Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die leuchtende Stadt

Titel: Die leuchtende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey A. Carver
Vom Netzwerk:
gewissen … Vorsicht.
    So sanft es nur irgend ging, hob er ihr Kinn und berührte ihre Lippen sanft mit den seinen. Er erschauderte, wohlig erregt; aber er spürte auch ein Gefühl von Unsicherheit, den Reflex, die Hand wegzurücken, weil es eine fremde Hand war, die Hand eines fremdartigen Wesens. »Hmm?«, murmelte er und dachte darüber nach, warum er dieses Gefühl empfand. Dann jedoch wurde ihm klar, dass es nicht sein Gefühl war, sonder von Antares kam. Aber sie sah ihm tief in die Augen, bannte seinen Blick und presste mit ihrer Hand die seine an ihre Wange.
    Dann erhob sich plötzlich ein Schatten und glitt zwischen sie, eine Mauer aus Vorsicht und Angst. Thespi-Drittfrauen tun so etwas nicht, dachte er. Besonders tun sie so etwas nicht mit Fremden, mit Nicht-Thespi. Vielleicht lag es aber auch nicht sosehr an seiner Andersartigkeit, sondern nur an der Sache an sich, es zu tun eben … etwas Verbotenes.
    »John Bandicut«, flüsterte sie mit bebender Stimme, »ich bin froh, dich zu kennen, mein Freund.« Und mit diesen Worten drückte sie seine Hände von ihren Wangen, hielt sie aber noch eine Weile umfasst, ehe sie sie schließlich freigab. Und dann war der Augenblick vorbei.
    Er seufzte leise, versuchte, seine Anspannung und körperliche Erregung zu verbergen und sein Verlangen, das Gesicht in ihrem Haar zu vergraben, an ihren Körper zu pressen …
    ///Ich bin verwirrt.
Es hat so viel Macht, so viel Macht … ///
    »John Bandicut, ich fühle es, es ist ein gutes Gefühl, versuch nicht, es zu verbergen. Ich kann nur nicht …« – aaahhl – »… ich muss … aber …« Antares stieß ein leises Zischen aus und gab ihre Suche nach erklärenden Worten auf. Schließlich berührte sie wieder seine Hand und senkte den Blick.
    Er schluckte und murmelte: »Es ist schon okay. Ist ganz in Ordnung so.« Und auch wenn das nicht ganz stimmte, wollte er, dass es so war, weil er sich wünschte, dass dieser Moment, der sich nicht ganz hatte entfalten dürfen, für immer und ewig andauerte.
    Sie schliefen unten, alle drei in dem einzigen Wohnraum der kleinen Wartungskuppel. Bandicut und Antares lagen eng beieinander, berührten sich aber nicht. Mehrmals in der Nacht, wie Bandicut mitbekam, stand S’Cali leise auf. Vermutlich fühlte er sich so nah am Meeresspiegel so unwohl, dass er nicht ruhig schlafen konnte, oder meinte, noch irgendwelche Dinge durchchecken zu müssen – vielleicht, ob noch Festländer in der Nähe waren. Etwa um Mitternacht – einer wirklichen Nacht, nicht diese ständige Dunkelheit der Tiefsee – erwachte Bandicut, weil von oben aus dem Wasser ein blasses Licht auf ihn fiel. Ein Weilchen blieb er liegen, dämmerte im Halbschlaf vor sich hin und wunderte sich über das Licht. Dann erst wurde ihm klar, woher es kam, und war mit einem Mal hellwach. Er schälte sich so leise wie möglich aus seinen Decken, stand auf und stieg die Leiter des Luks hinauf, um auf die Plattform zu gelangen.
    Es war nicht nur ein Mond allein, es waren zwei Monde, die silbergrau über dem Meer standen. Sie waren kleiner als der Erdtrabant, doch von herzzerreißender Schönheit, Juwelen am Nachthimmel; dem Mond, der höher am Himmel stand, fehlte nur noch ein Viertel zum Vollmond, der andere war eine schmale Sichel dicht über dem Horizont. Bandicut versank hingerissen im Anblick der Monde und lauschte den Wellen, die gegen das Habitat schlugen. Mehrmals hörte er ein Plätschern: Fische, die aus dem Wasser hüpften und glitzerten wie Metall im Mondlicht. Bandicut lächelte und blickte hoch zum Himmelszelt, auf das die Sterne gestreut waren. Er konnte keine Sternkonstellationen ausmachen, die ihm bekannt vorkamen, nicht eine einzige. Nicht, dass er das erwartete hätte. Das riesige Sternenband der galaktischen Scheibe kreuzte den westlichen Rand des Himmels. Natürlich konnte er sich nicht sicher sein, glaubte aber zu erkennen, dass die Milchstraße von hier breiter schien als von der Erde aus.
    War er näher am Zentrum der Galaxis? Er wusste es nicht, und eigentlich machte das auch keinen Unterschied. Doch der Anblick der Sterne und der emotionale Widerhall seiner Verbindung mit Antares ließen ihn vor Heimweh fast weinen. Gleichzeitig indes erfasste ihn ein Hochgefühl, weil er hier zwischen den Sternen sein konnte, der erste Mensch, der eine Reise aus dem Sonnensystem heraus unternommen hatte, ein galaktischer Reisender, hin und her geworfen durch die Gezeiten des Chaos und getrieben von den Launen von

Weitere Kostenlose Bücher