Die letzten Worte des Wolfs
entkam ihm.
Der Blauhaarige stand nun vor ihm, als wollte er sagen: »Wer bist du denn? Was mischst du dich ein in meine Pläne, du und deine anderen Verlierer?«
Die Armbrust klackte.
»So also funktioniert dieses Ding. Da sind mehrere Bolzen drin«, sagte Hellas anerkennend. Es klackte noch zweimal.
Der Körper des Blauhaarigen erzitterte unter der Wucht der drei Einschläge. Mit Verwunderung in den Augen stolperte er rückwärts bis zur Reling. Dort stützte er sich auf, bebte und atmete.
»Wer seid ihr?« fragte Rodraeg so ruhig wie möglich. »Weshalb tötet ihr Wale, Werwölfe und Mammuts?«
Der Blauhaarige blickte ihn von unten herauf an und malmte Blut auf seinen Lippen. »Ich ⦠bin ⦠Udin Ganija. Wir sind die Kinder der Tränen und des roten Schnees. ⦠Aufgewachsen in den Provinzen von ⦠Bazuzary und Benitdouleur. Wir werden niemals, niemals aufhören â¦, gegen das Urteil der Götter zu kämpfen.«
Ein Traum. Rodraeg war sich sicher. Von Provinzen dieses Namens hatte er noch nie gehört. Und roter Schnee, so hatte die Heilerin Geskara ihm in Terrek erzählt, war das, was die Götter aus Toten machten. Die Götter, die in seinen Augen nie mehr als ein Märchen gewesen waren.
Der Blauhaarige griff noch einmal an. Rodraeg empfand es als wichtig, daà er selbst den Kampf beendete. Er konnte nicht immer nur Bestar und Hellas das Köpfen und ErschieÃen von Gegnern überlassen. Er war entweder selbst ein Teil des Mammuts, oder er stand darüber oder daneben, und das wollte er nicht. Er holte aus, um den Anderthalbhänder im Rumpf des Blauhaarigen zu versenken.
Aber er hielt inne. Was redete er sich da eigentlich ein? Gab es keine Möglichkeit mehr, sich zu verständigen? Sie sprachen doch alle eine Sprache! Hatte das ganze Blut ihn trunken gemacht, trunken, noch mehr und immer mehr Blut zu fordern?
»Rodraeg!« brüllte Bestar, als die beiden Krummsäbel auf Rodraeg zuzischten, und Rodraeg handelte ganz aus Reflex. Er wich einem aus, wehrte den zweiten ab und stieà dann vor. Der Blauhaarige hatte nicht mehr das Vermögen, seinerseits zu parieren. Er empfing die Klinge mit röchelndem Atem und stürzte schwer zu Boden. Zwei hastige Herzschläge später war er tot.
Rodraeg fuhr sich mit der Hand durchs Gesicht. Der Husten war ganz fern, ein Widerhall vergangener Not. Der Sommermorgenhimmel war fast so blau wie die Haare des Gefallenen.
»Seht euch das an«, war Eljazokads Stimme zu vernehmen. Er war ebenfalls an Bord geklettert und kniete nun neben dem Leichnam des von Hellas erstochenen Armbrustschützen. »Er hat Mandelaugen. Er sieht dem Mädchen ähnlich aus meinem Traum. Aber er ist der einzige von den vieren. Die anderen sehen eher aus wie ⦠besonders wilde Klippenwälder.«
»Das sind nie und nimmer Klippenwälder«, brummte Bestar.
»Aber was sind das nur für Kerle? Woher kommen sie? Warum sind sie mitten im Sommer angezogen wie im tiefsten Winter?« Plötzlich wurde Eljazokads Stimme lauter und heftiger: »Seht doch: Etwas ⦠passiert mit ihm!«
Der junge Magier deutete auf den Blauhaarigen. Und tatsächlich: Um den auf dem Bauch liegenden Leichnam herum begann die Luft zu flimmern wie bei sehr groÃer Hitze, der Körper wurde undeutlich, unwirklich, fing an zu flackern, wurde durchscheinend und verschwand. Es sah anders aus als bei dem Regenwaldmenschen. Dieser hier begann nicht zu leuchten, sondern löste sich auf. Nur seine Kleidung blieb zurück und sackte, nicht mehr von einem Leib ausgefüllt, in sich zusammen. Sein Blut, das auf den Planken Pfützen bildete, schien zu verdampfen, stieg als warmer Rauch auf und umhüllte das Mammut mit einem seltsamen, an Tempelrauchwerk erinnernden Duft.
Rodraeg lächelte. »Ich wuÃte, daà es nur ein Traum ist. Ich wuÃte es die ganze Zeit. Ich habe noch niemals zuvor jemanden umgebracht â und jetzt gleich drei hintereinander? Das kann doch nicht sein. Da muÃte etwas nicht stimmen. Sie sind gar nicht wirklich!« Er brach in ein erleichtertes Gelächter aus. Seine Nerven waren völlig überspannt.
»Deine Unwirklichen haben mir aber kräftig ins Bein geschossen!« schimpfte Bestar und hinkte richtungslos im Kreis herum. »Der Bolzen löst sich nicht auf, verflucht noch mal!«
»Die anderen drei Jäger auch nicht. Nur ihr
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