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Die leuchtende Stadt

Titel: Die leuchtende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey A. Carver
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Hände des Neri ausgelegt; trotzdem erwies sich L’Kell als geschickter Pilot. Er lenkte das Tauchfahrzeug in einem atemberaubenden Slalomkurs durch sechs oder sieben gewaltige, leuchtende Habitate. Als sie an den Kuppelwänden vorbeirauschten, erhaschte Bandicut mehrere Blicke auf schattenhafte Neri, die sich dicht an den Habitatwänden bewegten oder hinaussahen.
    Bandicut erschauerte. Für einen kurzen, halluzinatorischen Moment war ihm, als gleite er durch die Skyline einer unheimlichen himmlischen Stadt – oder durch eine Simulation, eine virtuelle Realität. Ihm war, als wäre er sonst wo – nur nicht in den gefährlichen Tiefen eines fremden Ozeans. Dann sah er flüchtig die drohende Schwärze des Meereshangs unter den Habitaten und hörte das ferne Rauschen von Luftblasen im Wasser, und plötzlich wirkte alles viel zu real.
    Das Tauchboot tauchte unter einer großen Gruppe Habitate hindurch und wurde dann langsamer. L’Kell steuerte aufwärts, und Bandicut blinzelte, als sie einer ovalen spiegelgleichen Oberfläche entgegenstiegen, direkt unter einem der Habitate: Das musste eine Wasseroberfläche sein, der Zugang in das mit Luft gefüllte Habitat darüber. Bandicut sah zwei Schatten in der spiegelgleichen Fläche, bei denen es sich womöglich um angedockte Tauchfahrzeuge handelte. Die obere Hälfte der Frontkanzel durchbrach die Wasseroberfläche, und Licht fiel in die Kapsel.
    Luft zischte leise um Bandicut, und das Ploppen in seinen Ohren verriet ihm, dass der Kabinendruck stieg und sich dem Druck im Habitat anpasste. L’Kells Finger tanzten über die Kontrollen, und fast alle Lichter auf der Schalttafel verloschen. Dann wandte er den Kopf und sah Bandicut und Ik an. »Etwas sehr Schlimmes hat sich ereignet – viele Neri sind verletzt. Wenn Askelanda sich mit euch trifft, wird er von euch alles wissen wollen, was ihr darüber wisst.«
    Bandicut erwiderte mit stockender Stimme: »Wir werden ganz offen zu ihm sein – aber wir wissen nichts über das, was in eurer Welt geschieht!«
    Erneut hatte Bandicut den Eindruck, dass die Augen des Neri sich drehten. »Ich hoffe, das stimmt. Jetzt folgt mir, und bleibt auf dem Weg!« Ohne eine Antwort abzuwarten, ging L’Kell in die Hocke, gab dem anderen Neri ein Handzeichen und streckte sich dann aus, um das untere Luk der Luftschleuse über sich zu öffnen. Ein erster Lichtkegel fiel ins Tauchboot. »Hier entlang!«, erklärte L’Kell und kletterte in den Einstiegsschacht hinauf.
    Bandicut musste sich mühselig umdrehen, um in diesen Einstiegsschacht zu gelangen. Die Klettersprossen waren nicht für seine Hände ausgelegt, sodass er daran kaum Halt fand. Als er schließlich aus dem Schacht ins helle Licht des Unterseehangars geklettert war und sich mit zusammengekniffenen Augen umsah, erkannte er, dass er auf dem Ausstiegsturm des Tauchboot stand, einem Beobachtungsstand, wie er ihn auch von irdischen Unterseebooten kannte. Zum ersten Mal sah er den Rumpf des Tauchfahrzeugs, in dem er mitgefahren war. Es war ungefähr fünf Meter lang und metallgrau. Seltsame Rillen verliefen auf der Rumpfoberfläche und wanden sich um den Turm. Zwei ähnliche Fahrzeuge dümpelten in der Nähe.
    »Interessant«, meinte Ik, als er neben Bandicut den Kopf aus dem oberen Luk des Einstiegsschachts steckte.
    »Kommt!«, bellte L’Kell, der bereits am Bug des Tauchbootes stand. Unbeholfen kletterte Bandicut aus dem Turm und ging über das schmale Oberdeck auf die Dockplattform zu. Vier Neri standen auf einem Laufsteg, der das offene Wasser umgab, und die beiden Gefährten erkannten rasch, dass ihr Empfangskomitee spitz zulaufende Objekte trug, die wie Harpunen aussahen. L’Kell trat über die Lücke zwischen Tauchboot und Laufsteg hinweg und merkte, dass Bandicut zögerte, ihm zu folgen. Nicht der (vergleichsweise harmlose) Sprung vom Tauchboot auf den Laufsteg bereitete Bandicut Kopfzerbrechen; vielmehr machte ihm das Gefühl zu schaffen, über ein bodenloses, leuchtend lockendes Grab hinwegspringen zu müssen.
    Als er schließlich sprang, glaubte er, im Wasser unter sich Lichtreflexionen zu sehen, die heller waren als alle anderen, und als er auf dem Laufsteg landete, spürte er ein schwaches Grollen unter den Füßen.
    Die Neri-Wächter regten sich. »Gisrh-kach!«, rief einer von ihnen, während er ins Wasser sah. L’Kell antwortete ihm in gedämpfterer Lautstärke. Bandicut verstand zwar nicht, was er sagte, doch schien sein Ton eindeutig zu sein; als die Wächter

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