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Die letzten Worte des Wolfs

Die letzten Worte des Wolfs

Titel: Die letzten Worte des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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allen losgesagt, die ihn fördern oder hemmen könnten. Manchmal wandelt er auf Wellen, dann trägt das Wasser mir dies zu. Manchmal hilft er dem Thron, mehr als ein gewöhnlicher Stuhl zu sein, hat man mir erzählt. Er ist ein Halbgott, der ein Ganzgott werden möchte. Ihr werdet sicherlich nicht allzu lange auf dem Kontinent Taten vollbringen können, ohne Galins Weg irgendwann zu kreuzen.«
    Oben an der Reling erschien Hellas, eine Laterne in der Hand. »Eljazokad? Ich glaube, wir können deine Hilfe gebrauchen.«
    Eljazokad zögerte nur kurz. Er griff sich das Tau, das Hellas ihm zuwarf, und kletterte aus eigener Kraft an Bord der Aglaeca.
    Aufmerksam betrachtete der junge Magier das vielfarbige Gespinst. Er war durch die geborstene Türöffnung geschlüpft und berührte mit der Nase und Hellas’ Schiffslaterne beinahe das leuchtende Netzwerk.
    Â»Offenbar eine Sicherung«, teilte er den anderen seine Gedanken mit. »Soll den Gefangenen am Fliehen hindern und Unbefugte am Zutritt. Eine seltsame Art von Magie, die nicht aus Licht besteht, sondern aus einem leuchtenden Material. Raupenseide womöglich. Entscheidend sind die Verankerungspunkte an den Wänden und der Decke. Dort wird die Leuchtfarbe der jeweiligen Stränge festgelegt.«
    Â»Die entscheidende Frage ist: Kommen wir da durch?« Rodraeg stand dicht neben ihm.
    Eljazokad verzog das Gesicht. »Ich weiß nicht, was passiert, wenn man das Netz einfach irgendwo berührt, aber irgend etwas muß passieren, sonst ergibt das ganze Gewebe keinen Sinn. Höchstwahrscheinlich gibt es einen Schlüssel, und den hat Yrmenlaf. Ich glaube aber nicht, daß Yrmenlaf so dumm ist, alles auf einen Schlüssel zu setzen. Würde der Schlüssel verlorengehen, könnte man das Netz nicht mehr öffnen. Nein, ich glaube, man kann das Netz auch ohne Schlüssel öffnen. Man muß nur die richtige Reihenfolge der Stränge wählen.«
    Â»Sollen wir die Wachtposten befragen?« schlug Hellas vor.
    Â»Meinst du, daß die etwas wissen?« fragte Rodraeg.
    Â»Na, irgend jemand muß dem Gefangenen ja Essen bringen und ab und zu die Eimer austauschen. Ich glaube nicht, daß Yrmenlaf das höchstpersönlich macht. Vielleicht haben die Wächter den Schlüssel.«
    Â»Du hast recht«, sagte Rodraeg. »Versuch mit Bestar etwas aus ihnen herauszubekommen. Aber laßt sie leben.«
    Â»Keine Sorge. Es werden schon genügend Zeugen übrigbleiben.«
    Â»Warte!« Eljazokad hielt den Bogenschützen zurück. »Ich glaube, ich weiß, wie es funktioniert. Es ist eigentlich ganz einfach. Seht ihr die fünf Fäden hier vorne? Die sind nicht mit dem Gesamtnetz verbunden, aber jeder hat eine andere Farbe. Diese fünf bezeichnen den Schlüssel: die Reihenfolge, in der man die anderen Fäden lösen muß. Weiß – Rot – Blau – Gelb – Grün. Das ist schwierig zu merken und leicht durcheinanderzubringen, und außerdem wird es womöglich jede Woche geändert. Deshalb haben sie sich hier vorne den jeweils aktuellen Schlüssel notiert.«
    Â»Aber wenn sie den Schlüssel sichtbar aufhängen«, bemerkte Hellas skeptisch, »dann kann der Gefangene ihn sich doch ansehen und aufschließen.«
    Â»Wenn er dazu in der Lage ist, aber vielleicht haben sie ihm die Augen verbunden? Also, ich beginne mit Weiß.«
    Eljazokad reichte Rodraeg die Laterne und griff ohne weitere Einwände abzuwarten nach dem vordersten der weißen Fäden. Mit etwas Bastelei an den Wandkontaktpunkten gelang es ihm, den Faden abzulösen. Nun knöpfte er sich den nächsten weißen Faden vor, dann den dritten, dann den vierten. Die gelösten Fäden legte er behutsam auf dem Boden ab, wo sie langsam an Leuchtkraft verloren, bis dort nur noch ganz gewöhnliche Webfäden lagen.
    Bestar rümpfte die Nase. »Woher wissen wir, ob überhaupt etwas passieren würde?«
    Â»Ich will es lieber nicht riskieren«, flüsterte Rodraeg, der sich allein schon vom Zuschauen den Schweiß von der Stirn wischen mußte. »Solange nichts geschieht, macht Eljazokad alles richtig.«
    Hellas nahm sich neugierig einen der abgelegten Fäden, befühlte ihn und schnupperte an ihm. »Riecht seltsam«, sagte er. »Mit irgend etwas sind die behandelt.«
    Â»Ja«, sagte Eljazokad konzentriert. »Solange sie leuchten, sind sie

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