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Die Lichtermagd

Die Lichtermagd

Titel: Die Lichtermagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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Ulman dagegen stand eher wie ein schlanker und dunkler Falke hinter ihm am Fenster. Er schwieg düster. Er sah Luzinde nicht in die Augen.
    »’s is schlim geworden fir de Jiden in Nirnberg«, eröffnete Mose das Gespräch.
    »Es gibt viel Unruhe«, nickte Hosto.
    »Fil Unruh von Seiten der Krischten«, korrigierte Mose. Der blonde Mann zog eine Augenbraue hoch. »Auch vonseiten der Juden, würde ich sagen. Einige Männer haben Fleischereien aufgebrochen und Schweinemist hineingekippt. Wollt Ihr mir sagen, dass das nichts mit euch Juden zu tun hat?«
    »Davon weiß ich nits«, erwiderte Mose ausweichend. »Lesst denn der Rat den Merder von Josel suchen? Oder wollt er mir sagen, dass das nits mit euch Krischten ze tun hat?«
    »Da fragt Ihr mich zu viel«, schmunzelte Hosto süffisant. »Der Rat geht davon aus, dass das Verbrechen von einem Juden begangen wurde, und also müsst ihr Eberlein den Judenrichter bemühen. Wir haben euch doch das Recht zugestanden, euer Volk selbst abzuurteilen. Wollt Ihr’s lieber anders haben?«
    »Nein. Aber es darf nit als Ausred benutzt werden, de Schuldigkeit fon euch Krischten abzuwelzen«, schnaufte Mose ungehalten.
    »Wollt Ihr damit -«
    »Wollen wir uns den ganzen Morgen Beschuldigungen an den Kopf werfen?«, unterbrach Luzinde. »Deshalb sind wir nicht gekommen.«

    »Warum seid Ihr überhaupt gekommen, Jungfer Luzinde?«, fragte Hosto, sich nun ihr zuwendend. »Oder vielleicht sollte ich Euch mit einem anderen Titel ansprechen, nach dem, was mir mein Neffe hier berichtet hat.«
    Luzinde schoss das Blut ins Gesicht. Sie hätte ahnen können, dass Ulman Hosto von ihren Zärtlichkeiten berichtet hatte. »König Karl nannte mich Frau Luzinde. Das wird Euch sicher auch genügen, Herr Stromer.«
    Er nickte anerkennend. »Und warum habt Ihr Euren Wachhund mitgebracht, Frau Luzinde?«
    »Damit Euer Neffe nicht wieder auf dumme Gedanken kommt«, knurrte Wenzel. Hosto warf Ulman einen irritierten Blick zu. Offenbar hatte der junge Mann seinem Oheim von den Ereignissen der letzten Nacht noch nichts berichtet.
    »Das ist doch momentan alles nicht wichtig«, unterbrach Luzinde. »Wichtig ist, wie wir die Situation in Nürnberg beruhigen können, so dass niemandem etwas passiert.«
    »Ihr kommt immer schnell zur Sache, wie?«, fragte Ulrich gähnend. Dann richtete er sich auf und schnaufte. »Ich weiß nicht, ob ich in der Lage bin, da etwas zu tun, Frau Luzinde. Der Pöbel ist aufgebracht. Aber kann man ihm das verdenken? So viele Vergehen der Juden, wie in den letzten Wochen gemeldet worden sind, gab es in den letzten Jahren zusammen nicht. Überhöhter Wucher, Vergewaltigung von christlichen Frauen, Verkauf vergifteten Fleisches, Pfandnahme von Kirchengütern und Entweihung derselben – das sind schwere Anschuldigungen.«
    »De sind ale frei erfunden, des wisst er doch!«, meinte Mose, doch Hosto hob eine Hand und sprach weiter.
    »Wir wollen unseren jüdischen Gästen nichts unterstellen, was sie nicht getan haben. Das will natürlich alles untersucht werden. Aber eine sorgfältige Untersuchung braucht seine
Zeit. Und bei dieser großen Zahl an Vorwürfen bleibt schon mal etwas liegen. Das Volk aber will entschiedenes Handeln sehen. Wäre Euch lieber, wir würden weniger sorgfältig hinschauen, um zu schnelleren Urteilen zu kommen?«
    »Ihr dreht und wendet des doch aless, wie’s Euch passt«, stieß Mose aus. Luzinde legte ihm die Hand auf den Arm, um ihn zu beruhigen. »Natirlik wolen wer nit, das nit richtig untersucht wird«, erklärte Mose zähneknirschend. »Aber de Leut sind Eure Farantwortung. Haltet se also im Zaum.«
    »Der Rat und die Turmwächter, die Viertelmeister, die Gassenhauptleute – alle tun sie ja, was sie können!«, rief Hosto mit kaum verhohlener Dramatik. »Aber wenn sich das ganze Volk dazu entschließt, zu den Waffen zu greifen – was dann? Dann können wir wenigen uns auch nicht dagegen stellen! Dann liegt der Ausgang der Dinge bei Gott!« Und leiser, unter seinem Atem, fügte er hinzu: »Und auf welcher Seite der steht, das wissen wir ja.«
    Luzinde erkannte, dass der Patrizier gar nicht mit ihnen zu verhandeln gedachte. Er hatte, was er wollte: Die jüdischen Familien waren ihm hilflos ausgeliefert. Das Volk war begierig darauf, seine Wut an ihnen auszulassen. Der Rat musste sich nur zurücklehnen und zuschauen, um schließlich die Reste aufzusammeln. Für Hosto Stromer war die Schlacht bereits gewonnen. Warum also hatte er Moses Bitte um ein Gespräch

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