler von Neuem zu begehen; er antwortete übrigens rasch und munter, und beeilte sich, dem Gespräch eine andere Wendung zu geben.
    Er führte sie durch die verschiedenen Zimmer eines Hauses, das ihren an keine andere Pracht, als an die bescheidene Eleganz der kampanischen Städte gewöhnten Augen die Schätze der Welt zu enthalten schien.
    Die Wände waren mit Gemälden von unschätzbarer Kunst ausgeschmückt; der Glanz der Lampen bestrahlte Statuen aus der edelsten Zeit Griechenlands. Juwelenkästchen, deren jedes einzelne selbst ein Juwel war, füllten die Zwischenräume der Säulen aus; die kostbarsten Holzarten waren zu Schwellen und Thüren verwendet, und Gold und Edelsteine schienen überall hin ausgegossen. Bisweilen waren sie allein in diesen Zimmern, bisweilen schritten sie durch Reihen schweigender Sklaven, die, von Ferne niederfallend, ihr Armbänder, Ketten und Edelsteinen darboten, und um deren Annahme sie der Egypter, jedoch fruchtlos, anflehte.
    »Schon oft,« sagte sie vor Staunen, »habe ich gehört, daß Du reich seiest, aber nie ließ ich mir träumen, daß Deine Schätze sich zu solcher Höhe erstrecken.«
    »Könnte ich sie doch alle,« erwiderte der Egypter, »zu einer einzigen Krone verschmelzen, die ich auf diese blendend weiße Stirn setzte.«
    »Ach, ihr Gewicht würde mich niederdrücken; ich wäre eine zweite Tarpeja,« antwortete Ione lachend.
    »Aber Du verachtest doch den Reichthum nicht – o Ione, wer nicht reich ist, weiß nicht, das das Leben zu gewähren im Stande ist. Gold ist der große Zauberer der Erde – es verwirklicht unsere Träume, und gibt ihnen die Macht eines Gottes. Es liegt eine gewisse Größe und Erhabenheit in seinem Besitze; es ist der mächtigste und zugleich der gehorsamste unserer Sklaven.«
    Der schlaue Arbaces suchte die Neapolitanerin durch seine Schätze und Beredsamkeit zu verblenden; suchte in ihr das Verlangen zu erwecken, die Herrin dessen, was sie hier vor sich sah, zu werden, und hoffte, daß sie den Besitzer mit dem Besitze vermengen, daß der Glanz seines Reichthums auf ihn selbst zurückstrahlen werde. Übrigens fühlte sich Ione insgeheim etwas unbehaglich, als solche Artigkeiten denselben Lippen entströmten, die bis vor Kurzem noch die der Schönheit gewöhnlich dargebrachte Huldigung zu verschmähen schienen. Mit jener zarten Gewandtheit, die nur die Frauen besitzen, suchte sie mit Wohlbedacht abgeschossene Pfeile zu pariren und den Sinn seiner glühenden Sprache wegzuplaudern oder wegzulocken. Nichts Lieblicheres gibt es in der Welt, als diese Vertheidigunsweise; sie ist das Kunststück jenes afrikanischen Zauberers, der mit einer Feder den Winden eine andere Richtung geben zu können behauptete.
    Der Egypter war von ihrer Anmuth fast noch mehr, als von ihrer Schönheit, berauscht und überwältigt; nur mit Mühe konnte er seine Empfindungen unterdrücken. Ach! die Feder war nur mächtig gegen die zarten Sommerlüftchen – aber sie würde das Spiel eines Sturmes sein.
    Während sie so in einer mit weißen, silbergestickten Draperien ausgeschlagene Halle stunden, klatschte der Egypter plötzlich in die Hände, und wie durch einen

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